Nach der Wahl ist vor dem Desaster

quo vadis USA? Die Clintons ziehen wieder ins Weisse Haus. Sie ins ovale Büro, er ins Spielzimmer. Und dann? Untergang der USA? Bernie S. wird Aussenminister? Trump verschwindet?

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Ob eine US-Praesidentin oder ein US-Praesident eingeschworen wird, der Hass auf das Establishment wird bleiben. Das ist sicher.

Den Hass auf "die da oben", haben namlich nicht Kampagnen-Manager erfunden. Der Hass ist real. Sonst waere Trump nicht so erfolgreich gewesen. Er hat die sprachlose Wut der Verlierer des US-Kapitalismus in seine Wahlkampf Arenen gebruellt.
Sein Trick war es, die linke Kapitalismus-Kritik ruecksichtslos und grobschlaechtig in die "rechten Ecke" zu zerren. Der irrationale, rassistische Hass auf "die da oben" wurde so zum neuen National-Gefuehl von "Middle America".

Die Konsequenzen sind unabsehbar, denn es gibt nicht nur einen Trump in den USA, sondern viele. Alle nutzen die Verarmung und Benachteiligung grosser Teile der Bevoelkerung, um irrationale Parolen wie fast-food auszuteilen.

Der ehemalige australische Aussenminisiter Bob Carr hat die nationalistischen Loesungangebote der vielen kleinen Trumps in der US-Provinz eindringlich beschrieben.

Ob daraus ein "Marsch in den Faschismus" wird, vor dem Mark Trifitt in "The Conversation" eindringlich warnt, ist umstritten, wie auch die Diskussion zu Triffitts Artikel zeigt.

Die heutige Situation aehnelt allerdings der "Great Depression" in den 30er Jahren, die auch in den USA faschistische Bewegungen verstaerkte.

Roosevelt's "New Deal", hatte zwar die damalige Krise durch Investionen in die Infrastruktur und bessere Sozialleistungen entschaerft.

Roosevelts Innenpolitik hatte allerdings, wie Wolfgang Schivelbusch vor einige Jahren im Detail nachgewiesen hat, Aehnlichenkeiten mit dem europaeischen Faschismus. Insbesondere der Nationalsozialismus, der in Deutschland aehnliche Konzepte (u.a. Autobahnen, Arbeitsfront, Aufruestung) umsetzte, war vom "New Deal" begeistert. Roosevelt schwaermte eher fuer Mussolini : "I am keeping in fairly close touch with that admirable Italian gentleman", sagte FDR einem Journalisten.

Gluecklicherweisel kann Clinton keinen "New Deal" durchsetzen. Trump in der Rolle des "Duce" waere eher denkbar - in Hollywood.

Wahrscheinlicher als eine US-faschistische Bewegung ist ein militanter Regionalismus, wie ihn Carr beschreibt, wuetende Provinzpolitiker die eine "Entmachtung" Washington fordern. Daraus koennten u.a. regionale Buergerkriege gegen die Institutionen des Zentralstaats entstehen oder Aufstaende der "havenots"-Sansculotte gegen die Geld-Aristokratie der "haves".

Verstaerkend wirken die bigotten Anhaenger der tea-party , die dem anti-foederalen Impuls zweifellos ihren Segen geben werden.

Ist das eine realistisches Szenario?

Drei Gruende.

1. Die USA haben eine lange Tradition der Gesetzlosigkeit, die von mythischen Helden wie Wyatt Erp Mittags um zwoelf nur im Kino beendet wird. In der Realitaet ist die Gewalt 24/7 allgegenwaertig. Bisher wurde die ueberwiegend farbige Unterschicht mit Waffengewalt und drakonischen Strafen in Schach gehalten.
Jetzt haben auch die Mittelschichten die Nase voll und ausser ihren Kreditkarten-Schulden nichts mehr zu verlieren.

Business as usual wird zunehmend unmoeglich.

2. In den USA sind (fast) alle Buerger bewaffnet. Und vielerorts gibt es traditionelle "militias", in denen rechtschaffene Buerger fuer "Recht und Ordnung" kaempfen. Militias, die das Minimum an foerderaler Einflussnahme bereits als Zumutung und Einmischung empfinden und mit Waffen und bekaempfen. Dabei gibt es immer wieder Tote ohne strafrechtliche Konsequenzen.

3. Natuerlich gibt es auch den USA eine Zivilgesellschaft, die vernehmbar von den grass-roots her, politische Veraenderung fordert. Typisch dafuer war Bernie Sanders, der einen begeisternden aber erfolgloser Wahlkampf fuehrte.
Die USA sind eben ein grosses Land und ausserhalb der Grosstaedte im Osten und West bestimmt ein rechtes Ressentiment das politische Klima.

Wahrscheinlicher als eine aufklaererische Revitalisierung der US-Institutionen ist also eine isolationistische Bauchnabelschau und langsame Erosion der Institutionen. Verbunden mit lokale Buergerkriegen, koennte das foederale System der USA sehr bald gelaehmt werden und die USA als handlungsfaehige Weltmacht waere passé.

Keine erfreuliche Aussicht, doch besser als ein US-Faschismus, der ruecksichtslos seine oekonomische und militaerische Macht weltweit einsetzen koennte.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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