Nachrichtenmosaik Ukraine Folge 236

Ukraine-Konflikt Gesammelte Nachrichten und Informationen zum Ukraine- und zum West-Ost-Konflikt und den Hintergründen, ohne Gewähr und Anspruch auf Vollständigkeit, fast ohne Kommentar

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• Russisches Veto gegen MH17-Tribunal
"Russland hat die Einsetzung eines unabhängigen UNO-Tribunals zum Abschuss des Fluges MH17 vor einem Jahr über der Ukraine blockiert. Moskaus Botschafter Witali Tschurkin legte am Mittwoch im UNO-Sicherheitsrat das Veto seines Landes gegen eine Resolution ein. Trotz elf Ja-Stimmen scheiterte damit die Resolution. China, Angola und Venezuela hatten sich enthalten.
Unmittelbar vor der Abstimmung hatte der Sicherheitsrat mit einer Schweigeminute der 298 Menschen gedacht, die bei dem Unglück ums Leben gekommen waren. Die Boeing der Malaysia Airlines war vor einem Jahr über der Ostukraine vermutlich von einer Flugabwehrrakete abgeschossen worden. Die Regierungen in Kiew und in Moskau beschuldigen sich gegenseitig, für den Tod der Flugzeuginsassen verantwortlich zu sein. ...
Australiens Regierungschef Tony Abbott hat das russische Veto auch umgehend als "unerhört" kritisiert. Russland habe das Recht der Opferfamilien missachtet zu erfahren, wer für den Absturz verantwortlich sei, heißt es in einer schriftlichen Erklärung Abbotts vom Donnerstag." (Der Standard online, 30.7.15)
Dazu zur Erinnerung noch einma, was der russische Außenminister Sergej Lawrow am 16.7.15 sagte: "... Als diese schreckliche Katastrophe, diese Tragödie vor knapp einem Jahr passierte, waren wir diejenigen, die neben anderen Ländern eine Resolution des UN-Sicherheitsrats initiierten, die die Nummer 2166 trägt. Die gesamte Zeit riefen wir mehrmals dazu auf, dass diese Resolution in jeder Hinsicht fair umgesetzt wird. Wie Sie wissen, sieht sie eine allseitige, gründliche und unabhängige Ermittlung der Katastrophe vor, die strikt im Sinne der Resolution und der Regeln der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) verlaufen sollte. Leider aber wurde die Resolution in diesem Aspekt, wie auch in manchen anderen, nicht erfüllt. Die Ermittlungen verlaufen ohne die Anerkennung der Führungsrolle der ICAO und nicht unter ihrer Schirmherrschaft. Stattdessen wurde ein spezifischer Weg zur Ermittlung auf Basis von bilateralen Vereinbarungen zwischen einzelnen Ländern und der Ukraine gewählt. Dabei wurden diese Vereinbarungen nie vollständig veröffentlicht, wenn ich mich richtig erinnere. Laut der Resolution 2166 sollte der UN-Generalsekretär dem UN-Sicherheitsrat umfassende Initiativen zu den Maßnahmen vorlegen, die die UNO bzw. der UN-Sicherheitsrat ergreifen könnten. Solche Initiativen wurden jedoch nie vorgelegt. Zudem wurden keine Informationen über den Verlauf der Ermittlungen bekanntgegeben, obwohl diese Forderung in der Resolution verankert ist. Alle Versuche der russischen Seite, zwei bzw. drei Monate nach der Verabschiedung der Resolution eine Debatte im UN-Sicherheitsrat über den Verlauf der Ermittlungen zu organisieren, wurden von den Ländern blockiert, die jetzt auf der Bildung des Tribunals bestehen. ..."

• Mehr Geld für antirussische Bundeswehrübungen
"Mehr Training, größere Abschreckung: Wegen der Ukrainekrise stockt das Verteidigungsministerium die Mittel für Bundeswehrübungen auf - offenbar ein Zeichen an Russland.
Die Zahl der Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätzen sinkt, dafür üben sie mehr. Zusätzliche 20 Millionen Euro sollen in diesem Jahr in Manöver fließen. Grund für die Aufstockung der Mittel von 70 auf etwa 90 Millionen Euro seien die Nato-Übungen im östlichen Bündnisgebiet. Das sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur dpa. ...
Dabei geht es nicht nur ums Training an der Waffe. Vielmehr soll mit den Manövern auch ein Zeichen an Russland gesendet werden: In Polen und den baltischen Staaten nehmen 4400 Soldaten an 16 Manövern teil. So soll den an Russland grenzenden Nato-Partner der Rücken gestärkt werden. ..." (Spiegel online, 30.7.15)
Dazu MdB Alexander Neu von der Linksfraktion im Bundestag am 30.7.15: ""Mit den zusätzlichen Steuermillionen für Militärmanöver demonstriert die Bundesregierung, dass sie keinerlei Interesse an einer Entspannung des Verhältnisses zu Russland hat, sondern weiter und noch lauter als bisher im Chor der Scharfmacher mitsingen will", erklärt Alexander S. Neu, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Verteidigungsausschuss, zu Medienberichten, denen zufolge die Mittel der Bundeswehr für die Teilnahme an NATO-Manövern in Osteuropa um 20 Millionen Euro aufgestockt werden sollen.
Neu weiter: "Deutschland könnte eine Vorreiterrolle in der Entspannungspolitik spielen, die für alle nutzbringend wäre – wie schon in den 1970er Jahren unter Willi Brandt. Stattdessen lässt sich die Bundesregierung wieder einmal vor den US-amerikanischen Eskalationskarren spannen. Die von Deutschland mit beförderte Eskalationslogik beinhaltet, dass auch Russland seine Maßnahmen verschärfen wird. Das ist die Substanz, mit der aus Krisen Kriege gemacht werden.
Argumentiert wird mit dem Bedrohungsgefühl einiger osteuropäischer Staaten durch Russland. Man müsse Solidarität demonstrieren. Abgesehen davon, dass real nichts für dieses Bedrohungsgefühl spricht – die Ukraine ist kein NATO-Mitglied, und Russland hat keinerlei Maßnahmen gegen NATO-Staaten ergriffen, die objektiv das Gefühl begründen – ist Solidarität keine Einbahnstraße. ..."

• Minsk II bleibt unvollendet – Randalierende Faschisten – Aufständische wollen russische Pässe
"Der im Februar ausgehandelte Waffenstillstand für den Donbass ist weiterhin brüchig. Die ukrainische Seite meldete für die 24 Stunden von Dienstag bis Mittwoch 80 Fälle von Beschuss auf Stellungen ihres Militärs. Die international nicht anerkannten Volksrepubliken warfen der Ukraine eine ähnliche Zahl von Verstößen vor. Bei Schtschastje nördlich von Lugansk versuchten Kämpfer der Volkswehren, eine Einheit des Bataillons »Aidar« zu umzingeln, um die Ukrainer zum Abzug aus dem Ort zu veranlassen, der nach ihrer Darstellung in Minsk einer demilitarisierten Pufferzone zugeschlagen wurde.
Wenn man die Angriffe beider Seiten betrachtet, lässt sich ein Muster erkennen: Die Volkswehren der Republiken schießen in der Regel auf Stellungen des ukrainischen Militärs und vor allem der Freiwilligenbataillone. Kiews Truppen nehmen dagegen zivile Objekte ins Visier. So wurden Anfang dieser Woche etliche Wohnhäuser in der Stadt Gorlowka durch Artilleriefeuer zerstört; mehrere Bewohner kamen ums Leben. Auch die Wasseraufbereitungsstelle des örtlichen Wasserwerks wurde durch gezielten Beschuss zerstört. Wie die Behörden in Gorlowka mitteilten, wurde die Anlage bereits zum zehnten Mal Ziel eines ukrainischen Angriffs. ...
Kämpfer des Faschistenbataillons »Aidar« haben derweil fernab der Front im Dorf Melioratywne im Bezirk Dnipropetrowsk versucht, das örtliche Lenindenkmal abzureißen. Als ihnen die Bevölkerung entgegentrat und sie aufforderte, den Ort zu verlassen, schlugen die Soldaten mit Gewehrkolben auf die Einwohner ein. Ein Panzerkommandant drohte, die Protestierenden zu überrollen, wenn sie nicht nach Hause gingen. Anschließend plünderte die Truppe einen Alkoholladen. Im Internet veröffentlichte Videos zeigen, dass die Anwohner unbewaffnet waren. ...
Unterdessen hat Igor Plotnizkij, Chef der Volksrepublik Lugansk, Russland aufgefordert, der Bevölkerung seiner Region russische Pässe auszustellen. Er begründete dies mit der ukrainischen Blockade der Republiken, die den Bewohnern das Leben in wachsendem Maße erschwere. Offizielle Reaktionen aus Russland gab es nicht, was ukrainische Parlamentsabgeordnete nicht hinderte, von einer »schleichenden Annexion« des Donbass’ durch Russland zu sprechen. Eine Vergabe russischer Pässe wäre zwar für die betroffene Bevölkerung zweifellos vorteilhaft, für Russland jedoch ein riskantes Manöver. ..." (junge Welt, 30.7.15)

• Berichte über Gräueltaten der Freikorps
"Elektroschocks, Vergewaltigungen, Verstümmelungen: In Kiew sitzen Kämpfer von Freiwilligen-Bataillonen im Gefängnis. Sie sollen von Russland unterstützte Separatisten misshandelt haben. Einer ihrer Anführer wurde vor Kurzem noch als Held gefeiert.
In einem Kiewer Gefängnis wartet ein Mann auf seinen Prozess, der eine rasante Karriere hinter sich hat: vom Verbrecher zum Helden und wieder zurück. Ruslan Onischenko war Kommandeur einer ukrainischen Freiwilligen-Einheit. Sie nannte sich "Tornado" und war rund 150 Mann stark. Die Truppe war in der Ostukraine im Einsatz und hatte sich öffentlich dem Kampf gegen die prorussischen Separatisten verschrieben.
Die Einheit verhielt sich offenbar ihrem Namen entsprechend: unberechenbar und zerstörerisch. Onischenko und mehrere weitere Männer sollen sich nun vor Gericht verantworten. In den Unterlagen der Anklage ist die Rede von illegaler Freiheitsberaubung, von Bandenkriminalität und Folter. ...
Auch andere Einheiten haben Kriegsverbrechen begangen. So nahm im Mai eine Einheit der Nationalisten-Garde "Rechter Sektor" nach einem Gefecht einen Kämpfer der ostukrainischen Separatisten gefangen. Der Mann warf den Bewachern später vor, ihm beide Zeigefinger abgehackt zu haben.
Im Internet kursierende Fotos belasten die Einheit des "Rechten Sektors". Sie zeigen den Gefangenen kurz nach dem Gefecht. Auf einigen der Aufnahmen sind Fingerstümpfe zu sehen. Die Wunden sind frisch. ...
"Tornado"-Kommandeur Ruslan Onischenko war mehrfach vorbestraft. Für seine politischen Unterstützer war das aber kein Grund zur Vorsicht. Im Gegenteil. Der Nationalist Oleh Ljaschko, Chef der an der Regierungskoalition beteiligten "Radikalen Partei", möchte sogar mehr Vorbestrafte an die Front schicken: Straftäter würden einfach "besser kämpfen".
" (Spiegel online, 29.7.15)
Es scheint, dass die faschistischen Freikorps von den Marionetten des Westens in Kiew nun nicht mehr gebraucht werden. Deshalb werden ihre Taten nun auch von Propagandamedien wie Spiegel online berichtet, wobei Journalistendarsteller Benajmin Bidder seine Aufgabe nicht vergisst und davon schreibt, dass beide Seiten verrohen würden und ja die "Separatisten" nicht besser seien. Naja, sind ja auch "Prorussen" ... Bidder "vergisst" nicht überraschend zu erwähnen, dass der Krieg in der Ostukraine im April 2014 von den mit Unterstützung des Westens in Kiew an die Macht Gekommenen begonnen und so auch die Spirale der Gewalt in Gang gesetzt wurde. Und an die Macht gekommen sind die Marionetten des Westen mit gewalttätiger Hilfe derjenigen, derer sie sich jetzt entledigen wollen. Die faschistischen Freikorps-Kämpfer gehören vor's Gericht, keine Frage. Aber auch jene, die sich ihrer bedienten und bedienen.

• Poroschenko will endlich US-Waffen
"Für den Kampf gegen prorussische Separatisten im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko seine Forderung nach Hunderten Panzerabwehrraketen aus den USA bekräftigt. "Wir brauchen nur 1240 Javelin-Raketenkomplexe, und das ist völlig angemessen", sagte Poroschenko dem "Wall Street Journal". Ebenso viele Atomsprengköpfe habe Kiew 1994 nach dem Zerfall der Sowjetunion abgegeben und dafür Sicherheitsgarantien der USA, Großbritanniens und Russlands erhalten, erklärte der Staatschef.
Die Vereinten Nationen sprechen von mehr als 6800 Toten in dem mehr als ein Jahr andauernden Krieg in der Ostukraine. Auch am Mittwoch warfen sich die Konfliktparteien wieder gegenseitig Beschuss vor. Die Militärführung in Kiew berichtete von zwei verletzten Soldaten. "Wir verlangen nicht, dass britische, amerikanische oder französische Soldaten hierherkommen und für uns kämpfen", sagte Poroschenko. Dies machten die Ukrainer selbst. ..." (n-tv, 29.7.15)
Hatte dieser Schoko-Oligarch in seiner Rolle als Präsidentendarsteller nicht irgendwas von einem Friedensplan erzählt, auch davon, dass der Konflikt mit den Aufständischen nicht militärisch zu lösen sei? Wann lügt er, wann spricht er wahr?

• Kiewer Truppen gestehen Beschuss ziviler Gebiete ein – OSZE-Beobachter beschossen
"Bei einer Explosion im ostukrainischen Kriegsgebiet Donbass ist ein Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verletzt worden. Der Mitarbeiter habe bei dem Zwischenfall in Schyrokyne eine leichte Gehirnerschütterung und eine Quetschung erlitten und sei nach kurzer Zeit aus einer Klinik entlassen worden, teilte die OSZE am Dienstag in Kiew mit. ...
Die Armee räumte unterdessen den – versehentlichen – Beschuss von zivilen Objekten in der Region ein. "Es kommt manchmal dazu", sagte Alexander Rosmasnin vom Generalstab in einer Talkshow beim Sender ICTV. Zuvor sei das Militär von dieser Stelle aus beschossen worden. "Wir sind gezwungen, das Feuer zu erwidern", meinte der Generalmajor. ..." (Der Standard online, 28.7.15)
"... Die Mitarbeiter der OSZE sind in den vergangenen Tagen in der Ukraine mehrfach unter Beschuss geraten. Deshalb prüft die Organisation nun Änderungen an ihren Einsätzen in dem Gebiet. Das Team überwacht die im Februar zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten vereinbarte Feuerpause im Konfliktgebiet. Die Waffenruhe ist allerdings brüchig.
Den Angaben zufolge war ein Team in der Region Donezk unter Beschuss geraten, am Dienstag schlugen Geschosse in der Nähe eines Fahrzeugs in der Region Luhansk ein. In beiden Fällen wurde niemand verletzt. Die Situation sei "inakzeptabel" und verhindere die Arbeit der Beobachter, hob die OSZE hervor, die aber keine Schuldigen für die Vorfälle benannte. ..." (Spiegel online, 28.7.15)

• Über Propaganda und Kriegsalltag in der Ostukraine ...
berichtete Ulrich Heyden in einem Beitrag auf Telepolis am 27.7.15:
"Auf verschlungenen Wegen bezieht die Ukraine Steinkohle aus den "Volksrepubliken"
... Wie es mit der "Volksrepublik Donezk" (DNR) weiter geht? "Ich wurde in einem großen Land geboren, der UdSSR, und ich träume davon, wieder in einem großen Land mit verschiedenen Republiken zu leben", sagt der Schichtleiter. Er sagt das ohne zu zögern mit einem Grinsen, so als sei es die größte Selbstverständlichkeit der Welt. Putin könne den Donbass "zur Zeit" nicht aufnehmen. Dafür hat Sergej Verständnis.
Zehn Bergarbeiter seiner Abteilung hätten sich als Freiwillige zur Front abgemeldet, erzählt der Schichtleiter. Von der Maidan-Revolte in Kiew habe er nie etwas gehalten, erzählt Sergej. Er selbst habe in Donezk gegen den Maidan demonstriert. Immer wieder hört man in der DNR von den einfachen Leuten die Meinung, "während wir arbeiteten, haben die in Kiew demonstriert". Der Donbass war wirtschaftlich, auch nach der Auflösung der Sowjetunion, mit Russland verbunden, weshalb sich die Ost-Ukrainer von einer EU-Assoziation nichts versprachen.
Den Konflikt mit der Ukraine könne man nur mit Gesprächen lösen, meint Sergej. Aber eine Wiedervereinigung der "Volksrepublik" mit der Ukraine hält er nicht mehr für möglich. "Das ist unumkehrbar." ...
Großmäulig drohte Präsident Petro Poroschenko am 14. November 2014 auf einer öffentlichen Versammlung in der Ukraine den "Volksrepubliken" mit einer kompletten Wirtschaftsblockade ("Do swidanija!" für vier Millionen ukrainische Staatsbürger). "Bei uns gehen die Kinder in die Schule, in die Kindergärten, bei ihnen werden sie in den Kellern sitzen. Weil sie nichts machen können. Und so, und gerade so werden wir diesen Krieg gewinnen."
Die Geldautomaten in der DNR und LNR sind seit Anfang Dezember 2014 außer Betrieb. Das Bergwerk "Kalte Schluch" in der "Volksrepublik" Donezk muss für dringend benötigte Ersatzteile - wie Ketten und Akkumulatoren für die Grubenlampen - an ukrainische Nationalgardisten Schmiergelder von bis zu 1.000 Dollar zahlen.
Komplett ist die Wirtschaftsblockade jedoch nicht. Die Ukraine ist nach wie vor auf Kohle aus den aufständischen Gebieten angewiesen. Allein die Kohlelieferungen aus Russland (56 Dollar pro Tonne), Südafrika (78 Dollar pro Tonne) und Australien reichen nicht aus und sind auch zu teuer, weshalb der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk nun angeordnet hat, schon jetzt neue Lieferverträge mit Russland, Südafrika und "den okkupierten Territorien im Donbass" abzuschließen.
Was die "Volksrepubliken" an Kohle in die Ukraine liefern, ist beachtlich. Der Energieminister der "Volksrepublik" Donezk Ruslan Dubowski erklärte Anfang Mai auf einer Pressekonferenz, die Hälfte der in der "Volksrepublik" geförderten Kohle werde in die Ukraine geliefert. Allein von März bis Juni 2015 habe man eine halbe Millionen Tonnen Kohle an die Ukraine geliefert. ..."

• Moskaus Widerstand gegen MH17-Tribunal nachvollziehbar
"Russland wehrt sich mit nachvollziehbaren Argumenten gegen die Einrichtung des geforderten UN-Tribunals
Am Mittwoch wird der UN-Sicherheitsrat offenbar über den von Malaysia eingereichte Resolutionsentwurf zur Einrichtung eines UN-Tribunals zur Verfolgung der für den Absturz der Passagiermaschine MH17 Verantwortlichen diskutieren. Unterstützt wird die Forderung nach einem Tribunal auch von den anderen Ländern, die am Gemeinsamen Untersuchungsteam (Joint Investigation Team - JIT) beteiligt sind, also von Australien, den Niederlanden, Belgien und der Ukraine. Mit einem Tribunal wollen die Länder die Aufklärung beschleunigen und sicherstellen, dass die Verantwortlichen belangt werden.
Allerdings ist der Abschlussbericht des Dutch Safety Board, der die technische Ursache untersucht, bereits fertig und liegt den Ländern vor. Er soll aber erst im Oktober veröffentlicht werden, aber am 10. August in einer geschlossenen Sitzung vorgelegt werden, so Olena Zerkal, die stellvertretende Außenministerin der Ukraine, obgleich die Veröffentlichung überfällig ist. Das sieht nach Verschleppung aus.
Die ebenfalls unter niederländischer Leitung erfolgende strafrechtliche Untersuchung scheint nicht recht voranzukommen. Der niederländische Staatsanwalt, der das internationale Team leitet, hatte erklärt, man sei den Tätern auf der Spur, die bei den Separatisten vermutet werden, verfolge aber weiter Alternativen zum Abschuss durch eine Buk-Rakete. ...
Nicht klar ist, warum die Länder, die an der strafrechtlichen Untersuchung beteiligt sind, also die Mittel in den Händen hielten, den Vorfall aufzuklären, ein UN-Tribunal fordern. Sollen die Befugnisse erweitert werden? Will man Russland unter Druck setzen? Oder gibt es innerhalb der Gruppe Differenzen? Malaysia erklärte, ein vom UN-Generalsekretär eingesetztes Tribunal sei unabhängig und neutral. ...
Dem Vernehmen nach soll Russland eine Gegenresolution eingereicht haben, allerdings hat Russland als Ständiges Mitglied ein Veto-Recht. Es handelt sich mithin um ein politisches Spiel. Am vergangenen Freitag hat Valery Yermolov, der russische Botschafter in Malaysia, eine Pressekonferenz gehalten und die Gründe für das Verhalten Russlands vorgetragen, wo er im Wesentlichen Argumente wiederholte, die er bereits am 14. Juli veröffentlicht hatte. ...
Yermolov warf dem Gemeinsamen Untersuchungsteam vor, einseitig zu ermitteln und vorschnell die Schuldigen schon ohne wirkliche Beweise und ohne Erfüllung der UN-Sicherheitsresolution ausgemacht zu haben. Man wolle Russland den Prozess machen, um es im Interesse einiger Länder zu isolieren. Es sei unsinnig, ein weiteres Forum der Spekulation zu etablieren, vielmehr trete man dafür ein, die Untersuchung transparent durchzuführen. Russland sei interessiert an einer "unabhängigen und transparenten Untersuchung", das sei aber gegenwärtig nicht der Fall. ...
Wie auch immer man die Weigerung von Moskau bewertet, jetzt ein Tribunal einzurichten, so richtig ist das Argument, dass hier aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Sicherheitsrat handeln muss. ..." (Telepolis, 27.7.15)

• Im Westen wird verschwiegen, was im Osten geschieht
"Vier Wochen nach dem G7-Gipfel auf Schloss Elmau trafen sich am 8. und 9. Juli 2015 die Staatschefs der fünf BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) im russischen Ufa zu ihrem Gipfel. Die BRICS repräsentieren 42 % der Weltbevölkerung und 27 % der Welt-Wirtschaftsleistung – die G7 11% der Weltbevölkerung und 33 % des Weltsozialprodukts. Unseren Medien war der Gipfel in Ufa jedoch kaum eine Meldung wert. Doch die dort beschlossenen Maßnahmen sind von globalem Gewicht. Umso mehr, als der BRICS-Gipfel mit einer gemeinsamen Konferenz mit der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) abschloss, in der China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und ab 2016 Indien und Pakistan als Voll-Mitglieder zusammenarbeiten.
Die Abschlusserklärung der BRICS-Staatschefs ist eine Kampfansage an die Austeritätspolitik des westlichen Kapitalismus. Es heißt dort: „Wir können nicht zulassen, dass die Maßnahmen einer restriktiven Wirtschaftsführung, die zum Scheitern in Europa und den USA geführt haben, nun als Wege aus der Krise präsentiert werden.“
Die neoliberale Globalisierung, die vom Westen bestimmt wird, vernichte Arbeitsplätze und Ökosysteme. (Spiegel online, 9.7.2015: BRICS-Staaten rechnen mit dem Westen ab.)
Die Dominanzpolitik der USA in internationalen Organisationen wird scharf angegriffen. „Wir bleiben tief enttäuscht über das anhaltende Versagen der USA, das Reformpaket des IWF (Internationaler Währungsfonds) von 2010 zu ratifizieren – so wird die Glaubwürdigkeit, Legitimität und Wirksamkeit des IWF weiter untergraben.“ In direktem Zusammenhang mit diesem Versagen wird die Gründung einer Neuen Entwicklungsbank verkündet, die mit einem Startkapital von 100 Milliarden US-Dollar bei der wirtschaftlichen Entwicklung der BRICS-Länder und der allgemein der Länder des Südens helfen soll. Die BRICS-Bank wird Anfang 2016 ihre ersten Entwicklungsprojekte beginnen und dabei eng mit der Asian Infrastructure Investment Bank zusammenarbeiten.
Ausdrücklich wird Russland in seiner Politik gegen die Sanktionen des Westens wegen des Ukraine-Konflikts unterstützt. ...
Mit dem Ufa-Gipfel haben die BRICS-Staaten einen weiteren Schritt zu einer mehr selbständigen globalen Politik getan. Die Stoßrichtung gegen den Westen ist offenkundig. In der Abschlusserklärung heißt es, dass die BRICS-Ländern zur „Struktur einer neuen globalen Steuerung“ werden. Chinas Präsident Xi sagte, dieser Prozess sei „unumkehrbar“. ..." (Conrad Schuhler, isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V., 24.7.15)

Herzlichen Dank an alle, die hier und an anderen Stellen weitere Hinweise, Anregungen und Informationen beigetragen haben und beitragen
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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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