Die sogenannte "Islamische Republik" Iran hat sich eine Mission verordnet. Wer sich der Erfüllung dieser Mission in den Weg stellt, wird gnadenlos beiseite geschoben, bekämpft, vernichtet. Die Mission ist ehrgeizig und sehr langfristig. Die Wege und Taktiken die Mission zu erfüllen, sind zahlreich. Diese Mission ist sogar in der Verfassung als Auftrag an Staat und Gesellschaft festgeschrieben: die Verwandlung der gesamten Welt in einen Staat nach dem Modell von "Velayat-e faghi" (Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten), in dem Religion und Staat verknüpft sind und der Oberste Führer quasi als moralischer Wächter alle Handlungen seiner Untertanen überwacht und sanktioniert.
Teil der Mission
Vor diesem Hintergrund sind die schrecklichen und kontinuierlichen Menschenrechtsverletzungen durch das Regime als Säuberungsaktionen zu verstehen. Und wie sind die zeitweiligen Erleichterungen zu verstehen?
Sie sind Teil des Vorgehens. Das Regime spielt ein strategisches Spiel mit dem Westen. Es darf insgesamt seine Mission behalten und muss sich nur hin und wieder vorhalten lassen, dass es zu viele Menschen der eigenen Bevölkerung quält oder abseits der eigenen Gesetze behandelt.
Wenn zum Beispiel Gewissensgefangene wie Nasrin Sotoudeh vor dem Neujahrstag (Norouz am 20.März 2021) aus dem Gefängnis in einen Hafturlaub entlassen werden, will das Regime sich vor der Welt als großzügig erweisen und ist meist die Folge monatelangen Drucks auf diplomatischer oder öffentlichkeitswirksamer Ebene oder manchmal Teilergebnis wirtschaftlicher Verhandlungen zwischen Iran und westlichen Kräften.
Eingebetteter Medieninhalt
Frau Soutudeh ist eine der Gewissensgefangenen. Sie ist eine Menschenrechtsanwältin, die viele Entbehrungen auf sich nimmt, um für die Rechte anderer Menschen einzutreten. Im Westen schaut man zu ihr auf, startet Aktionen für ihre Freiheit oder verleiht ihr Preise, um das Regime davon abzuhalten sie zu töten. Denn zu viel Öffentlichkeit für die finsteren Machenschaften des Regimes behindert die heilige Mission und die Verantwortlichen in Iran müssen wieder etwas vorsichtiger vorgehen. Dafür bestraft das Regime Frau Sotoudeh mit unverhältnismäßiger Härte.
Zum Glück setzen sich immer wieder auch politische Akteure im Westen für Gewissensgefangene in Iran ein. So gelingt es, das Leben einiger Gefangenen zu schützen. Wer in Iran nicht das Glück hat, jemanden im Westen als Fürsprecher zu gewinnen, ist den Angriffen und Rechtsbrüchen der Regime Schergen im Gefängnis ständig ausgesetzt.
Andere Gewissensgefangene
Neben der weltbekannten Anwältin Nasrin Sotoudeh gibt es zahlreiche andere Gewissensgefangene beiderlei Geschlechts, deren Leben in Gefahr ist. Erst im Februar ist der Fall von Behnam Mahdschoubi bekannt geworden, der zu 2 Jahren Haft verurteilt war und auf Grund massiver Falschmedikation und medizinischer Vernachlässigung im Gefangenetrakt des Evin Gefängnisses sein Leben verloren hat.
In einem öffentlichen Brief wenden sich sogar EU-Parlamentarier unterschiedlichster Fraktionen an die Regierung im Iran und verlangen Aufklärung. Darüberhinaus bringen sie ihre Sorge zum Ausdruck, dass weitere Gefangene mit dieser Methode eines schleichenden Todes beseitigt werden könnten.
Wir veröffentlichen hier die Namen einiger Frauen und Männer, die zur Zeit als Gewissensgefangene oder politische Gefangene in Gefängnissen Irans festgehalten werden und von einem ähnlichen Schicksal wie Behnam Mahdschoubi bedroht sind: Mostafa Abdi, Kianusch Abaszadeh, Abas Dehghan, Kasra Noori, Mohammad Scharifi-Moghadam, Taghi Moradi, Amin Alizadeh, Seyed Dschalal Mosavi, Haschem Chastar, Kamal Dschafari, Mohammad Noorizad, Mohammad Hossein Sepehri, Atena Daemi, Soheil Arabi, Arasch Sadeghi.
Da für Aktivisten zur Zeit wenig Möglichkeiten bleiben, auf den Straßen zu demonstrieren oder zu Aufmerksamkeit für die Gefahren hinzuweisen, veröffentlichen wir ein Video von einer vergangenen Aktion, die nach wie vor aktuell ist.
Zug der Frauen in Weiß
Helmut N. Gabel, mehriran.de ©
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