Dem enen sin Uhl is dem anern sin Nachtingall

Australier und MH17. Gut 200 Jahre lang waren Australier für den Rest der Welt unsichtbar. Jetzt leiten sie plötzlich den Weltsicherheitsrat und das G20 Meeting. Demnächst das MH17 Tribunal.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

(Der letztgenannte Job ist noch nicht voellig sicher in australischer Hand, das sei freimuetig zugegeben.)

Aber mal langsam und von Anfang an.

Seit Mitte der letzten Eiszeit, also seit ca. 60.000 Jahren koennen Australier ihren Kontinent nicht mehr trockenen Fusses verlassen. Irgendwann haben sie damit abgefunden und sind zu Hause gebleiben. Nach langer, langer, langer Zeit haben Nicht-Australier die Australier wieder gefunden. Damals gab's nur ziemlich langsame Segel-Schiffe, mit denen es ewig dauerte, einigermassen zivilisierte Welt-Gegenden zu erreichen. Darum blieben die meisten Australier weiterhin zu Hause. Das aenderte sich, als die ersten Flugzeuge landeten. Seitdem fliegen mehr und mehr Australier in der Weltgeschichte herum. Sie fallen aber meist nicht weiter auf. Weil sie naemlich so eine Art Englisch reden, haelt man sie fuer Amis, Iren, Schotten, Englaender oder Inder. Inzwischen gibts hier auch viele Chinesen und so, aber die bleiben in Asien, wenn sie ueberhaupt mal wegfliegen.

Dieser kurze historische Abriss, wirft die Frage auf, warum die Australier ploetzlich, Anno Domini 2014, ihr coming out of Australia haben und auf den Chef-Sesseln der Welt rumsitzen. Australier! Kurze Antwort: Toni (Abbott) hat's hingekriegt. (Wir kennen uns hier unten alle beim Vornahmen. Soviele sind wir ja nicht. )


Damit der Leser in der Heimat, den Toni auch erkennt, ein paar Hinweise. Er sieht aus wie der junge Rainer Geissler. Toni faehrt aber Rennrad und kraxelt nicht, wie weiland der Geissler am Matterhorn herum. Beide sind aber bei den Jesuiten zur Schule gegangen. Darum sehen sie sich so aehnlich.
Toni ist uebrigens unser PM, d.h.in Deutschland waere er Frau Merkel.

Zum Aussehen nochmal. Eine fruehere australische PM, Julia Guillard, wurde in Sued-Korea mal im Dirndel gemalt. Die koreanischen Schriftzeichen fuer Austria waeren denen fuer Australia zum Verwechseln aehnlich, haben die Corries sich rausgeredet und der gutmuetige Aussi hat's ihnen abgenommen.

Sowas kann heute nicht mehr passieren! Dem Jesuiten-Toni glaubt niemand eine Vorliebe fuer Mehlspeisen! Niemand!

Aber wie hat's der Toni geschafft, die internationale Buehne zu erklettern?

Zunaechst sah's gar nicht danach aus. Die Aussi-Schlapphuete hatten naemlich dem Praesidenten von Indonesien beim Kaffeeplausch mit der Gattin zugehoert. (Hat natuerlich der Snowdon wieder ausgeplaudert.)

Der Praesident hat sich, zusammen mit seiner Gattin, sehr geaergert. Toni hat sich beinah entschuldigt und Schwamm drueber.

Diplomatisch war's eigentlich kein Problem. Damals wurden nur politische Loser nicht belauscht! Trotzdem schoen wars nicht.

Nach dieser Karriere-Delle hat Toni seine Marine losgeschickt, um illegale Einwanderer abzufangen. Die Smutjes haben auch 200 oder 300 Bootsfluechtlinge in Internationalen Gewaessern aufgefischt und wieder nach Hause gebracht, u.a. nach Sri Lanka. Gut, deswegen gabs dann einige Aufregung bei der UNHCR, aber sonst auch nichts. Auf anderen Meeren der Welt gibt's viel mehr Boote und viel mehr Fluechtlinge.

Also wieder nix. Dann war das G20 Vorbereitungs-Meeting.

Dessen Teilnahmer haben aber frecher Weise die Australier uebel angemacht. Toni glaubt naemlich nicht an climate change und war gerade dabei die unnuetze CO2-Steuer abzuschaffen. Sehr unschoen was Toni sich deswegen von seinen Gaesten anhoeren musste!

Und als ob das nicht reichen wuerde, hatte Toni nach der Wahl fuer den Senat auch noch den Clyve (sprich: Kleif) an der Backe, der als erstes das CO2-Abschaffungs-Gesetz blockierte.
Zum besseren Verstaendnis des Australischen Parlamentarismus: Clyve war mal ein Parteifreund von Toni, ist jetzt aber der Chef einer Zuenglein-an-der-Waage-Partei. So kanns kommen wenn man Leute rausekelt.

Waehrend dieses parlamentarischen Dramas ist in der Ukraine MH17 abgestuerzt, mit mehr als 20 Australiern an Bord! Die Trauer der Angehoerigen kann hier unten jeder nachfuehlen. Wir fliegen schliesslich dauernd in der Welt herum. Haette jeden von uns treffen koennen. Scheisse. (Das meine ich jetzt mal ernst.)

Dieser Flugzeugabsturz war aber fuer Toni ein Geschenk des Himmels, dass er auch sofort auspackte und als PM Australiens den Putin anrief. Da im Kreml aber gerade Nacht war, hat Putin erst nach sechs Stunden verschlafen den Hoerer abgenommen. Der Inhalt des Gespraechs wurde von den beteiligten Staatsmaennern unterschiedlich wiedergegeben. Naja, wie das so ist in der Diplomatie.

Der Putin habe zwar viel Richtiges versprochen, sagte Toni im Fernsehen, aber ob der sich auch daran halten wird....

Wegen dieser Unsicherheit hat der PM auch sofort seine Aussenministerin Julia nach New York losgeschickt. Die hat dann als Vorsitzende des Weltsicherheitsrats eine knallharte Resolution durchgesetzt, dass naemlich der Absturz vollstaendig aufgeklaert werden muesse. Dem hat sich sogar Russland gebeugt. So isse, die Julia. Immer tough (sprich: taff).

Das alles hat dem Toni aber nicht gereicht. Darum hat er den Obama angerufen und gefragt, ob den Putin nicht pro Tag mindestens einmal kraeftig anbellen koennte. Klar, nur zu, sagte Obama.
Der kann derzeit naemlich den Putin nicht so richtig hauen, weil die Merkel ihm die Haende verbunden hat, wegen dem Erdgas, was die EU braucht und ueberhaupt.

Die Merkel kann dem Toni aber gar nichts sagen, einmal weil sie gar nicht katholisch ist, aber auch weil Toni selber genug Erdgas hat.

Und so kommt es, dass Toni jetzt anbellen kann wen er will und was er will. Er darf sogar die Merkel aergern. Hat er noch nicht gemacht, duerfte er aber.

Seine letzte grosse Tat, die manche Australier begeistert, ist die Entsendung von 50 australischen Streifenpolizisten nach Europa, die die Absturzstelle in der Ukraine absperren sollen. Derzeit warten die australische Armee noch auf ihren Einsatzbefehl, weil die Polizisten in der Ukraine natuerlich ein militaerisches back-up brauchen. Ganz soweit ist es aber noch nicht, heisst es aus Tonis Umgebung.

Derweil ist Julia nach New York geflogen. (Fuer geografisch interesssiert: ob Julia rechtsrum nach New York fliegt, oder linksrum nimmt sich nichts.)
Dort wollte sie eigentlich dem Putin mit ner neuen Resolutionen einheizen. Aber das muss mal warten. Vorher muss sie nach Kiew, um die bevorstehende Landung der australischen Fallschirmspringer abzusprechen.
Das ist der derzeitig Stand. Wir beobachten weiter.

Schnell noch ein paar Details von Tonis Heimatfront.

Wegen seines MH17-Krisenmanagements fuer Europa hatte er eine gute Ausrede, seine pazifischen Kollegen nicht zu treffen. Die Indonesen haette ihm ohnehin nur Vorwuerfe gemacht, und die von Tonga usw. haetten ihm nur wieder Bilder von ueberspuelten Inseln gezeigt.
Toni will sich dieses Gelaber aber nicht mehr anhoeren. Als Staatsmann muss er das auch nicht.

Wenn nur der Clyve nicht waere. Der Abschaffung der CO2-Steuer hat Clyve nach langem hin und her zwar zugestimmt, allem anderen aber nicht. Toni wollte naemlich das fehlende CO2-Geld bei Rentnern, Schulen, Unis, Kranken etc. wieder einsammeln. Das Zeitalter der Ansprueche an den Staat sei naemlich vorbei hatte Joe, Toni's Finanzer, verkuendet. Clyve sieht das aber anders und jetzt fehlt der Regierung viel Geld.


Langer Rede kurzer Sinn: Toni hat es geschafft, dass Australier nach 60.000 Jahren unfreiwilliger Isolation endlich im Licht der Weltoeffentlichkeit glaenzen koennen. Niemand kann uns mehr mit den Erfindern der Mehlspeise verwechseln!

"Hoch lebe Toni!"

Wer schreit denn da schon wieder? Achso, der Rupert, der Murdoch. Toni's Presseonkel. Der hat naemlich mal in Australien jahrelang keine Steuern fuer seine x-Fernsehkanaele und Zeitungen bezahlt aber da kam der Toni.... aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden