Freiheit! Schimpansen ziehen vor Gericht!

Tiere als Personen. Hercules und Leo klagen gegen ihre Haft in der NY Uni und haben einen ersten Erfolg: Ihre Klage wurde zugelassen. Daraus folgt "habeus corpus" gilt auch fuer Schimpansen!

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Writ of habeus corpus ("hat einen Koerper") ist ein alter angelsaechsischer Rechtsgrundsatz, der jeder inhaftierten Person garantiert, dass die Gruende fuer den Freiheitsentzug von einem Richter gepruefen werden.

Die Zulassung einer solchen Klage bedeutet juristisch, dass die beiden Schimpansen, vertreten durch ihre Rechtsanwaelte, Personen sind, sonst haetten sie kein Recht zu klagen! Die Richterin hat diese Interpretation Ihrer Entscheidung zwar nach wenigen Stunden explizit ausgeschlossen. Ob dieser Rueckzieher rechtlich moeglich ist, scheint umstritten.

Schimpansen in NY sind somit erstmalig "Subjekte" des Rechts und keine "Sache", fuer die der Eigentuemer rechtlich zustaendig ist.

Um das Revolutionaere dieser Entscheidung zu sehen, sind historische Beispiele vielleicht hilfreich.

In manchen Gegenden der Welt gilt ein Sklave bis heute als "Sache", mit der ein Eigentuemer machen kann, was er will. Aehnliches galt und gilt fuer Leibeigene, Hintersassen, auslaendische Arbeitskraefte etc. Dass Ehefrauen und "leibliche" Kinder kein Eigentum des jeweiligen Familienvaters sind, hat sich auch noch nicht weltweit herumgesprochen.

Leo und Hercules klagen gegen die Universitaet New York, die sie in Kaefigen gefangen haelt. Die beiden Jungs moechten in ein Reservat in Florida umziehen, um dort mit anderen Schimpansen "wild" zu leben.

Dieses Ansinnen trift natuerlich auf den Widerstand aller wissenschaftlichen Schimps-Versteher, die ihren Wissensdrang, ihre Karriere und ihre Forschungsprojekte fuer Big-Pharma oder Big-Beauty bedroht sehen.

Leo und Hercules sind natuerlich nur Praezedenzfaelle, um demnaechst aehnliche Persoenlichkeitsrechte fuer alle Primaten, fuer Wale, Dolphine und Elefanten einzuklagen. (Hunde- und Katzen-Eigentuemer koennen jetzt wieder durchatmen :). Diese Tierarten sind mit menschlichen Jaegern und Sammlern vergleichbar, argumentieren die Tier-Juristen, und koennen ihre sozialen Angelegeheiten selbst regeln. Es gibt keinen Grund sie einzusperren.

Diese Ueberlegung ist grundsaetzlich einzusehen, doch ganz soweit sind die Juristen noch nicht.

Dennoch, in New York wurde ein Paradigmen-Wechsel in den Tier-Mensch-Beziehungen eingeleitet.

Menschen-Tiere koennen nicht laenger jedes andere Tier bedenkenlos einsperren oder gar umbringen. Es reicht auch nicht, Tieren grosszuegigerweise ein moeglichst "artgerechtes Leben" zu ermoeglichen. Tiere sind vielmehr Subjekte, Personen, die das Recht haben, so zu leben, wie es ihre Art ist. Tiere fuer menschlichen Zwecke "einzuspannen" ist Missbrauch.

Natuerlich koennen auch Menschen-Tiere beanspruchen, auf ihre Art zu leben. Die Abgrenzung zur Lebensart anderer Tiere kann aber nicht mehr einseitig und mit Gewalt durchgesetzt werden, sondern nur durch Ausgleich und Anpassung. Vor allem die Menschen-Tiere muessen das neu lernen.

Das Prinzip der menschlichen Nichteinmischung in die Lebensweise anderer Tieren, wirft auch die grundsaetzliche Frage auf: warum eigentlich nur Tiere? Warum soll nicht alles Leben vor menschlicher Beeintraechtigung geschuetzt werden?

Damit sind wir beim religioesen Aspekt des Themas "nicht-menschliche Personen".

In archaischen Gesellschaften geniessen einzelne Tier- und Pflanzen-Arten oft goettliche Verehrung. Damit sind sie Menschen weit ueberlegen und werden entsprechend behandelt.

Die abrahamitischen Religionen betonen dagegen die herausragende Stellung der Menschen-Tiere, die sich den gesamten "Rest" der Welt unterwerfen duerfen. Das fuehrt seit 2500 Jahren zu anthropozentrischem Egoismus und Hochmut, zur Ausrottung und zum massenhaftem Missbrauch anderer Lebensformen.

Im Buddhismus, der etwa gleichzeitig mit Abraham erfunden wurde, wird alles Leben geschaetzt, besonders Tiere weil die, vergleichbar dem Menschen, "Empfindungen" haben.

Die Welt wird aber nicht von indigenen Voelkern oder Buddhisten beherrscht, sonden von Abrahamiten und ihren diversen Sekten. Nur wenn Leo und Hercules juristisch als Personen anerkannt wurden, haben sie eine Chance, sich gegen ihre "sebstverstaendliche" Beherrschung durch Juden, Christen und Muslime rechtlich zu wehren.

Vielleicht werden Hercules und Leo eines Tages mythologisch aehnlich bedeutsam sein wie Adam und Eva.

Letztere haben die Menschen-Tiere aus ihrer paradiesisch-dummen Abhaengigkeit befreit.

Die beiden Schimps koennten alle anderen Tiere von menschlicher Willkuer befreien.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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