Frau Dr. Seltsams Lachen

AfD Frauke Petry will dem Volk aufs Maul schauen, damit es anderen draufhaut. Mit einem Lachen bringt sie den Schrecken zurück in die deutsche Politik
Ausgabe 05/2016
Jedes Grinsen gibt dem Fußvolk ein Signal
Jedes Grinsen gibt dem Fußvolk ein Signal

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Wer die Vorsitzende der AfD über einen längeren Zeitraum beobachtet, erkennt in ihren rhetorischen Pirouetten, in ihren Antworten auf kritische Vorhalte wiederkehrende Muster. Ihre Auftritte und Interviews stehen in der Tradition des Framings, wie sie der US-amerikanische Linguist George Lakoff entwickelt hat. Sie gibt ihrer Botschaft den Rahmen, in dem man diese Botschaft dann auch versteht.

Erst einmal gibt Frauke Petry ihrer Partei das frische, jungenhafte Gesicht. Sie ist die adrette Maske des Monsters. Sie verleiht der wutgetränkten Apathie, wie sie Wilhelm Heitmeyer in den Studien Deutsche Zustände beschrieben hat, ihr Gesicht und ihre Stimme. Sie braucht keine Argumente. Platzhalter genügen. Das „Lösen der Probleme“, das sie unentwegt anmahnt, illustriert das Problem der Lösung. Die braucht sie nicht zu benennen. Sie bedient damit den Code der parlamentarischen Demokratie und untergräbt ihn zugleich. Die Alternative der AfD ist alternativlos. Das ist ihr unausgesprochenes Credo. Das zu verstehen, überfordert die Intelligenz der Verfassungsschützer. Sie brauchen keine Beobachtungen zu sammeln, die etwas Neues über die AfD und ihre Vorsitzende mitteilen. Die Wahrheit liegt offen zutage.

Es reicht dazu aus, Frauke Petrys Auftritte zu beobachten. Bei Sandra Maischberger grinst sie, als Sigmar Gabriels Absicht zitiert wird, die AfD hart ranzunehmen. Ihr wisst nicht, was Härte ist, sagt ihre Mimik. Als Frau Maischberger den SPD-Vize Ralf Stegner fragt, ob es Mut brauche, sich mit der AfD auseinanderzusetzen, lacht sie. Petrys Lachen ist der Code. Jedes Lachen und Grinsen gibt dem Fußvolk ein Signal: Die Argumente der anderen sind Quatsch. Als Stegner sie mit dem Schießbefehl an der Grenze konfrontiert, zeigt sie ein strahlendes Lächeln, wackelt mit dem Kopf, wie abwegig sie Stegners Kritik findet.

In Deutschland gebe es einiges aufzuräumen. Das ist einer dieser Sätze, der die galoppierende Regression der politischen Kultur des Landes bedient. Sie bedient sich freihändig an rhetorischen Versatzstücken, die sich an Unmündige richten (Hausaufgaben machen!). Der Versuch, zwischen Kritik und Hetze zu unterscheiden, bewegt sie zu einem glucksenden Lachen. Die Botschaft an das mitlachende Fußvolk: Die Gegner der AfD erkennen Hetze nicht einmal, wenn sie leibhaftig vor ihnen sitzt.

Wie der Feuerteufel, der in der freiwilligen Feuerwehr mitmacht, zündelt sie manchmal auch auf offener Bühne. So gibt sie dem Monster an langer Leine Auslauf. Das war bei ihrer Pressekonferenz in Berlin zu besichtigen. Dann redet sie von Kulturfremden. Die christliche Herkunft stellt sie so auf den Kopf: Wer sich selbst erhöht, darf die Kulturfremden erniedrigen.

Frau Doktor Seltsams Lachen wird besonders gespenstisch, wenn es aus dem Radio kommt. Es ist ein Metalachen, mit dem sie dem Deutschlandfunk-Moderator Christoph Heinemann zu verstehen gibt: Du Dummkopf, natürlich sind wir Populisten. Nur was das ist, das verstehst du nicht. Sie will dem Volk aufs Maul schauen, damit es anderen draufhaut. Auf den Vorhalt, wer Angst hat vor Fremden, der solle sie kennenlernen, antwortet sie lachend: Oh ja! Ihr Lachen sagt: Die werden uns kennenlernen.

Frauke Petrys Lachen bringt den Schrecken zurück in die deutsche Politik. Er sieht so nett aus. Abscheulich nett.

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