Weg vom Herd dank Familiengeld

Elternarbeitszeit Manuela Schwesig will die Herdprämie durch eine Familienprämie ersetzen. Das würde vor allem berufstätigen Müttern endlich helfen
Fordert die Union heraus: Familienministerin Manuela Schwesig
Fordert die Union heraus: Familienministerin Manuela Schwesig

Foto: Imago / Metodi Popow

Es liegt ein Hauch von Wahlkampf in der Luft, als Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Montag ihr neues Konzept für ein Familiengeld vorstellt: 300 Euro sollen junge Eltern bekommen, wenn beide nach der Elternzeit ihre Vollzeitstellen auf 28 bis 36 Wochenstunden senken, um gleichberechtigt für ihren Nachwuchs zu sorgen und dabei weiter zu arbeiten. Doch der Vorschlag ist nicht mit der Bundesregierung abgestimmt, sorgt erwartbar für rigorose Ablehnung aus der Union und wird wahrscheinlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode umgesetzt. Das bedeutet: Schwesig wird damit wahrscheinlich in die nächste Bundestagswahl ziehen. Es wäre es ein Vorstoß für mehr Emanzipation in jungen Familien und eine Erleichterung für berufstätige Eltern.

Nur ein kleiner Teil der Eltern könne von dieser Regelung profitieren, heißt es aus der CSU. Dabei würden wesentlich mehr Familien für die Förderung in Frage kommen als beim Betreuungsgeld, nämlich alle mit Kindern bis acht Jahren. Das Betreuungsgeld kann dagegen nur für unter Dreijährige bezogen werden.

Besonders teuer wäre das Familiengeld auch nicht. Schwesig rechnet vor: Wenn 20 Prozent der Eltern das Angebot nutzten, würde das eine Milliarde Euro kosten. Zum Vergleich: Für das Betreuungsgeld hatte die Bundesregierung im letzten Haushalt mit 900 Millionen Euro nur knapp weniger veranschlagt, genutzt hatten es 60 Prozent der – zahlenmäßig kleineren – anspruchsberechtigten Elterngruppe. Doch der wichtigste Punkt ist nicht der Zahlenstreit: Das Familiengeld steht für eine ganz andere, deutlich emanzipiertere Familienpolitik als die Herdprämie.

Berufstätigen Elternpaaren würde es nicht allein eine finanzielle Unterstützung bringen, es würde sie auch nicht mehr dazu zwingen, dem schlechter verdienenden Part des Pärchens – meist Frauen – die Betreuerrolle zuzuweisen, während der andere arbeitet. Und Alleinerziehende erhielten die 300 Euro ebenfalls. Das Familiengeld würde das Modell „Frau an den Herd“ schwächen. Es würde vor allem den Frauen die Chance geben, weiter zu arbeiten, statt für die Kindererziehung aus dem Beruf gekickt zu werden.

Während das Betreuungsgeld vor allem das Ziel hatte, dass mehr Kinder zu Hause betreut werden – unter anderem, weil die Kitas zu langsam ausgebaut werden und der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz so ausgehebelt werden sollte – würde das Familiengeld Eltern, besonders aber Frauen helfen, mit ihrer Arbeit trotz Kind noch auf ein Existenzminimum zu kommen. Das gelingt laut Familienministerium bei vollzeitnaher Teilzeit zwar 83 Prozent der Väter, aber nur 28 Prozent der Mütter. Das Familiengeld könnte die Lücke zum Existenzminimum schließen.

Die Lohnlücke von 21 Prozent zwischen Männern und Frauen wird gern damit begründet, dass sie häufig in Teilzeit wechselten oder ganz aus dem Beruf ausschieden, um ihre Kinder zu betreuen, während die Väter ihre Vollzeitstellen behielten. Klar, weil die Männer auch vor der Geburt des Kindes schon die Besserverdiener waren. Mit dem Familiengeld wäre der Lohnlücke ein Konzept entgegengestellt, mit dem sich Familien endlich arbeitende Mütter leisten könnten. Würden dann tatsächlich flächendeckend beide Elternteile paritätisch ihre Stelle zurückstufen, fiele endlich auf: Der unbegründete Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern existiert auch dann, wenn die Mütter im Beruf bleiben.

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Geschrieben von

Helke Ellersiek

Freie Journalistin. Leipzig, Köln, Berlin.Twitter: @helkonie

Helke Ellersiek

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