Parität mit Aschenputtel Technik!?

Berliner Frauenpreis 2020 Am 6.3. wurde der Berliner Frauenpreis 20 vergeben, es geht um Parität. Die Preisträgerin hat neue Strukturen am Theater geschaffen, der Bundestag diskutiert noch.

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Yvonne Büdenhölzer, Theaterintendantin der Berliner Festspiele, erhielt am Freitagabend, vor dem Internationalen Frauentag, den Berliner Frauenpreis. Diese Auszeichnung gilt als Signal. Als Signal, dass es funktioniert und notwendig ist, die Quotenfrage/Gleichberechtigung nicht mehr nur freiwillig zu lösen.
Der Berliner Frauenpreis wurde anfangs an Projekte, später auch an einzelne Frauen, die sich mit ihrem Engagement für die Gleichberechtigung von Frauen in Berlin stark gemacht haben, verliehen. So erhielt ihn 1989 die Frauenzeitschrift Ypsilon der Ostfrauen unter dem Berliner Verlag, 2012 Sharon Adler, die Initiatorin und Chefredakteurin von Aviva-Berlin oder 2014 das FFGZ, das feministische Frauengesundheitszentrum Berlin. 2019 die Frauengesundheits-Netzwerkerin Karin Bergdoll und nun Yvonne Büdenhölzer.

Als sie auf die Bühne trat, erklärte sie, dass sie zunächst verwundert gewesen sei, "dafür!?", die Auszeichnung zu bekommen. Dafür, dass sie 2019 kurzer Hand und doch wohl etwas vorbereitet einen mittleren Staatsstreich in der Theaterwelt einführte: Die Quote, 50 Prozent Frauen, bei der Auswahl der RegisseurInnen für das Berliner Theatertreffen zu berücksichtigen!

Sie habe einfach keine Lust mehr gehabt, sich die Frage der Jury, wie viele (Frauen) seien es denn diesmal, stellen zu lassen, erklärte sie dem Publikum, als einen Beweggrund die Verhältnisse neu zu gestalten. Dabei kommt Yvonne Büdenhölzers Feminismus wohl besonders freundlich und sanft daher. Nicht mit großem Tamtam, sondern leise und ernst, auf Augenhöhe, bezeugen die, die sie kennen. Die richtigen Partner zur Umsetzung der Mission Quoteneinführung hatte sie dazu gefunden und den richtigen Partner zu Hause, sie ist Mutter von zwei Kleinkindern, zum Glück ebenfalls. Hier wird geteilt, sonst wäre noch nicht einmal der Job möglich, erzählt sie.

"Wie macht die das, dass die nicht zornig wird, sondern eher freundlich?" Sonja Andres

So schaffte sie neue Strukturen. Dafür wird sie nicht nur von Schauspielerinnen in einer extra inszenierten Video Botschaft gelobt, bewundert und gefeiert, sondern auch von anderen Intendantinnen, wie Sonja Anders vom Schauspiel Hannover. Sonja Anders war es, die als Laudatorin den Vergleich zum Aschenputtel zog: "Sei mutig und freundlich", sagte die Mutter am Sterbebett zu diesem und diese speziellen Zutaten seien es, die typisch für die Preisträgerin seien, die so ohne großes Lamentieren "die Segnungen der Emanzipation derart weiter geben könne".

Kulturbetriebe eine männliche Domaine?

Die Theaterwelt ist schließlich noch immer eine Männer besetzte Domaine, zumindest in den Führungsetagen und bei der Regie. Frauen sind dafür im Publikum zu Zweidrittel vertreten und gehäuft als Schauspielerinnen oder Theaterpädagoginnen anzutreffen.
Der männlich dominierte Kulturbetrieb schreibt sich in Zahlen mit:
76 Prozent der Theater Leitungsstellen in Deutschland sind männlich besetzt,
70 Prozent der Stücke sind von Männern produziert.

Yvonne Büdenhölzer, schaffte also Tatsachen, in dem sie 2019 die Quote an den Berliner Festspielen einführte. Heute lächelt sie über die Unkenrufe und Weltuntergangsszenarien, von Männern und Frauen gleichwohl beschrieben. Sie formuliert es ganz klar:

"Quoten, dienen nicht dazu Menschen in Position, zu bringen, die da nicht hingehören, sondern Menschen dahin zu bringen wo sie längst hätten sein sollen."

Während an diesem Freitagvormittag das Parlament im Bundestag noch das dafür und das dagegen diskutierte, zeigte die Jury des Berliner Frauenpreises salopp: Voilà, schaut her, so gehts mit der Einführung der Quote. An den kommenden Festspielen im Mai werden sogar sechs von zehn Stücken von Frauen präsentiert werden.
Für Yvonne Büdenhölzer geht es noch weiter, die Quote ist nicht alles, was ihr in den Sinn geschrieben steht. Da sei noch einiges, zu bewerkstelligen, wie z. B. die längst überfällige Ermutigung für mehr Gendergerechtigkeit in den Künsten. Ein Sinneswandel ist im Theater von Nöten, ein generelles Umdenken, wenn Theater relevant bleiben will, erklärt sie, und um Strukturen zu schaffen brauche es Entscheidungen.
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Textfontana

Freie Journalistin, Bloggerin und Heilpraktikerin mit Schwerpunkt TCM. Themen Frauen-/Gesundheit, Kultur, Theater/Performances und Tanz.

*Würzburg 1966, seit 1987 in Berlin lebend. Selbstständig tätig im Gesundheitsbereich seit 1994. Journalistik Studienabschluss an der FJS Berlin 2019. Mitredakteurin bei bzw-weiterdenken.de seit 2019.

Textfontana

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