Interessantes zum Krieg in Mali

Mali Als Nachtrag zu meinem Beitrag "Frankreichs Rohstoffsicherungskrieg" vom 15. Januar der Hinweis auf drei interessante Beiträge zum Thema.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Christoph Marischka beschäftigt sich in einem Text auf der Homepage der Informationstelle Militarisierung (IMI) e.V. mit der französischen Intervention in Mali: "Regime Change mal anders". Darin sind interessante Fakten zu finden, die bei den Konzernmedien ausgelassen werden, u.a.: "... Es besteht große Einigkeit in der Bevölkerung des Süden Malis (und unter den Flüchtlingen aus dem Norden), dass der Norden zurückerobert werden müsse. Wie das jedoch geschehen soll und welche Rolle dabei Drittstaaten spielen werden, ist sehr umstritten – und wirkt sich massiv auf die Bildung einer neuen Regierung aus. So gibt es einerseits den Prozess zur Bildung einer Übergangsregierung, der überwiegend von französischen Klienten innerhalb der ECOWAS vorangetrieben wird und den Übergangspräsidenten Dioncounda Traoré und Cheick Modibo Diarra als Übergangspremier hervorbrachten. Beide wurden international anerkannt und forderten ECOWAS und EU zu exakt der Form von Intervention auf, wie diese von Seiten der EU längst vorbereitet war, genossen jedoch im Süden Malis weder ausreichend Legitimität noch übten sie dort de facto die Macht aus. ..."

Marischka stellt zum Schluss klar: "Der französische Verteidigungsminister, Jean-Yves Le Drian, kündigte an, der Einsatz werde „mehrere Wochen“ dauern mit dem Ziel „diese Terroristen aus[zu]löschen“. Eine solche Entscheidung fällt nicht über Nacht. Trotzdem haben fast alle westlichen Staaten ihre Unterstützung für den Einsatz bekundet und militärische Hilfe in Aussicht gestellt. Dazu gehört auch die Bundesregierung. Die Bedingung, die der deutsche Verteidigungsminister für einen Einsatz der Bundeswehr formuliert hatte, nämlich den vermeintlichen „politischen Konsens über den Einfluss ausländischer Staaten, insbesondere auch Ausbildungssoldaten“ wurde durch die französische Militärintervention zunächst hergestellt. Er wird bald wieder brechen, doch bis dahin liegt absehbar ein Mandat des Sicherheitsrates vor und dann ist die Meinung der Bevölkerung ohnehin nicht mehr relevant – und für „concertations nationales“ fehlen dann erst recht die Voraussetzungen."

Ein anderer interessanter Text erschien bei Telepolis und stammt von Bernhard Schmid: "Doppelte Mission in Mali". Der Autor versucht aufzuklären, warum Frankreich "seit dem 11. Januar 2013 ... im Rahmen der 'Opération Serval' - benannt nach einer Savannenkatze, die ansonsten dafür bekannt ist, dass sie alle zwei Minuten uriniert, um ihr gigantisches Territorium zu markieren - Luftangriffe gegen die Islamisten im Zentrum Malis" durchführt. "Gegen eine spontane Entscheidung zum Eingreifen in die Kämpfe, die ab dem 9. Januar stattfanden, spricht ein anderes Element. Algerien hat für die militärische Intervention Frankreichs im südlichen Nachbarland seinen Luftraum geöffnet. Grünes Licht dafür hatte François Hollande aller Wahrscheinlichkeit nach bei seinem Staatsbesuch in Algier am 19. und 20. Dezember 2012 erhalten.
Das algerische Gesetzt schreibt der Regierung jedoch in solchen Fällen vor, eine Frist von drei Wochen zwischen ihrer Zustimmungserklärung und der tatsächlichen Öffnung des Luftraums zu wahren. Zählt man 21 Tage ab dem Staatsbesuch Hollandes, so kommt man auf den tatsächlichen Beginn der Intervention. Dies spricht aber dagegen, dass er relativ kurzfristig entschieden wurde. ..."

Schmid schreibt: "Selbstverständlich geht es Frankreich dabei auch darum, seine Rohstoffinteressen in der Region und seine Stellung als führende neokoloniale Macht in Afrika insgesamt zu behaupten." Er meint aber auch, dass die Sicherung der Rohstoffquellen "keine primäre Rolle für das französische militärische Eingreifen" spielen würde "und entsprechende Erklärungen gar zu simpel" seien. Für die Intervention gebe es stattdessen auch "politische Erwägungen ..., in Gestalt der Befürchtung, die Ausbreitung der in Nordmali eingesickerten - und mit Waffen der früheren libyschen Diktatur ausgestatteten - dschihadistischen Gruppen könnten einen neuen Krisenherd in der Sahelzone schaffen"

Da ist es wieder, das offizielle Argument, in Mali müssten islamistische Terroristen gestoppt werden, die am Ende gar Europa bedrohen, wie die westlichen Kriegstreiber behaupten. Diese wollen sich natürlich ihre neokolonialistischen Einflusszonen auch in Afrika, die etwas mit handfesten wirtschaftlichen Interessen zu tun haben, nicht von irgendwelchen Bewaffneten, die diesmal "Terroristen" sind und egal worauf diese sich berufen, gefährden lassen. Gäbe es die wirtschaftlichen Interessen in der Region nicht, gäbe es auch keine von Frankreich angeführte westliche Intervention. Dann wäre der Konflikt in Mali uninteressant wie manch anderer Konflikt in der Welt. Schmids Überblick über Gründe, Motive und Stimmungen vor Ort ist nichtsdestotrotz interessant. Dass ein "sozialistischer Präsident" Frankreich in den Krieg führt, sagt auch etwas darüber aus, was von den sogenannten Sozialisten als angeblicher Alternative zu halten ist.

Die Interessen und Akteure im Hintergrund des Konfliktes und der Intervention beschreibt Tony Cartaluci in einem Beitrag bei globalresearch.ca, den die Luftpost-Redaktion ins Deutsche übersetzt hat. "Mit einer schnell in Umlauf gebrachten Flut von Zeitungsberichten wurde das militärische Eingreifen Frankreichs in den Konflikt im afrikanischen Staat Mali gerechtfertigt. Mit dem Artikel "The Crisis in Mali: Will French Intervention Stop the Islamist Advance?" [Die Krise in Mali: Wird die französische Intervention den Vormarsch der Islamisten stoppen? ...] greift das Magazin TIME ... – wohl wissend, dass die bewährten Tricks die besten Tricks sind – wieder einmal den schon bis zum Erbrechen bemühten "Krieg gegen den Terror" auf. TIME behauptet, mit der Intervention müssten "islamistische Terroristen" daran gehindert werden, erst Afrika und dann ganz Europa zu überfluten. ...
TIME verschweigt seinen Lesern allerdings, dass Al-Qaeda in Islamic Maghreb / AQIM eng mit der Libyan Islamic Fighting Group / LIFG (der Libyschen Islamischen Kampfgruppe) liiert ist. [Die LIFG wurde bei der trickreich eingefädelten NATO-Invasion in Libyen im Jahr 2011 vor allem von Frankreich mit Waffen, Ausbildern, Spezialtruppen und sogar mit Flugzeugen unterstützt, damit sie die libysche Regierung stürzen konnte.] ..."

Für Cartalucci ist klar: "Es ist kein Zufall, dass sich der in Libyen nur noch schwelende Konflikt jetzt auch auf Mali ausgeweitet hat. Das ist ein weiterer Teilschritt des beabsichtigten geopolitischen Rückbaus (Afrikas), der mit dem Umsturz in Libyen begann und mit Hilfe von der NATO geförderter, schwer bewaffneter Terroristen auch auf andere Staaten wie Mali, Algerien und Syrien überspringen soll." Zu den Islamisten, die dem Westen bzw. dessen herrschenden Kreisen mehr nutzen als schaden, meint der Autor: "Man kann es als einen Anfall von geopolitischer Schizophrenie bezeichnen, dass er Terroristen einerseits als casus belli (Kriegsgrund) und als Vorwand für Überfälle auf andere Länder benutzt, und sie anderseits als unerschöpfliche Söldnertruppe für sich kämpfen lässt."

Die Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V. bietet in einem Dossier Hintergrundinformationen zur Intervention in Mali.

Der Beitrag wurde am 23.1.13, 21.46 Uhr ergänzt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden