Fachkräftemangel ist hausgemacht

Fachkräfte/Migration Fundstück 37: Was es mit dem viel beschworenen "Fachkräftemangel" auf sich hat, den auch die Migranten nun beheben helfen sollen

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Von rechts wie links, aus Politik und Wirtschaft und selbst aus dem sozialen Bereich wird immer wieder der "Fachkräftemangel" beklagt, der die deutsche Wirtschaft, aber ebenso Bereiche wie das Gesundheitswesen und die Pflege bedrohe. Nun sollen auch die Migranten noch helfen, ihn zu bewältigen, sagt zumindest die Wirtschaft, nicht minder die Politik.

Dieser Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften dürfte teilweise, also was bestimmte Branchen im Sozialen ebenso wie Regionen wie Ostdeutschland betrifft, nicht in Frage stehen. Wobei aber zu fragen ist, warum es dann so viele Arbeitslose und "Aufstocker" gibt, die für ihre Arbeit schlecht bezahlt werden. Wohl aber wird gern über dessen Ursachen hinweggesehen bzw. diese übersehen. Doch er ist hausgemacht, wie eine Meldung der OECD vom 1. Juni 2015 zum Thema zeigt:

"Deutschland ist nicht nur das zweitgrößte Einwanderungsland innerhalb der OECD, es ist auch eines der Hauptherkunftsländer für Auswanderer. Wie aus der OECD-Publikation “Talente im Ausland: Ein Bericht über deutsche Auswanderer” hervorgeht, lebten 2011 etwa 3,4 Millionen in Deutschland geborene Menschen in einem anderen OECD-Land – diese Zahl entspricht der Größe Berlins. Damit stellt Deutschland die fünftgrößte Auswanderergruppe in der OECD nach Mexiko, Großbritannien und nur kurz hinter China und Indien. Die meisten deutschen Auswanderer leben in den USA (1,1 Millionen), in Großbritannien und in der Schweiz (jeweils 270.000). Auch Frankreich, Italien und Spanien sind beliebte Auswandererdestinationen.

Mit 140.000 Emigranten ist die jährliche Auswanderung aus Deutschland in jüngster Zeit auf hohem Niveau stabil. Die Schweiz, Österreich, Großbritannien, Spanien und die Niederlande waren in den vergangenen Jahren die Hauptzielorte deutscher Auswanderer. Zwischen 2001 und 2013 gingen dreimal so viele Deutsche in europäische wie in nicht-europäische OECD-Länder.

Das Bildungsniveau der Auswanderer ist hoch und steigt in der Tendenz sogar noch an. 1,4 Millionen von ihnen haben Abitur und/oder Berufsausbildung, weitere 1,2 Millionen verfügen über ein abgeschlossenes Studium. Vor allem durch den hohen Anteil an gut gebildeten Frauen stieg die Zahl der hochqualifizierten Emigranten im vergangenen Jahrzehnt um 40 Prozent. Allein in der Schweiz hat sich die Anzahl der hochqualifizierten Deutschen von 2001 bis 2011 auf 150.000 verdoppelt. Insgesamt haben 46.000 deutsche Auswanderer sogar einen Doktortitel – auch diese Zahl wächst in vielen europäischen Zielländern.

Betrachtet man das überdurchschnittliche Bildungsniveau vieler Auswanderer, so verwundert es nicht, dass Karriereerwägungen den Hauptgrund für den Wegzug aus Deutschland bilden. Laut Umfragen tragen sich 15 Prozent der Deutschen mit dem Gedanken, auszuwandern; unter den Arbeitslosen ist es sogar ein Drittel. Nur ein kleiner Teil von ihnen setzt diese Absicht aber schließlich in die Tat um. Generell sind Deutsche, die auswandern wollen, mit ihrem Leben weniger zufrieden als ihre Landsleute ohne Auswanderungsabsicht. ..."

Ich finde das bemerkens- und beachtenswert, wenn über das Thema "Fachkräftemangel" geredet und diskutiert wird. Deshalb erinnere ich daran. Auch zum Thema Migration dürfte es ein wichtiger Beitrag sein. Und: Wer solche Auswanderung verursacht und zulässt, auch weil ihm die einheimischen gut- und hochqualifizierten Fachkräfte zu teuer sind, der ruft nach anderen nur, weil er billigere Arbeitskräfte wünscht. Die holt er sich dann aus Gebieten, in denen die eigenen Politikdarsteller durch ihre direkte und indirekte Kriegsbeteiligung, aber auch durch ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik mit dafür sorgten, dass Menschen zu Hause keine Perspektive mehr haben und sehen ...

aktualisiert: 16:32 Uhr

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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