18. Filmfestival Cottbus

Festival Das diesjährige Motto "Volljährig" verriet die Genugtuung über einen gelungenen Wachstumsprozess, auf dessen sichtbaren Erfolg die Gründerväter aus ...

Das diesjährige Motto "Volljährig" verriet die Genugtuung über einen gelungenen Wachstumsprozess, auf dessen sichtbaren Erfolg die Gründerväter aus den Reihen der DDR-Filmklubs so nicht zu hoffen gewagt hatten. Unvorstellbar bei den bescheidenen Anfängen 1991, dass 2008 der Bundesaußenminister als neuer Schirmherr Cottbus als das wichtigste deutsche Filmfestival nach der Berlinale preisen würde.

Steinmeiers Redenschreiber hatte gut beim Branchenblatt Variety recherchiert. Dort waren 2007 in einer Liste von 50 Festivals, die man nicht verpassen dürfe, Berlin und Cottbus als einzige deutsche angeführt. 136 Filme aus 36 Ländern mit 17.300 Besuchern und 500 Fachgäste waren in diesem Jahr nur die äußerliche Bestätigung, wichtiger die Qualität des Angebots. Ein guter Jahrgang.

Den Hauptpreis beim Festivals des osteuropäischen Films erhielt der russische Beitrag Plennyj von Alexej Utschitel, der sich mit der Geschichte einer menschlichen Annäherung zwischen zwei russischen Soldaten und einem tschetschenischen Gefangenen auch den Dialog-Preis für die Verständigung zwischen den Kulturen verdiente.

Wenn auch mit weniger Beteiligten, waren Koproduktionen mehrfach im Programm vertreten. Für viele Filmemacher sind sie die einzige Möglichkeit, ihre Projekte zu verwirklichen. Deshalb ist seit zehn Jahren "Connecting Cottbus", das Treffen von Regisseuren, Produzenten und Verleihern aus Ost und West, ein wichtiger Bestandteil des Festivals. Diesmal suchten 14 Filmemacher aus 13 Ländern Partner für ihre Vorhaben. Koproduktionen ermöglichen auch das Abspiel der geförderten Filme in allen Ländern, die mit Geld daran beteiligt waren. In den Programmkinos erfreuen sich Importe aus Osteuropa wachsenden Publikumsinteresses.

In Cottbus gewann der tschechische Wettbewerbsbeitrag Venkovský Ucitel den Publikumspreis, eine Koproduktion mit Deutschland und Frankreich. Regisseur Bohdan Sláma errang schon mit seinen beiden vorangegangenen Filmen Preise in Cottbus. Protagonist seiner neuen Arbeit ist ein junger Lehrer, dessen Homosexualität auf dem Dorf ein Problem darstellt, weshalb sie von ihm lange geheim gehalten wird. Wie derzeit viele Filme aus Tschechien zeichnet sich auch dieser durch seine tiefe Menschlichkeit aus. In Tschechien, wo Homosexualität noch ein Tabuthema ist, erreichte der Film 200.000 Zuschauer.

Damit kam er freilich nicht an die Zuschauerzahlen heran, die in den jeweiligen Ländern "Hits" machen. Ihnen ist in Cottbus stets eine eigene Reihe gewidmet. In diesem Jahr stellte sie dem Publikumsgeschmack kein gutes Zeugnis aus. Juraj Jakubisko, in seinen frühen Werken nach 1967 durch einen poetischen slowakischen Stil zwischen Surrealismus und Folklore bekannt geworden, drehte zuletzt das mehr als zweistündige Historiendrama Bathory, eine Koproduktion mit Ungarn und Großbritannien in englischer Sprache, voller Gewalt und Sex. Die Titelheldin, eine ungarische Gräfin aus dem 16. Jahrhundert, wird im Guinness-Buch der Rekorde als größte Mörderin registriert, von Jakubisko aber fast rehabilitiert. Der bisher teuerste und beim Publikum erfolgreichste lettische Film, Rigas Sargi von Aigars Grauba, feiert mit viel patriotischem Pathos den Unabhängigkeitskampf 1919 gegen Deutsche und Russen. Veit Harlans Kolberg hätte Vorbild sein können.

Der mit dem Spezialpreis für das beste Drehbuch ausgezeichnete polnische Wettbewerbsbeitrag Rysa von Michal Rosa machte mit den stärksten Eindruck. Nach vierzig Jahren glücklicher Ehe wird der Tochter eines Krakauer Vorkriegspolitikers ein Video zugespielt, das ihren Mann als auf sie angesetzten Geheimdienst-Offizier denunziert: Ohne viele Worte vermittelt der manchmal fast Horrorzüge annehmende Film die der Enthüllung folgende vergiftete Atmosphäre.

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