Der Preis der Umwelt

Finanzreform: „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geliehen.“ Diese zentrale Botschaft der Umweltschützer verhallt ganz offenbar in den Weiten des Weltalls.

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Wer ins Flugzeug steigt, der zahlt nicht für die Zerstörung der Erdatmosphäre. Wer sein Auto benutzt, der muss nicht für die gesamten Kosten der Luftverschmutzung aufkommen. Und wer als Nutzer der Kernenergie den Lichtschalter betätigt, braucht nicht für die mehr als 100.000 Jahre lange Endlagerung des Atommülls zu bezahlen. Die Preise für Produkte und Dienstleistungen decken also nicht die tatsächlich entstehenden Kosten ab. Durch eine adäquate ökologische Finanzreform kann dieser Missstand beseitigt werden.

10 Thesen für eine ökologische Finanzreform

  1. In einer freien Marktwirtschaft bilden sich die Preise durch Angebot und Nachfrage. Doch dabei werden ökologisch schädliche Folgekosten ausgeblendet. Umweltschäden werden der Allgemeinheit sowie zukünftigen Generationen aufgebürdet. Dies halten wir für nicht gerecht.
  2. Die Verursacher von Umweltschäden müssen die Kosten tragen; die Preise sollen die ökologische Wahrheit widerspiegeln. Die frei gebildeten Marktpreise sind durch Internalisierung externer Kosten zu korrigieren.
  3. Die konkrete Berechnung der externen Kosten soll nach rein wissenschaftlichen Kriterien erfolgen. Hierfür sind unabhängige Experten heranzuziehen. Eine politisch gesteuerte Preisbildung lehnen wir ab.
  4. Die Anhebung der Preise muss sukzessive und konstant erfolgen, damit Verbraucher sowie Unternehmen nicht überfordert werden und zugleich Planungssicherheit gewährleistet ist.
  5. Die Internalisierung externer Kosten - zum Beispiel durch Umweltverbrauchsteuern - führt zu zusätzlichen staatlichen Einnahmen. Diese sind dem allgemeinen Haushalt zuzuführen.
  6. Eine Verwendung der Einnahmen für spezielle Fördermaßnahmen lehnen wir ab. Denn derartige Subventionen konterkarieren die zuvor hergestellte Preiswahrheit. Außerdem führen solche planwirtschaftlichen Anwandlungen zumeist zu Fehlallokationen und bedeuten erheblichen bürokratischen Aufwand.
  7. Nach Herstellen der Preiswahrheit sollen primär die Marktmechanismen wirken. Nur bei Marktversagen soll der Staat korrigierend intervenieren.
  8. Preiserhöhungen durch Internalisierung externer Kosten können zu sozialen Verwerfungen führen. Die Lösung sozialer Probleme halten wir für eine originäre Aufgabe der Sozial- und Arbeitspolitik. Dabei ist eine gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung anzustreben. Eine Zahlung von speziellen Sozialleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit ökologischen Preiserhöhungen stehen, lehnen wir ab.
  9. Die Realisierung der ökologischen Preiswahrheit sollte möglichst transparent, einfach und verständlich erfolgen, um bei der Bevölkerung ein hohes Maß an Akzeptanz zu erreichen.
  10. Nicht alle ökologischen Probleme sollten über den Marktmechanismus gelöst werden. Auch das Ordnungsrecht - in Form gesetzlicher Ge- und Verbote - soll eine wichtige Rolle spielen.

Wir brauchen mithin ein Bewusstsein in der Bevölkerung für eine ökologische Preiswahrheit. Erst dann wird die nötige Bereitschaft bei den Konsumenten und Produzenten entstehen, höhere Preise für bestimmte Güter und Dienstleistungen zu akzeptieren.

Michael Kaiser, Kai Rüsen, Wolfgang Schaefer

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