Angst! Angst! - Buddhisten leiden leichter!

Ebola+IS+die Kinder Das Schlimmste, was in D derzeit passieren könnte: Mit Ebola infizierte IS-Mörder überfallen eine Grundschule und rauben alle Müsliriegel! Müsliriegel?? Die heilen Ebola!

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Und spaeter, im Bus nach Hause .....


Dieses Szenario ist natuerlich voellig uebertrieben!
Es gibt keine Ebola infizierten IS-Kaempfer, sonst haette sich eine der beiden schlimmsten Bedrohungen der Menschheit bald von selbst erledigt.
Und Musliriegel heilen nur den "kleinen Hunger zwischendurch". Das weiss doch jedes Kind!

Diese Gefahren einzeln betrachtet: dann hoert der Spass schnell auf.
Ebola: Wehe, wenn uns die Seuche erreichen sollte!
IS: Wehe, wenn kampferprobte IS-Salafisten nach Deutschland kaemmen!
Muesliriegel: Wehe, wenn in Muesliriegeln kindergefaehrliche Zusaetze gefunden wuerden!

Gefahren im Konjunktiv und eher vage, die uns dennoch enorm beschaeftigen. Interpretationen und Kommentare ohne Ende, auch in der FC.

Das Gespenst der Angst geht um, nicht nur in Europa, sondern ueberall in der ersten Welt. Was bedeutet diese Angst?

Frank Furedi, ein in die Jahre gekommener Ex-Aufstaendischer von 1956 in Ungarn, heute UK, kritisiert seit Jahren die ueberzogene Angst und Risiko-Vermeidung in westlichen Gesellschaften.

In einem Vortrag in Australien hat er seine These kuerzlich auf die Gefahren Ebola, IS und die Sicherheit von Kindern uebertragen.

Furedi plaediert fuer mehr Gelassenheit. Trotz aller Gefahren-Hysterie der Medien: frueher sei die Welt viel gefaehrlicher gewesen als heute.

Da ist was dran.
Ebola ist eine toedliche Epidemie wie die Pest im Mittelalter oder die Cholera, Infektionen, die damals Hundertausende getoetet haben.
Und die IS-Terrormilizen sind mit den marodierenden Landsknechten vergleichbar, die im christlichen Konfessions-Krieg Anfang des 17.Jahrhunderts, ein Drittel der europaeischen Bevoelkerung brutal liquidierten.

Die Zahl der Menschen, die durch Ebola und ISler getoetet wurden ist, im historischen Vergleich, zwar gering doch die Angst in der ersten Welt ist riesig. Reicht es, lediglich zur Gelassenheit aufzurufen?

Ist es nicht besser das Problem mal ganz rational zu betrachten?
Ebola ist eine seit langem bekannte Virus-Erkrankung in Afrika. Die Pharmakonzerne haben bisher keine Medikamente gegen diese Seuche unter den afrikanischen "Habenichtsen" entwickelt, weil sich das nicht "gerechnet" haette.
Und beim Krieg der IS-Milizen geht's (mal wieder) vor allem ums Oel.
Kapitalismus in Reinkultur also.
Durch diese oekonomischen Erklaerungen der Gefahr, die zweifellos zutreffen, wird leider die Angst nicht geringer.

Hilft vielleicht eine christliche Perspektive?
Frueher wurde in den Kirchen gebetet, dass Gott die Menschen vor "Hunger, Krieg und Seuchen" schuetzen moege. Wenn eine dieser Katastrophen dennoch eintrat, wurde das als Pruefungen interpretiert, um uns an der Guete Gottes zweifeln zu lassen. Dieser Versuchung muss der Christ dann standhalten. usw.
Eine solche Interpretation ueberzeugt heute vermutlich nur noch evangelikale Hardcore-Christen.
Daneben gibts natuerlich die "imitatio", die Nachfolge Christi, am besten mit Wundmalen und Schmerzen: auch kein attraktiver Weg fuer jeden Christen.
Bleibt der persoenliche Glaube, dass Gott den Menschen in den Gefahren dieser Welt sich nicht selbst ueberlaesst.

Wer auf einem dieser christlichen Wege mit seiner Angst fertig werden kann: prima.

Die Mehrheit heutiger Menschen verlaesst sich allerdings auf die Wissenschaft und, wie Leonhard Cohen singt, auf die "Schoenheit" unsrer Waffen.

Doch bis diese Mittel der Moderne "greifen", tja, das kann dauern. In der Zwischenzeit ist die Sicherheit unserer Zivilisation bedroht, unser schoenes sorgenfreies Leben in Frage gestellt. Das ist verstaendlicherweise beaengstigend, oder?

Stimmt das eigentlich? Haben alle Menschen "unserer" Zivilisation tatsaechlich ein sicheres, sorgenfreies Leben? Natuerlich nicht! Die meisten sind eher unzufrieden, ihr Leben erscheint ihnen sinnlos, belastend und deprimierend. Trotzdem muessen wir so tun, als ging's uns gut. Pillen am Morgen und Cheeese im Buero. Was fuer ein Stress!

Dagegen gibt gluecklicherweise jede Menge Ablenkungen. Die simplen, wie Doener mit Extra Fleisch, Kaffee von Starbucks, Muesliriegel, den Wagen mit 180 Spitze, den Sushi-Train, die Bundesliga, die Romane von Georgette Heyer, den Erlebnisurlaub in Antalya oder am Himalaya. Schoene, leider nur voruebergehende Ablenkungen von Stress und Unzufriedenheit.

Doch es gibt auch die sinnvolleren Ablenkungen. Die Sorge um das Wohlergehen der Kinder, der alten Eltern und des kranken Nachbarn beispielsweise. Auch Aktivitaeten gegen das allgegenwaertige Unrecht oder zur Rettung der Welt vermoegen dem Leben einen nachhaltigen Sinn zu geben. Und drauf kommt es an. So scheint es zumindest.

Doch wenn ploetzlich neue Bedrohungen (wie gegenwaertig Ebola oder IS) in den Medien auftauchen, verbindet sich die so schoen "abgelenkte" (verdraengte) Unzufriedenheit mit der neuen, eher vage Gefahren und erzeugt eine unverhaeltnismaessig starke Angst.

Offensichtlich koennen selbst Ablenkungen, die dem Leben einen "Sinn" geben, die tiefe innere Unzufriedenheit nicht dauerhaft aufzuloesen!

Freud hat diesen psychischen Mechanismus Anfang des letzten Jahrhunderts als "Neurosen" bezeichnet.

Die Kurz-Beschreibung der buddhistischen Neurose-Behandlung ist bekannt:

Leben heisst Leiden.
Die Ursache des Leidens ist die Gier.
Das Loslassen der Gier befreit uns vom Leiden.

Die Terminologie dieses "Spruchs" ist leider irrefuehrend. Die Begriffe "Leiden" und "Gier" werden heute viel "enger" (und weniger christlich) verstanden als im 19. Jahrhundert, als Max von Muellers Uebersetzung der buddhistischen Texte entstand.
Wenn man "Leiden" durch "Unzufriedenheit" und "Gier" durch "Ablenkungen" ersetzt, wird klarer was gemeint ist:

Leben ist gepraegt von Unzufriedenheit.
Die Ursache der Unzufriedenheit sind die Ablenkungen.
Der Verzicht auf Ablenkungen befreit uns von der Unzufriedenheit.

Schoen und gut diese neue Fassung, aber die dritte Zeile ist trotzdem nicht einzusehen. Das waere ja paradox!

Es ist doch genau umgekehrt! Wir koennen uns bekanntlich von unserer Unzufriedenheit ablenken: je mehr Ablenkung desto weniger miese Gefuehle!

Trotzdem. Die Praxis, durch Verzicht auf Ablenkungen die eigene Unzufriedenheit nach und nach zu ueberwinden, ist unter Buddhisten seit langem beliebt. Macht das Leben leichter, heisst es.

Um dieses "Rezept" selbst auszuprobieren, kann man ja mal auf ein paar Ablenkungen zu verzichten. Muss ja nicht gleich zu Anfang die Sportschau sein, "Vom Winde verweht" oder der Bridge-Nachmittag.

Muesliriegel eignen sich schliesslich nur fuer den "kleinen Hunger zwischendurch".

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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