Das Zeitlot

Erzählung Reiner Dialog mit Erkenntnisgewinn

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Ihre Freitag-Redaktion

"Haben Sie Zeit?"

"Wofür?"

"Um Gedanken vielleicht zum Hüpfen zu bringen."

" Ich will einkaufen!"

"Was?"

"Hühnchen!"

"Weil sie wie Gedanken hüpfen."

"Gefrorene Hühnchen hüpfen?"

"In Gedanken!"

"Eingefrorene Tiere haben keine Gedanken."

"Und Sie?"

"Einkaufen, Gemüse und so. Ein Hühnchen hole ich später."

"Karotten sind aktuell sehr günstig."

"Ich nehme den Brokkoli. Karotten gibt es nur eingefroren und die sind immer stockig."

"Aber ein wenig Zeit haben sie schon?"

"Zum Hüpfen für den Brokkoli auf Butter und einigen Kräutern. Das Rezept werde ich ihnen allerdings nicht verraten."

"Für einen Kaffee?"

"Vielleicht nach dem Brokkoli."

"Sie meinen?"

"Ich habe keine Meinung sondern einen Wagen zum Einkaufen."

"Aber nach dem Brokkoli haben Sie... ?

Sie wissen was ich meine?"

"Nach dem Brokkoli werde ich nach einem Hühnchen suchen, für die Suppe."

"Aber für einen Keks mit Kaffee haben sie Zeit?"

"Wenn das Hühnchen eingefroren in Gedanken zeitlos in der Einkauftasche hüpft, ja."

"Schmeckt der Keks?"

"Er zerbröselt auf der Zunge."

"Und Ihr Hühnchen?"

"Es ist göttlich. Obwohl in die Plastikfolie eingeschweißt, schafft es neues Leben. Das halbgefrorene Nichtlebenspaket habe ich angefasst. Zurückgelegt habe ich nicht das Hühnchen, sondern das entstehende neue Leben in ihm."

"Sie haben das Hühnchen nicht genommen, weil sie meinen, in dem Tier keimt es."

"Nein! Darf ich noch einen Keks haben."

"Gerne!"

"Weil das Hühnchen keimendes Leben erschafft und einem göttlichen Gedanken folgt."

"Das Hühnchen erkeimt aus Gott heraus und bildet neues Leben?"

"Wir sollten vielleicht ein Kuchenstück zu uns nehmen."

"Wie Sie meinen."

"Erdbeere oder Stachelbeere mit Sahne!"

"Mit oder ohne göttlichen Gedanken?"

"Der Herr ist überall, manchmal lässt er neues Leben auch in der Sahne entstehen."

"Rhabarber ohne Erleuchtung könnte ich vertragen."

"Johannisbeere gibt es preiswerter."

"Mit oder ohne Leben?"

"Wenn Sie Zeit haben, leblose Johannisbeere, schwarz."

"Hab' ich!"

"Sie munden, die Schwarzen und springen auf der Zunge. Perlen sind sie, die ich mit den Lippen einfangen kann."

"Und die Zeit?"

"Ist ein Modell zum Rechnen!"

"Die Zeit ist ewig und nicht zum Rechnen!"

"Entschuldigung, mir ist eine Perle von den Lippen, auf denen sie vorher getanzt hat, auf den Boden gefallen. Ich hoffe, sie ist noch nicht zerplatzt, weil ich sie aufsaugen möchte, vielleicht mit der Zunge streicheln, zum Genießen."

"Und?"

"Meine Zähne haben sie erfasst, die schwarze Perle, zugegeben mit Staubkörnchen."

"Und die Zeit?"

"Wie meinen?"

"Sie sagten, stellten fest oder behaupteten, die Zeit sei nur ein Rechenmodell."

"Entschuldigung, ich glaube, neben den Staubkörnchen mit der Perle, haben sich auch Fäden aus Staub zwischen meine Zahnzwischenräume geschoben, aber ein Modell ist die Zeit nicht."

"Sondern? Aber bitte, entfernen sie erst den Staub zwischen ihren Beißerchen."

"Würden Sie bitte so liebenswürdig sein, mir einen Meter, vielleicht auch nur einen halben, in der Luft zu vermessen, dort drüben."

"Ich habe kein Maßband dabei. Der Meter oder der halbe würde in der Luft ohne Anfang und Ende sein, selbst mit einem Band zum Vermessen würde er in der Luft ohne Bodenhaftung sein."

"Einen Meter oder einen viertel, könnten sie schon vermessen, derweil ich den Staubstrick aus dem Mund entferne."

"Könnte ich den Strick aus Staub zum Vermessen benutzen."

"Das Maßband oder der Strick aus Stoff, Entschuldigung, aus Staub, aus dem wir kommen und zu dem wir werden, möchten sie, um sich vielleicht in der Luft einen Meter zu erobern?"

"Die Johannisbeere, schwarz wie sie war, hätten wir nicht essen sollen, sondern eine Ananas."

"Karlatrocken hätte ich bevorzugt, aber vom Gedankengang weichen sie ab."

"Ich hatte keinen Gang."

"Und Ana und Karla, hatten sie auch nicht."

"Die Trockene war nicht im Angebot."

"Der Meter in der Luft ist vorhanden, wird ihnen angeboten zum Vermessen, eine simple Tätigkeit, wenn sie Zeit haben."

"Verlockend ist der Meter. Aber nicht erreichbar."

"Wie Karla?"

"Karla ist trocken. Ana, die Feuchte, kann verspeist werden und der Meter existiert in der Luft ohne Haftung."

"Sie meinen ohne Materie?"

"Ja sicher, einen Meter vermessen, ohne Maßband in der Luft, also ohne Boden unter den Füßen, die Zeit hab' ich nicht."

"Zum Vermessen der Welt benötigen Sie Zeit und haben kein Maßband weder für den Meter am Boden noch für die Zeit? Andere onanieren Bücher darüber."

"In den letzten Tagen, ich weiß nicht wie ich es sagen soll, bin ich nicht..."

"Könnten wir vielleicht zum Anfang des Gespräches zurückkehren."

"Dem Einkaufswagen oder das eingefrorene Hühnchen?"

"Zu den Gedanken!"

"Ich hatte bislang keine."

"Dem Rhabarberkuchen und die Zeit?"

"Sie haben recht. Wir sollten, wenn Sie möchten oder Zeit haben, einen Rhabarberkuchen verspeisen. In einer Minute bin ich zurück."

"Lecker sieht er aus. Aber woher haben Sie die verbrauchte Minute?"

"Das Kuchenstück wurde auf dem Blech herausgeschnitten."

"Und die Minute?"

"Ich bitte! Die Minute, die verbrauchte, ist eine physikalische und mathematische Einheit."

"Woher?"

"Auf dem Blech lag sie nicht. Der Kuchen wurde zerschnitten! Darf ich lyrisch werden?"

"Minutenhaft, aber nicht länger."

"Vielleicht, ein Schlag Sahne auf den Rhabarber?"

"Sie nähern sich der göttlichen Gestaltungskraft."

"Also ohne Sahne."

"Aber mit der Minute."

"Ohne Messer kann ich keine Stunde in Minuten zerteilen."

"Schieben wir die Lyrik nach hinten und widmen uns den herben Strängen des Rhabarbers und der Minute."

"Ein Rhabarberstrang klingt nicht lang. Stränge schwingen länger. Eine Minute ertickt sekundenschnell eine Stunde, formt einen Tag und stolpert in die Woche. Den Monat, Entschuldigung, kann ich auf die Minute nicht umrechnen. Ein Jahr?

Der Pudding unter den Fäden des Rhabarbers ist süß."

"Der Pudding mit der herben Frucht gleitet über meine Zunge aber die Zeit, unregelmäßig wird sie durch die Jahre geformt."

"Die Zeit wird geformt?"

"Bitte lassen sie mich die Krümel des Kuchenstückes vom Teller mit den Fingern auftippen bevor wir über die Entstehung von Zeit sprechen."

"Sollten wir noch ein Stück Kuchen zu uns nehmen?"

"Nein! Geschirr und Besteck bringen wir zurück an den Thresen."

"Vorsicht, die Kuchengabel rutscht."

"Danke!"

"Die Zeit entsteht? Vorher, beim Pudding, sprachen sie über geformte Zeit."

"Mist!"

"Warten Sie, ich hebe die Gabel auf."

"Danke."

"Ich möchte zum Pudding unter dem Rhabarber und der Zeit zurückkehren."

"Meine Tasche mit dem Gemüse, vor allem mit dem Brokkoli, muss ich holen. Unter dem Tisch, auf dem der Rhabarberkuchen mit dem Pudding gestanden hat, habe ich sie liegen gelassen."

"Darf ich helfen, beim Suchen?"

"Da iss er, der Beutel."

"Und die Zeit?"

"Such' ich nicht. Die Tasche reicht mir. Ich habe sie gefunden und den Brokkoli mit den Gewürzen und den Begleitern, die Gemüse nun einmal haben."

"Schauen Sie am Himmel. Der Mond ist aufgegangen und gleitet um die Erde."

"Wie die Erde um die Sonne und eine Fruchtfliege in der Tasche um den Brokkoli!"

"Unsere Welt, also die Erde, bestimmt die Zeit in der wir leben, indem sie um die Sonne kreist!"

"Auch das Universum, in dem Fruchtfliegen um einen Brokkoli schlingern?"

"Das Universum ist alt. Über 13 Milliarden Erdenjahre zählt es."

"Und wie viele kreisende Brokkolifruchtfliegenjahre sind dabei?"

"Wie meinen?"

"Wie vermehren sich Fruchtfliegen?"

"Fliegen, über Früchte habe ich nicht nachgedacht, entstehen aus Maden. In fremden Körpern nisten sich Eier ein."

"Und die Eier kreisen wie die Fliegen Milliardenjahre um den Brokkoli oder die Erde?"

"Die Erde kreist, eigentlich schlingert sie um die Sonne und wir vermessen unsere Zeit danach."

"Der Klumpen Erde, die Materie auf der wir leben, kurzfristig, der bestimmt die Zeit seit 13 Milliardenjahren."

"Nein. Nicht wirklich. Das Sonnensystem, also auch unsere Welt, wie wir sie kennen, existiert seit circa 4 Milliarden Jahren."

"Mit Elefanten, Tigern, Fruchtfliegen und Mehlwürmern?"

"Damals gab es noch kein Mehl, in dem sich Würmer tummeln konnten."

"Da vorne eine Bank, auf die wir uns setzen können."

"Danke!"

"Was meinten Sie mit damals."

"Den Knall!"

"Silvester?"

"Den Urknall. Vor ihm gab es kein Universum, keine Sonne, keine Erde und selbstverständlich keine Mehlwürmer, weil es kein Mehl gab."

"Ohne Mehl kann ich keine helle Soße für den Brokkoli anrühren."

"Sie vergessen die Fruchtfliege."

"Wie meinen?"

"Für Fleisch, tierisches, ist eine braune Soße bekömmlicher."

"Darf ich nachfragen?"

"Eigentlich nicht, weil ich kann weder weiße noch braune Soßen, wie soll ich sagen, anrühren."

Damals vor dem universellen Silvester,"

"dem Urknall,"

"existierte nichts?"

"Doch!"

"Aber kein Brokkoli in brauner Soße mit Fruchttieren."

"Damals vor der braunen Soße mit Brokkoli und eingelegten Eiern, wie soll ich sagen?“

"Sagen Sie es!"

"Ein Punkt war es."

"Ein Einzeller im Universum?"

"Das nicht vorhandene Universum kannte noch keine Zellen, vor dem Silvesterereignis, wobei bis heute nicht feststeht, dass es zum Jahreswechsel explodierte."

"Weil die Erde, kreisend um die Sonne ein Jahr erzeugt und Christihimmelfahrt, ein schönes Fest, ich feiere es gerne, noch in dem nicht Einzeller versteckt war."

"Die Fahrt des Christus wäre vor dem Urknall kläglich gescheitert!"

"Der Herr Jesus hätte nach der Kreuzigung vor dem Urknall den Vater nie erreicht?"

"Wie denn. Ohne Himmel, in den er aufgefahren sein soll."

"Wegen der Fruchtfliege, nur eine Nachfrage, Eier legt sie in Gemüse und vielleicht in den Brokkoli."

"Eier sind köstlich, allerdings sollten sie mit Senfsoße angerichtet werden."

"Der Mathematiker und große Physiker John Hawking, sie wissen schon, der dauernd in den Zeitungen steht,"

"Sie meinen Stephen."

"Ob John oder Stephen, bitte werden sie nicht kleinlich, hat sinngemäß gesagt, wenn es Gott gibt, frage ich woher er kommt?"

"Der Stephen, den sie John nennen, denkt in der 26. Dimension."

"Wenn ich nicht weiß, ob Eier im Brokkoli sind und die Fliege ignoriere, sollte ich vielleicht Ketchup mit Mayo nehmen."

"Less is more!"

"Wie bitte?!

"Weniger ist mehr!"

"Mayo oder Ketchup?"

"Denken im einfachen, verständlichen Licht."

"Ich mag es mir nicht vorstellen, ohne Mayo, Brokkoli und Fruchtfliegen zu leben. Auf das Ketchup werde ich auch in über zwanzig Zonen nicht verzichten."

"Wir sind in der dritten und vierten Zone, im Raum und in der Zeit"

"Ohne oder mit?"

"Vor oder nach dem Silvesterknall ohne Jahresende?"

"Die 26. Dimension von John,"

"Sie sprechen von Stephen."

"konnte vor Silvester noch nicht gezählt werden oder?"

"Vor dem Urknall, Wissenschaftler streiten noch heute darüber, ob er aus einem Punkt oder einem String entstanden ist, existierte nichts."

"Sie meinen die kleinen Dinger, in denen Frauen rumlaufen bei Modeschauen und so."

"String ist ein zweidimensionaler Zustand, der aber keinen Raum bilden kann."

"Auf Modeschauen umhüllen sie fast keinen Körper."

"Ein String, abgesehen von Modeschauen auf denen er auch fast unsichtbar ist, beschreiben viele Mathematiker und Physiker als einen Zustand, den sie..."

"Sie werden verlegen. Ihr Gesicht rötet sich ein."

"Mit dem Nichts oder dem Fastnichts beschäftigt sich kaum einer. Weil..."

"Der String erregt sie."

"Was war vor dem String oder, die andere Theorie darf ich nicht vergessen, dem Punkt, nichts?"

"Stimmt! Punkte werden selten getragen."

"Vor der Entstehung des Universums gab es keine Materie und deshalb keinen Raum, in dem Zeit vermessen werden konnte."

"Der Brokkoli."

"In heißes Wasser legen."

"Mit der Fruchtfliege?"

"Freiwillig wird sie sich nicht aufbrühen lassen. Ich denke, sie wird sie in die nächsten Wochen in ihre Wohnung begleiten."

"Es gibt auch eine mathematische Zeit."

"Ohne Materie, Raum und Zeit gibt es keine Mathematiker."

"Heißes Wasser hilft gegen Fruchtfliegen?"

"Es tötet Würmer im Gemüse und keimendes Leben aber keine Fliegen. Einige sollen schwimmen können. Gekochtes Wasser meiden sie. Sie sind wie wir Gottesgeschöpfe."

"Wo war Gott am Silvester ohne Jahr beim Knall?"

"Der Mann mit dem weißen Rauschebart, wie er auf Bildern dargestellt wird?"

"Wo war der Bart vorher?"

"Es gab keinen!"

"Den Brokkoli sollte ich ohne alles zubereiten, Kartoffeln oder Reis dazu."

"Mit Nichts wäre der Brokkoli besser. Angeschwitzte Paprikaschoten, eingelegt in Tomatensoße, ein, zwei Zwiebeln, gewürfelt in Knoblauchsoße, verbessern das Essen."

"Vor der Entstehung des Universums gab es kein Leben?"

"Habe ich das gesagt?"

"Sie deuteten es an."

"Das möchte ich so nicht stehen oder liegen lassen."

"Es gab keinen Gott vor dem Urknall?"

"Es wuchs kein Bart vor dem Nichts."

"Gott existiert nicht?"

"Ein Bart ist Materie und benötigt Zeit zum Wachsen. Ob Gott existiert, weiß ich nicht. Sicher ist, vor dem Urknall war er bartlos."

"Die Knoblauchsoße könnte ich mit Kräutern und einem Schuss Rotwein verfeinern."

"Karotten anschmoren, unter die Soße einrühren, perfekt."

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