10 schwarze Monde

Performance zum Klima Oder eine kleine Reise nach Oberschöneweide um den Göttinnen der Welt zu begegnen: Poesie - Tanz - Performance von No Boundaries e. V. in den Spreehallen

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Es ist ein faszinierendes Gelände, die alten Reinbeckhallen in Oberschöneweide, dem Chicago vor den Toren Berlins, wie das Industriegelände gerne genannt wurde. Seit 2020 ist dort die Spreehalle in eine der Fabrikhallen eingezogen. Mit einer die Ohren verzaubernden 360 Grad Soundanlage etablierte sie sich als interessanter, innovativer multimedialer Veranstaltungsort. No Boundaries e. V., 2014 gegründet von Isabel Aguirre, stellt in den Räumen seine neueste Produktion vor: eine szenische Performance gerichtet an die 4 Elemente, Feuer, Wasser, Erde, Luft in Zeiten des Klimawandels.

Das Stück folgt dem Sound des Trompeters und Komponisten Daniel „El Congo“. Dazu erleben die Zuschauer die Poesie der Schriftstellerin Tabea Farnbacher, Tanz von Ichi Go zu Feuer und Luft und Visual Arts von Yukihiro Ikutani. Seine Zeichnungen werden live zum Geschehen erstellt und gestalten farbflutend die Raumbühne. Ein multimediales Gesamtkunsterlebnis. Der rote Faden, die Elemente sind symbolisiert und wachgerufen in der vorgetragenen Poesie mittels der alten Erdgöttinnen. Die Verseuchung der Welt, die Abgewandtheit der Menschheit von der Natur und dem Verschwinden der Welt vor unseren Augen, wie wir sie kennen, wird aus dieser Göttinnenperspektive heraus thematisiert. Kleine Lichtblicke blitzen auf deren sich Zuschauer gemeinsam mit den Göttinnen erfreuen und Mut schöpfen können. Am Anfang war das Wasser. Vor dem Wort. Am Ende wird vielleicht wieder das Wasser da sein. Bis dahin werden die Zuschauer den Verhandlungen der Göttinnen bei wohnen. Miterleben, wie sich das Feuer tanzt oder die Luft kaum zum Atmen bleibt. Die Utopie, das 5. Element symbolisierend,kommt nicht zu kurz, bleibt jedoch fragil wie eine zerplatzende Seifenblase.

Um die innere Berührung - Empathie -geht es der Projektleiterin Isabel Aguirre. Menschen im Herzen zu erreichen ist eine hohe Kunst. Der Zugang via Theaterstück ein Weg dorthin. No Boundaries e. V. startete mit Theater- und Poetry-Projekten im(Jugend-) Strafvollzug. Mit Kunst und Theater können die Menschen abgeholt werden, dort kann Nähe entstehen zu Themen, die weit weg zu sein scheinen, nichts mit dem unmittelbaren Erfahrungskosmos zu tun haben. Kunst als Vermittlerin ist ein dringliches Thema der Produktionsleiterin. Schon seit 2017 richtete sich die Gruppe den brennenden Klimathemen zu. Eine Projektarbeit zum Thema Wasser 2019 in Neuseeland in Kooperation mit dem Goethe-Institut fand statt. Die zentrale Frage des Dry Waters Projekt: Welche Rolle kann Kunst in der Vermittlung und Sensibilisierung zu aktuellen Themen - Klimawandel - einnehmen? Der Klimawandel und seine Folgen ist spätestens seit Ahrweiler in Deutschland ins direkte Bewusstsein gerückt. Andere Menschen haben schon lange vorher ganze Inseln und Heimat verloren, vom Wasser verschlungen, nun auch hier.

Der sich immer wandelnde Klangteppich webt seine Zuschauer*innen hypnotisch ein und trotz oder wegen seines konkreten Bezuges zum aktuellen Klima-Widerstand wird das Stück nie lehrmeisterhaft sondern berührend und faszinierend. Die Interaktion der Künstler*innen unterliegen keinen statischen Regievorgaben, der kreative Freiraum ist explizit konzeptionell gewünscht. Isabel Aguirre sagt, dass es auch ein wenig Glück war, eine so besondere Gruppe zusammen bringen zu können. Alle sind Expert*innen auf ihrem künstlerischen Gebiet, nun vereint in dem Thema. Die Stimmung sei sehr gut zwischen den Akteur*innen, dies ist auch im Stück zu spüren. Eingetaucht werden kann in dieses in seinen verschiedenen Disziplinen herausragende Stück noch heute. Die Reise nach ehemals Chicago vor Berlin lohnt sich.

Vorstellungen : 31.10.2021 15h und 20h

Es gilt 3G.

Weitere Infos und Tickets:

Siehe Facebook UTOPIX - Klangteppich

Zeichnung zum Stück siehe Instagram: textfontana_hai

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Textfontana

Freie Journalistin, Bloggerin und Heilpraktikerin mit Schwerpunkt TCM. Themen Frauen-/Gesundheit, Kultur, Theater/Performances und Tanz.

*Würzburg 1966, seit 1987 in Berlin lebend. Selbstständig tätig im Gesundheitsbereich seit 1994. Journalistik Studienabschluss an der FJS Berlin 2019. Mitredakteurin bei bzw-weiterdenken.de seit 2019.

Textfontana

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