Wer sich in Syrien alles einmischt

Syrien Das zeigt ein Überblick von Bahar Kimyongur, der auf der Website Investig' Action von Michel Collon veröffentlicht wurde

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"Le terrorisme anti-syrien et ses connexions internationales"

Wer will bzw. kann dieses brisante Gemisch unter Kontrolle halten? Ist angesichts dessen der Waffenstillstand und die UN-Beobachtermission dazu nicht von vorneherein zum Scheitern verurteilt?

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon will ja schon die Mission ausweiten. Er habe die EU-Staaten am Dienstag aufgefordert, die Mission mit Flugzeugen und Helikoptern zu unterstützen, berichtet unter anderem der österreichische Standard. Die Beobachter bräuchten diese Hilfe, um besser beobachten und kontrollieren zu können. Die junge Welt schreibt: "EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte sofort ihre Unterstützung zu. Die Mitgliedsstaaten würden »jegliche angeforderte Hilfe« leisten, erklärte sie vor dem Europaparlament. Ein Diplomat sprach nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP davon, daß es sich bei dieser »Hilfe« etwa um gepanzerte Fahrzeuge, Personal, Kommunikationsausrüstung oder um die Ausbildung von Beobachtern handeln könnte."

Das klingt nicht danach, als ginge es darum, das brisante Gemisch der verschiedenen Kräfte in dem syrischen Konflikt am explodieren zu hindern. Das klingt nach der Variante Rambouillet, die nun versucht wird, nachdem die Srebrenica-Karte in der Variante Homs nicht gezogen hat, um auch durch äußere Einmischung den Sturz Assads zu beschleunigen. 1999 wurden in dem französischen Ort Rambouillet bei sogenannten Verhandlungen Jugoslawien ultimative Forderungen gestellt, die seine Souveränität in Frage stellten. Das Slobodan Milosevic erwartungsgemäß ablehnte, NATO-Truppen auf jugoslawischem Territorium stationieren zu lassen, gab den Anlass für den Krieg gegen Jugoslawien.

Aus gegebenem Anlass sei Sonia Mikich zitiert, die 1999 in der Zeitschrift Emma (Ausgabe Mai/Juni 99; S. 25-28) unter anderem beschrieben hat, was sie in Rambouillet erlebte: "... War der Krieg vermeidbar? Wochenlang arbeitete ich in Rambouillet, dem Schauplatz der Kosovofriedensverhandlungen und erlebte das feingestrickte Geschäft der Diplomatie hautnah. Die schriftlichen Vorschläge. Die Pressekonferenzen und Briefings. Die kategorischen Neins. Die Ja-abers. Es ist falsch, wenn der grüne Außenminister Fischer meint, man habe bis zum letzen verhandelt und es bliebe kein anderer Ausweg mehr, als die Luftattacken einzuleiten. Nie wurden in Rambouillet die Russen ernsthaft miteinbezogen, ihre Vertreter saßen an den Tischen wie das fünfte Rad am Wagen, ihre Ausführungen wurden knapp höflich zur Kenntnis genommen.
Erstaunlich offen betrieb Christiane Amanpour von CNN das Geschäft der US-Regierung in Rambouillet. Wie oft konnte ich hören (ein paar Meter von ihrer Kameraposition entfernt), daß nur die Serben mauern, verhindern, blocken. Daß ihr Nein zu der Stationierung von NATO-Truppen im Kosovo das einzige Hindernis zu einer Lösung wäre. Daß ihren neuen Autonomieplänen von vornherein nicht zu trauen sei. Wie Mantras wurden die Ultimaten an Milosevic wiederholt: nicht ohne meine NATO-Schutztruppen. Die Schwarzweißmalerei war perfekt, Zwischentöne in den jugoslawischen Angeboten wurden völlig ignoriert. Ein, zwei Tage lang sprach der serbische Verhandlungsführer Milutinovic davon, daß NATO-Truppen im Kosovo für Belgrad nicht hinnehmbar seien, aber eine ausländische Präsenz... Warum nahmen die Diplomaten solche Risse im Panzer nicht wahr? Warum wurden die Russen nicht an diesem Punkt als Hebel eingesetzt? Russische Friedenstruppen gemeinsam mit UN-Soldaten aus Nicht-NATO-Ländern, warum nicht? ..."

Nun lehnt Syrien erwartungsgemäß ab, die UN-Beobachtungsmission auszudehnen und widersetzt sich den Wünschen der "internationalen Staatengemeinschaft", macht eigene Vorschläge. Beobachter aus Katar, Saudi-Arabien, der Türkei und Frankreich werden abgelehnt, weil diese Länder die "Rebellen" unterstützen. Stattdessen wünscht Syrien sich neutrale Beobachter aus Ländern wie etwa Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Ein Kriegsanlass ist das noch nicht, aber das Muster ist und bleibt das gleiche. Und dieser Ban Ki-Moon-Vorschlag wird nicht der letzte in dieser Richtung sein. Und warum Flugzeuge und Hubschrauber um angeblich besser beobachten zu können, wenn doch für diesen Zweck schon US-Drohnen am syrischen Himmel kreisen? Eines ist sicher: Es geht weiter ...

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Geschrieben von

Hans Springstein

Argumente und Fakten als Beitrag zur Aufklärung (Bild: Eine weißeTaube in Nantes)

Hans Springstein

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