Für die meisten Menschen gilt der Künstler bestenfalls als ein liebenswerter Schwachkopf, als ein kindischer, unzurechnungsfähiger und in allen Belangen des Alltags ignoranter und unbedarfter Zeitgenosse. Trotzdem scheint die Figur des Künstlers nach wie vor als gesellschaftliche Projektionsfläche zu taugen, indem er Dinge tut, welche der so genannte "Normalbürger" vielleicht auch gerne tun würde, sofer er nicht an einen minimalen und nicht mehr reduzierbaren Rest der gesellschaftlichen Konvention gebunden wäre. Das mag im Zeitalter der postsexuellen Revolution, der Pornografisierung der Gesellschaft und der in alle Lebensbereiche ausweitbaren Liberalisierung zwar nur noch schwer vorstellbar zu sein, erklärt jedoch, wie "unkonventionell" die erwartete Grenzüberschreitung des Künstlers sein muss, um überhaupt noch als solche wahrgenommen zu werden. Die Künstlergeneration von Malern wie Daniel Richter, Jonathan Meese und Peter Doig befindet sich daher in einem Dilemma: Der persönliche Lebensstil taugt kaum noch dazu, um als andersartig zu gelten. Oftmals kann eine revolutionäre Tendenz daher nur noch durch eine konsequente Rückbesinnung suggieriert werden, die sich vorzugsweise im Kunstwerk niederzuschlagen hat. Das Werk von Daniel Richter wurde duch großformatige Bilder bekannt, deren Stil er von einem abstrakten zu einem figurativen Stilpluralismus wandelte, womit Richter sich hin und wieder den Vorwurf eines "reaktionären" malerischen Habitus eingehandelt hat. In der Tat stellt eine solche Stilentwicklung eine Art kunsthistorischen "Rückschritt" dar, da beispielsweise viele Künstler des Abstrakten Expressionismus sich überhaupt erst von der figurativen Malerei befreien mussten, ehe sie sich der reinen Abstraktion widmen konnten. Viele zeitgenössische Maler scheinen heute dennoch keine andere Wahl zu haben, als gerade diese Provokation der Rückbesinnung einkalkulieren zu müssen, indem sie ihr Formenvokabular aus der Traditionssprache beziehen.
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