Burbach war kein Einzelfall

Gewalt Viele Strafverfahren, wenig Kontrolle: Gewalt gegen Asylbewerber durch Sicherheitsleute ist ein verbreitetes Problem. Das zeigt der Bericht des NRW-Innenministeriums.

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Burbach war kein Einzelfall

Foto: JOHN MACDOUGALL / AFP / Getty Images

Welche Situation herrscht in den Asylbewerberheimen Nordrhein-Westfalens? Der neue Bericht des Innenministeriums dokumentiert: 73 Beschuldigte, 68 Verfahren in anderthalb Jahren, zwölf Personen konnten außerdem namentlich noch nicht ermittelt werden. „Bei der überwiegenden Zahl der Delikte handelt es sich um Körperverletzung“ schreibt das Ministerium und schlussfolgert: „Die Maßnahmen des LKA haben insoweit ergeben, dass Gewalttaten durch Sicherheitsbedienstete oder sonstige Mitarbeiter (…) nicht nur in Burbach begangen wurden.“ Die meisten Strafverfahren gab es in Dortmund (24) und Burbach (15), aber auch in Köln gab es fünf Fälle. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von Januar 2013 bis September 2014 – in der nordrhein-westfälischen Stadt Burbach waren im Herbst vergangenen Jahres Flüchtlinge von Mitarbeitern privater Sicherheitsfirmen misshandelt und gedemütigt worden. Es gebe keine Hinweise auf weitere „Arrestzellen“, wie sie im Fall Burbach an die Öffentlichkeit kamen, so das Ministerium. Auch auf politische Motivationen hinter den Straftaten gebe es keine Hinweise.

45 Mitarbeiter mit "relevanten Vorstrafen"

Interessant ist auch die folgende Aussage im Bericht: „Es ergaben sich Hinweise, dass die Auswahl, Ausbildung und Anzahl der Sicherheitsbediensteten in Teilen unzureichend war. Dies dürfte sich tatbegünstigend auf die Gewalttaten ausgewirkt haben.“ Auch dazu gibt es Zahlen: Nach wie vor werden die Regelkapazitäten der einzelnen Einrichtungen überschritten, allein zwischen Dezember 2014 und Januar 2015 viermal um mehr als hundert Flüchtlinge. Nur 289 der 401 Wachpersonen absolvierten eine Sachkundeprüfung, eine -unterweisung sogar nur 148. Außerdem wiesen 45 Mitarbeiter „relevante Vorstrafen“ auf. Die Personen seien nun nicht mehr im Einsatz, nachdem das LKA die Wachdienstunternehmen informiert habe. Eine endgültige Überprüfung durch Verfassungsschutz und Polizei steht noch aus, die Zahlen sind noch nicht vollständig.

Für die kommenden Monate kündigt das Ministerium mehr Stellen im Bereich Soziale Beratung und ein Konzept zum Beschwerdemanagement an. Mehr Stellen im Bereich Kontrolle werden nicht erwähnt; Die eingesetzten mobilen Kontrollgruppen setzen sich aus 7 pensionierten Polizeivollzugsbeamten (befristet, in Teilzeit) und vier Mitarbeitern in Vollzeit zusammen. "Mit der vorhandenen Personalstärke könnten in jeder Einrichtung ca. alle drei bis vier Wochen unangemeldete Kontrollbesuche stattfinden", heißt es im Bericht. Ob diese Frequenz ausreicht, weitere Misshandlungen der Bewohner zu verhindern, bleibt offen.

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Geschrieben von

Helke Ellersiek

Freie Journalistin. Leipzig, Köln, Berlin.Twitter: @helkonie

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