Nachrichtenmosaik Ukraine extra 3

Ukraine-Konflikt Gesammelte themenbezogene Nachrichten und Informationen zum Ukraine-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit und fast ohne Kommentar

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• Üben US-Truppen schon für den Krieg gegen Russland?
"Die US-Armee schickt einen Konvoi von Radschützenpanzern durch die östlichen Nato-Mitgliedsstaaten. Die Fahrt über knapp 1800 Kilometer werde Teil der Nato-Übung "Atlantic Resolve" (Atlantische Entschlossenheit) sein, sagte ein Sprecher der US-Armee in Wiesbaden.
Nach Übungen in Polen, Estland und Litauen würden die Militäreinheiten auf der Straße an ihren Heimatstandort im oberpfälzischen Vilseck zurückkehren. Die US-Armee spricht von einem "road march" (Straßenmarsch).
"Die Gastgeberländer sind alle in die Planungen einbezogen worden", erklärte der Sprecher. Die Übung sei als Zeichen der Verbundenheit der USA mit ihren Nato-Partnern zu verstehen. Üblich sei eigentlich der Transport der schweren Ausrüstung per Schiff oder auf der Schiene. Zum Einsatz kommen demnach vor allem vierachsige Radschützenpanzer vom Typ Stryker.
Die Größe des Konvois sei noch nicht bekannt. Der tschechische Verteidigungsminister Martin Stropnicky sprach im Rundfunk von rund 500 Mann Besatzung und 100 Fahrzeugen. ..." (n-tv, 16.3.15)

• US-Ziel: Bündnis zwischen Deutschland und Russland verhindern, notfalls auch durch Krieg
Der Gründer und Vorsitzende des führenden privaten US-amerikanischen Think Tank Strafor (Abkürzung für Stategic Forecasting Inc.) George Friedman hat am 4.2.15 in einem Vortrag für den Thinktank The Chicago Council on Global Affairs über die geopolitischen Hintergründe der gegenwärtigen Ukraine-Krise und der globalen Situation insgesamt gesprochen. Der Thinktank hat den Mitschnitt auf seinem Youtube-Kanal veröffentlicht.
Eine erste deutsche Übersetzung war fehlerhaft. Die Betreiber der deutschen Website Antikrieg.tv haben nun eine korrigierte deutsche Übersetzung von Ausschnitten des Friedman-Vortrages auf ihrem Youtube-Kanal online gestellt.
Laura von Wimmersperg von der Friedenskoordination Berlin hat den Inhalt so zusammengefasst:
"George Friedman erklärt, dass es nirgendwo Frieden auf Dauer geben könne. Die USA befänden sich ständig im Krieg. In Europa würde es vermutlich keine großen Kriege wie im letzten Jahrhundert geben, aber die Europäer werden "ihre Kriege haben, ihren Frieden und sie werden ihr Leben leben. Es wird keine 100 Millionen Tote geben, aber die Vorstellung, Europa sei eine Ausnahmeerscheinung wird zuerst sterben".
Europas Beziehungen zu den USA betreffend, sagt Friedman: "Wir haben keine Beziehungen mehr mit Europa. Wir haben Beziehungen mit Rumänien, mit Frankreich. Es gibt kein Europa zum dem man Beziehungen haben kann." ...
Das Hauptinteresse der US-Außenpolitik, für das es den 1. und 2. Weltkrieg und den Kalten Krieg führte, galt den "Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, denn vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann" und die USA müssten sicherstellen, dass dies nicht passiert.
Die Ukrainer müssten sich, laut Friedman, natürlich dem Land zuwenden, das ihnen als einziges Hilfe bieten könne, "und das sind die USA." Friedman erinnert an den Besuch des Oberbefehlshabers der "US Army Europe", General Ben Hodges, in der Ukraine. Er hatte dort angekündigt, dass US-Ausbilder demnächst nicht mehr nur inoffiziell, sondern ganz offiziell präsent sein werden. Obwohl die Annahme von Orden von fremden Armeen gegen militärisches Protokoll sei, hatte General Hodges ukrainischen Kämpfern Orden überreicht, um zu zeigen, dass die ukrainische Armee "seine Armee ist". Hodges verkündete auch, dass die USA Panzer, Artillerie und andere Rüstungsgüter in den baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien in Stellung bringen würden. Trotz aller Dementis werden die USA, nach Friedmans Ansicht, Waffen an die Ukraine liefern.
"Bei alldem haben die USA außerhalb des Rahmens der NATO gehandelt, weil NATO-Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen. Jedes Land kann jeweils sein Veto einlegen". Es gehe den USA darum, "einen Cordon Sanitaire, einen Sicherheitsgürtel um Russland zu legen und Russland weiß das".
"Wenn sie einen Polen, Ungarn oder Rumänen fragen, die leben in einer ganz anderen Welt als die Deutschen und die leben in einer ganz anderen Welt als die Spanier. Es gibt nichts Gemeinsames in Europa. Wenn ich Ukrainer wäre, würde ich genau das tun was diese tun: versuchen die Amerikaner hineinzuziehen."
Friedman weiter: "Die USA haben ein fundamentales Interesse. Sie kontrollieren alle Ozeane der Welt. Keine andere Macht hat das jemals getan. Aus diesem Grund können wir in andere Länder eindringen, aber sie können das nicht bei uns. Das ist eine sehr schöne Sache. Die Aufrechterhaltung der Kontrolle über die Ozeane und im Weltall ist die Grundlage unserer Macht. Der beste Weg die feindlich Flotte zu besiegen, ist zu verhindern, dass sie gebaut wird. Den Weg, den die Briten gingen, um zu verhindern, dass eine europäische Macht eine Flotte bauen konnte, war dafür zu sorgen, dass die Europäer sich gegenseitig bekämpften." ...
Zum Problem der Ukraine zwischen Russland und den USA führt Friedman Folgendes aus: Für Russland stellt sich die Frage, kann die Ukraine als neutrale Pufferzone erhalten werden, oder wird sie durch ein Vordringen des Westens zur existentielle Bedrohung.
"Es ist kein Zufall, dass General Hodges, der ernannt wurde, um für all dies gerade zu stehen, davon spricht, Truppen in Rumänien, Bulgarien, Polen und den Baltischen Staaten in Stellung zu bringen, dem Intermarum, dem Terriorium zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee, wie Pilsudski es erträumte." Für die USA sei dies die Lösung. Aber "die Frage, auf die wir keine Antwort haben, ist, wie wird Deutschland sich verhalten?"
"Deutschland befindet sich in einer sehr eigenartigen Lage. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder sitzt im Aufsichtsrat von Gazprom. Sie haben eine sehr komplexe Beziehung zu Russland. Die Deutschen wissen selbst nicht was sie tun sollen." Die "Urangst" der USA sei, laut Friedman, ein "Zusammengehen von deutschem Kapital und deutschen Technologien mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft." Die USA hätten schon immer eine "Höllenangst" vor dieser Verbindung.
"Wie wird sich das also abspielen? Die USA haben ihre Karten bereits auf den Tisch gelegt: die Linie zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer. Die russischen Karten lagen schon immer auf dem Tisch: Das mindeste was sie brauchen ist eine neutrale Ukraine, keine pro-westliche. Weißrussland ist eine andere Frage.
"Wer mir nun sagen kann, was die Deutschen tun werden, der kann mir auch sagen, wie die Geschichte der nächsten zwanzig Jahre aussehen wird. Aber leider haben sich die Deutschen noch nicht entschieden. Und das ist immer das Problem Deutschlands. Wirtschaftlich sehr mächtig, geopolitisch sehr fragil. Und es weiß nie wie es beides versöhnen kann. Seit 1871 ist das die deutsche Frage, die Frage Europas. Denken Sie über die deutsche Frage nach, denn sie kommt jetzt wieder auf uns zu. Ihr müssen wir uns jetzt stellen und wir wissen nicht wie. Wir wissen nicht was die Deutschen tun werden.""

• Willy Wimmer 2014: USA wollen den Krieg nach Europa zurück bringen
"Auf den Straßen Kiews wird ein Stellvertreterkrieg ausgetragen, der durchaus auch auf benachbarte Staaten der Region überspringen könnte. Ein russischer Präsident kann davor seine Augen nicht verschließen. Da diese Entwicklungen weltweit vor sich gehen, sind es eben jene Dinge, die uns stärker an 1914 erinnern sollten, als es uns allen lieb sein kann. Die angelsächsischen Interventionen, die sich wie ein roter Faden rund um den Globus ziehen, lassen den Schluss zu, dass die USA wieder den Krieg nach Europa bringen wollen. Internationale Organisationen zum Erhalt des globalen Friedens wie die Vereinten Nationen und die OSZE werden durch die USA, U.K. und leider auch Frankreich in den letzten Jahren systematisch ausgehebelt, so dass am Ende schlichtweg das Faustrecht übrig zu bleiben droht.
Mein kürzlich mit Radio Teheran geführtes Interview zur Entwicklung der geopolitischen Weltlage möchte ich heute als Startschuss zu einer Reihe von geplanten Gastbeiträgen für CK*wirtschaftsfacts einbringen. Das Gespräch dreht sich unter anderem um den in der Ukraine geführten Stellvertreterkrieg zwischen West und Ost und schlägt einen Bogen über Russland und China bis hin zu den USA, Europa, den Nahen und Mittleren Osten sowie Lateinamerika." (Cashkurs, 7.4.14)
Siehe auch den Mitschnitt des Radio-Interviews von antikrieg.tv auf Youtube, 27.2.14
Wimmer im Interview mit dem Donaukurier am 28.3.14:
"... Haben Sie keine Angst, dass Putin sich nun den Rest der Ukraine einverleibt?
Wimmer: Mir wäre es lieber, wenn wir die USA nicht ständig in die Lage versetzen würden, zu tun, was sie wollen. Seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien sehen wir, dass die Vereinigten Staaten alles getan haben, um die russische Föderation aus Syrien heraus zu Fall zu bringen. Die Krim ist dabei von zentraler Bedeutung: Man kann den russischen Marinestützpunkt in Syrien nicht betreiben, wenn man auf der Krim nicht die Schwarzmeerflotte stationiert hat. Die Amerikaner haben ein strategisches Interesse daran, die Krim unter ihre Kontrolle zu bekommen. Wir wissen seit 15 Jahren: Die Amerikaner sind darauf aus, die russischen Erdöl- und Erdgasbestände zu kontrollieren.
Welche Beweise haben Sie dafür?
Wimmer: Im Mai 2000 wurde ich zu einer Konferenz in Bratislava eingeladen, die von der Spitze des amerikanischen Außenministeriums ausgerichtet wurde. Dort stellten die USA ihre Pläne vor – statt mit den anderen Ministern und Staatspräsidenten darüber zu diskutieren. Die Amerikaner wollten von Riga an der Ostsee quer durch die Ukraine über Odessa bis in das türkische Diyarbakir eine Linie ziehen. Die Argumentation der USA war folgende: Alles, was westlich dieser Linie ist, ist unser Gebiet und wird amerikanisch dominiert – also unmittelbar vor Russland.
Warum wollten sie das tun?
Wimmer: Die USA wollen ihre Macht ausdehnen. Sie haben bereits zweimal Krieg geführt, um die Gegenküste nicht zu verlieren. Offenbar denken die Amerikaner, wenn die Staaten auf dem Kontinent, also etwa Deutschland, Polen, Russland und China, zu eng zusammenarbeiten, dann schwindet amerikanischer Einfluss. Aus der europäischen Geschichte bei Napoleon angefangen weiß man allerdings: Wenn man in Europa zu Konfrontation übergeht, ist der Krieg in Reichweite. ..."
Und am 14.7.14 in einem Beitrag für die Nachdenkseiten: "... Die Ukraine scheint die Blaupause für weiteres Vorgehen in Europa und darüber hinaus zu werden. Das Vorgehen des ukrainischen Machthabers Poroschenko gegenüber dem Osten seines eigenen Landes und vor allem der dort lebenden Bevölkerung hat nichts mehr von dem an sich, wie Schwierigkeiten im eigenen Land beigelegt oder angegangen werden können. Das ist Krieg gegen die eigene Bevölkerung und das mit einer angeblich aus dem Boden gestampften „Nationalgarde“, die aus den faschistischen Gruppen, vor allem aus der Westukraine, geschaffen worden ist. Den Menschen in der Ostukraine wird auf diese Weise demonstriert, dass jene Kräfte zurückkehren, die in der Vergangenheit millionenfaches Leid nicht nur über diese Landstriche gebracht haben. Europa sollte sich schämen, diesen Gestalten auch nur den Schimmer eines Verständnisses zukommen zu lassen.
Das amerikanisch-Kiew-ukrainische Ziel dieses Vorgehens wird notfalls auf den offenen Krieg mit Russland aus sein, um letztlich die Ukraine als Bollwerk nicht nur gegen Russland nutzen zu können. Sollte es gelingen, die Ukraine derart den USA dienstbar zu machen, wird es einen kompletten Riegel unter US-Kontrolle zwischen dem Baltikum über Polen und die Ukraine zum Schwarzen Meer geben. Ein amerikanisches Ziel, das auf dem NATO-Gipfel in Riga 2006 schon einmal angesteuert worden ist. Da dieser amerikanische Vorstoß am Widerstand der Europäer seinerzeit gescheitert ist, hat jetzt Washington die Daumenschrauben gegenüber den unbotmäßigen Europäern angesetzt. Dann eben Totalkontrolle über die Ukraine ohne die Europäer.
Damit können gleich zwei substantielle Ziele in dramatischer Weise umgesetzt werden: Washington schmeißt Russland aus Europa hinaus und bekommt Westeuropa unter Komplett-Kontrolle. Da mag es traditionell noch so gute Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Deutschland geben. Washington dreht diesen Hahn in Zukunft ab oder Moskau kriecht zu Kreuze und liefert nicht nur das russische Erdgas und Erdöl amerikanischer Kontrolle aus, wie es zu Zeiten von Yukos fast gelungen wäre. ..."
Siehe auch Willy Wimmer am 7.11.14 im Gespräch mit Dirk Müller: "Wir müssen einen Krieg in Europa verhindern"
Zuletzt sei in dem Zusammenhang noch auf den Brief Wimmers vom 2. Mai 2000 an den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder hingewiesen, in dem er im Zusammenhang mit dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien manche der immer noch aktuellen Konfliktlinien schon beschrieb. Rainer Rupp hatte bereits am 23. Juni 2001 in der jungen Welt auf den Brief aufmerksam gemacht und ihn analysiert.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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