Schützenhilfe statt Frieden

Syrien Die Politiker der führenden westlichen Staaten behaupten, für eine friedliche Lösung in Syrien einzutreten und unterstützen jene, die den verdeckten Krieg fortsetzen

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Diese Schlagzeile des österreichischen Standard vom 10. Dezember 2012 sagt mehr aus als wahrscheinlich gemeint ist: "EU gibt Syriens Opposition Schützenhilfe". Das letzte Wort ist so bezeichnend für das, was hinter der angeblich rein zivilen Hilfe der westlichen Staaten für jene steckt, die Syriens Präsident Bashar al-Assad um jeden Preis stürzen wollen.

Es wird weiter geheuchelt und gelogen. So erklärte der bundesdeutsche Außenminister Guido Westerwelle, die vom Westen im November in Doha/Katar zusammengezimmerte "Syrische Nationale Koalition" vertrete "die legitimen Interessen des syrischen Volkes". Auf welcher Grundlage das geschieht, wird nicht erklärt. Zur Erinnerung: "Nicht teilgenommen an der Konferenz haben der NCC (Nationaler Koordinationsrat für demokratischen Wandel in Syrien) – ein Zusammenschluss von 13 Organisationen -, die Gruppe „Den syrischen Staat aufbauen“ (Louey Hussain, Mona Ghanem) und al-Minbar (Samir Aita, Michel Kilo usw.)." Das berichtete das Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V. (inamo) auf seiner Homepage: "Doha Choreographie, inszeniert vom Robert Ford-Team. (R.F. früherer US-Botschafter in Syrien)". Bei den in Doha Abwesenden handelt es sich immerhin um führende Vertreter der innersyrischen Opposition. Aber das kümmert die EU, die USA und ihre arabischen Freunde nicht weiter. Sie lassen die sogenannte Koalition schon mal eine Regierung nach dem angestrebten Sturz Assads vorbereiten. (RIA Novosti, 11. Dezember 2012) Bei dem entsprechenden Treffen in Marokko am 12. Dezember soll die sogenannte Koalition "Diplomaten zufolge auch von den Vereinigten Staaten und Deutschland als legitime Vertretung des syrischen Volkes anerkannt werden", kündigte die FAZ an. Sie sind sich ihrer Sache sicher: "Das Regime Assad wird nicht überleben", sagte BND-Chef Gerhard Schindler der FAZ am Sonntag. Dafür wird jegliche Schützenhilfe geleistet, auch die im wahrsten Sinne des Wortes.

Und so spricht sich der britische Aussenminister William Hague schon jetzt für direkte Waffenlieferungen an die bewaffneten Gruppen verschiedener Provenienz in Syrien aus, die von den westlichen Mainstream-Medien immer noch fälschlicherweise als "Opposition" bezeichnet werden. Die indirekten Lieferungen mit Hilfe der Türkei und Staaten wie Katar und Libyen reichen anscheinend nicht. Längst wird aktiv militärische Hilfe geleistet, worauf ich schon mehrmals hingewiesen habe. Der Befehlshaber der britischen Streitkräfte, Sir David Richards, traf sich vor einigen Wochen in London mit ranghohen Militärs aus Frankreich, der Türkei, Jordanien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie mit einem ungenannten US-General. Dabei soll unter anderem um Militärausbilder für die bewaffneten "Rebellen" gegangen sein. "Zudem stehe auch die Hilfe von See her und aus der Luft zur Diskussion", meldet RIA Novosti und bezieht sich auf die britische Zeitung The Independent.

Die Teilnahme des US-Militärs an dem Treffen ist einer der Fakten, die der offiziellen Behauptung der US-Regierung widersprechen, nur "nichtmilitärische Hilfe" zu leisten. (RIA Novosti, 11. Dezember 2012) Anfang November trafen sich parallel zu der Gründungsveranstaltung der "Nationalen Koalition" in Doha Vertreter der bewaffneten Gruppen in Syrien mit ausländischen Militärs sechs Tage lang in der saudischen Hauptstadt Riad, war am 28. November 2012 in Neues Deutschland zu lesen.

Bei Counterpunch.org veröffentlichte Franklin Lamb Anfang November eine Liste der Top 24 Länder unter den mehr als drei Dutzend, die derzeit in die illegalen Waffenlieferungen an die "Rebellen" in Syrien involviert sind: USA, Irak, Libanon, Israel, Türkei, Katar, Saudi-Arabien, Jemen, Bahrain, UK, Frankreich, Kanada, Belgien, Deutschland, Österreich, Brasilien, Portugal, Polen, Jugoslawien, Tschechien, Bulgarien, Italien, Spanien und Argentinien. Fast zwei Drittel der oben genannten Waffenlieferanten sind Mitglieder der NATO.

Als Anfang Dezember bei einem Treffen in der Türkei die bewaffenten Gruppen sich auf ein gemeinsames Kommando verständigten, geschah das wieder nicht ohne den Westen. "An der Zusammenkunft in dem Badeort Antalya nahmen auch Sicherheitsvertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der Golfstaaten teil." (Der Standard, 7. Dezember 2012) Dass das Kommando anscheinend von islamistischen Gruppen dominiert ist, scheint nicht weiter zu stören. Nur die Kommandeure der inzwischen von der US-Regierung als Terrororganisation klassifizierten Al-Nusra-Front dürfen nicht mitmachen. (FAZ, 9. Dezember 2012)

Die Menschen in dem von dem verdeckten Krieg geschundenen Land interessieren dabei nicht. Sie fühlen sich wie "zwischen Hammer und Amboss", wie eine unter dem Pseudonym Anna Haq arbeitende syrische Schriftstellerin bei counterpunch.org berichtete. Die Menschen in Syrien wollten "ein Ende dieses barbarischen Kampfes", schreibt sie. Sie wollten "natürlich Demokratie und Freiheit, aber nicht so". Sie fühlen sich "doppelt betrogen", zitiert die Autorin einen Bewohner von Damaskus, einmal von einer Revolution, die ihre Bedingungen nicht beschreibe und sich selbst isoliert habe, und das zweite Mal von einer Regierung, die bei ihrer Aufgabe, die Bevölkerung zu schützen, gescheitert sei.

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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