#LANZ: Danke, Maren Müller!

Medienkritik Der Erfolg der Petition kam auch für Maren Müller überraschend. Sie hat eine überfällige Medienkritik angestossen und wird dafür von Gulaschkanonen mit Dreck beschossen.

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Schmutziges Business – allerdings auch für die, die es kritisieren
Schmutziges Business – allerdings auch für die, die es kritisieren

Foto: Luca Teuchmann/Getty Images

Der Erfolg der Petition und die damit verbundene Medienkritik muss in der Medienwelt eine große Überraschung gewesen sein. Für Zuschauer kam es gar nicht so überraschend. Wie oft hat man schon vor Talkshows gesessen und gedacht: 'Eigentlich müsste man mal dagegen protestieren, was da für Menschen zur besten Sendezeit im Öffentlich-Rechtlichen sitzen!' Kritische Leserbriefe & Tweets scheinen für Redaktionen ja eher so ein "Weiter so" zu sein. Immerhin hat man die Zuschauer empört und das steigert häufig auch die Quote! Man sagte sich wohl: Gute Quoten und negative Leserbriefe ... immerhin eine Reaktion. Selbst wenn die Quote nicht wirklich etwas über die Zufriedenheit der Zuschauer aussagt, die Hauptsache sind doch Zahlen! Zahlen ... so fair und aussagekräftig wie ein Triple AAA für ein gesamtes Land von einer Ratingagentur!

Eine Petition schwirrte mir auch schon durch den Kopf. Nur wie findet man den richtigen Zeitpunkt und die richtige Empörungswelle, damit ein solcher Aufruf nicht untergeht?

Und wogegen genau hätte ich protestieren sollen, ohne medialen Aufreger? Hätte ich einfach grundlos meine Unzufriedenheit über das Programm der öffentlich-rechtlichen Sender formuliert, hätte ich die unzufriedenen Zuschauer der ö.-r. Sendern gespalten. Jeder hat ja andere Mängel zu beklagen und andere Vorschläge diese Mängel zu beheben!

Während manche Kritiker scheinbar nur knapp 17 € sparen wollen, will ich die Rundfunkgebühren lediglich qualitativer und investigativer eingesetzt sehen! Eine Fernsehlandschaft ohne öffentlich-rechtliches Fernsehen wäre für mich ein amerikanischer Albtraum, auch wenn unsere privaten Medien dies anders sehen und konservative Politiker europaweit gegen die öffentlich-rechtlichen Sender Politik machen. Es gibt ja Qualität im ö.-r. Fernsehen. Nur leider fast nur zu Sendezeiten, wo die meisten bereits - müde von der Arbeit - ins Bett gehen.

Es brauchte also einen gemeinsamen Nenner. Etwas worüber sich wirklich jeder empören kann. Doch diesen Anlass gab es bislang noch nicht. Lanz nervte schon als er noch bei RTL explosiv "moderierte", aber hat sich auch nicht wirklich angreifbar gemacht. Den Sigmund Gottlieb muss man ja ausserhalb vom Freistaat Bayern nur zu Wahlen ertragen. Aber nach dieser Szene kam mir schon der Gedanke, mal eine Petition gegen so offensichtliche Meinungsmache im ö.-r. Fernsehen zu starten.

Klar, der Silbereisen nervt auch. Der ganze Musikantenstadl ist für mich unverständlich. Aber hier bin ich etwas toleranter. Da diese Form der "Unterhaltung" (noch) nicht auf Privatsendern gezeigt wird, auch wenn Bohlen und RTL gerade daran arbeiten, diese Art von Musik auch einem jüngeren Publikum schmackhaft zu machen, hat sie vermutlich eine Legitimation im öffentlich-rechtlichen Programm.

Da ich der Meinung bin, dass die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet sind, die Interessen und Meinungen auch derer zu vertreten, die aufgrund des lächerlichen "Quotendrucks" von Privatsendern ignoriert werden, will ich mich nicht über Silbereisen beschweren. Auch wenn ich mich oft frage, was einen erwachsenen Menschen als Zuschauer zu Silbereisen, Carmen Nebel, Andrea Berg und Helene Fischer lockt.

Über die Qualität solcher Sendungen muss sich jedoch die Zielgruppe selbst kümmern! Da mich die Gäste solcher Unterhaltungsformate nicht interessieren, muss ich mich auch nicht über die Präsentation dieser Gäste beklagen.

Mich interessieren Gäste politischer Talkshows. Mich interessiert die Qualität politischer Reportagen. Ich wünsche mir Nachrichten, die uns wertfrei ohne (ab-/be-)wertende Worte vorgetragen werden! Oder das politische Satire - wie z.B. von Volker Pispers - nicht nur im Nachtprogramm oder auf 3Sat läuft.

Und vor allem wünsche ich mir die politische ARD-Talkshow am Sonntag zurück. Das was Jauch da macht, ist ja meistens nicht viel mehr als eine Tatort-Nachbesprechung. Oder man diskutiert Stern TV Themen. "Hilfe! Macht Fortschritt dumm?" Und wenn es mal um ein aktuelles(!), politisches(!) Thema geht, dann darf natürlich keine DFB-Ikone unter den Gästen fehlen. So durfte Uli Hoeness beim beliebten Jauch auch schon mal der Politik Ratschläge geben, wie vernünftige Steuerpolitik gemacht wird.

Diskussionen mit Beteiligung unpolitischer Millionäre gehören für mich ohnehin ins Privatfernsehen! (Charity-Veranstaltungen, private Spenden & PR-Aktionen im Ausland zählen nicht als politisches Engagement!) Womit ich nicht andeuten möchte, dass mir eine reine Politiker-Runde lieber wäre. Im Gegenteil. Dann besteht die CSU als bayrischer Undercover-CDU-Verband wieder auf einen eigenen Sitz. Diese Farce reicht mir schon zu jeder Wahl.

Aber wie wäre es mit mehr Intellektuelle im Fernsehen? Sendungen wie die, von mir sehr geschätzte, "kulturzeit" auf 3sat hat regelmässig interessante Gesprächspartner zu den aktuellsten politischen Themen. Autoren, Wissenschaftler, Kulturschaffende, Philosophen, usw.! Menschen die leider kaum jemand kennt und auch mir nach einmaligen sehen, viel zu selten namentlich in Erinnerung bleiben.

Das Problem ist nicht Markus Lanz! Das Problem ist, dass intellektuelle & alternative Themen, Gespräche und Persönlichkeiten vor uns "Dichtern & Denkern" versteckt werden. Ein großer Teil der Zuschauer fühlt sich medial nicht mehr vertreten. Man spottet schon, dass man zukünftig lieber Satire als Nachrichten schauen sollte, wenn man etwas erfahren möchte. Traurig!

Und selbstverständlich leiden die Quoten von Lanz nicht darunter. Ein Lob sind die Quoten jedoch nicht. Eingeschaltet wird sowieso nur wegen einzelner Gäste, die man dann trotz des schlechten Moderators sehen möchte. Alternative Gründe zum einschalten wäre noch das Trinkspiel und das gemeinsame Lästern.

Natürlich kann man auch umschalten! ZDF kann Lanz auch noch mehr Sendezeit geben, damit der Sinn der öffentlich-rechtlichen Sender noch weiter hinterfragt werden kann! Frau Reding von der EU kann dann endlich diese unabhängigen Medien abschaffen!

All diese Kritikpunkte sind politisch! Umso mehr empört mich die extrem oberflächliche Berichterstattung & Kritik, der Medien, an Maren Müller & die Petitions-Unterzeichner.

Dies sollte ursprünglich eine reine Danksagung an Maren Müller werden. Nur reicht ein gewöhnlicher Dank gar nicht mehr aus, wenn man durch solch vergiftete Einladungen zum Gulasch mit Jörg Thadeusz erst einmal erklären muss, warum sich die Medien hier nicht einfach wegducken können!

Vielen Dank, Maren!

Ich will mich aber auch ausdrücklich bei allen Unterstützern bedanken! Bei den wenigen Journalisten, die sich objektiv, konstruktiv oder gar lobend und unterstützend zu Wort gemeldet haben. Ihr seid meine letzte Hoffnung in dieser "alternativlosen" Medienwelt!

Um die öffentliche Aufmerksamkeit von Lanz auf die gelungene Medienkritik zu lenken, brauchen wir jetzt Forderungen! Ein Fragenkatalog an die öffentlich-rechtlichen Sender wäre sicher auch nützlich. So würde mich schon mal interessieren, warum der Zuschauer die Sender finanzieren muss, aber so dubiose Institutionen wie die Kirche über unser Programm mitbestimmen dürfen!

Viel Spaß beim diskutieren! Und bedankt Euch bei Maren!

Hochachtungsvoll
Euer Harm


PS: Weil ich diese Gedanken schon lange niederschreiben und loswerden wollte, habe ich sie jetzt einfach mal online gestellt. Ich werde Tippfehler oder komplizierte Sätze eventuell nochmal ändern. Bitte nicht wundern!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Harm

queer dissenting artist - twittert unter @HarmNeitzel

Harm

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