Rueckblick:Vier Tage, die die Welt veraendern

Die Snowden-Krise Meinungsumfrage zur Bundestagswahl am 22. Maerz 2018: CDU/CSU 66%, AfD 22%, SPD/Linke 10%. Merkel-Stabiltaet! Vor vier Jahren war's noch ganz anders. Wir erinnern uns.

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November 2013. Seit den Sommermonaten erschuetterte der NSA-Skandal die Welt. In Deutschland wurde selbst das damals hochmoderne Handy der Bundeskanzlerin vom amerikanischen Geheimdienst NSA angezapft. Ein junger Amerikaner aber, Edward Snowden, hatte diese Ueberwachung und andere Aktivitaeten der NSA ueberall auf der Welt publik gemacht.
In Deutschland wollte ein Untersuchungsausschuss des frisch gewaehlten Parlaments die Machenschaften der NSA aufklaeren. Und der Hauptzeuge sollte natuerlich Edward Snowden sein. Aber der war unbekannt verzogen, war irgendwo in Russland, hiess es.

Zuerst glaubten viele an einen Medien-Scherz, als ein Foto von Edward Snowden zusammen mit dem Gruene Abgeordneten Stroebele durch die internationale Presse geisterte. Snowden wuerde nach Berlin kommen und vor dem Ausschuss aussagen, sagte Stroebele vor der Presse. Und dann kam Snowden tatsaechlich nach Berlin, mit allen Zusicherungen, die ein demokratisches Parlament, die hoechsten deutschen Gerichte und die Regierung der Bundesrepublik Deutschland ihm bieten konnten.

Es war bitterkalt in Berlin an jenem Montag, dem 19.Dezember 2013.
Medien aus aller Welt warteten seit zwei Stunden darauf, dass Edward Snowden nach seiner ersten Befragung vor dem parlamentarischen NSA-Untersuchungs Ausschuss aus dem Reichstag kommen wuerde.
Kameraleute waermten sich die Haende, die Journalisten hatten die Mikrofone auf die Transportkisten gelegt und in den Uebertragungswagen gabs kalte Pizza. Wie immer im Leben der Journalisten, warten, warten, warten. Langweilig.

Und dann waren sie ploetzlich da. Einige Kommandos waren durch die Kanalisation gerobbt, Spezialeinheiten sprangen aus Helikoptern oder seilten sich ab, ein Panzer rammte einen Pfeiler des Brandenburger Tors, aus allen Seitenstrassen rueckten sie vor.
Es war wie in den alten Zeiten. Die Demokraten sassen in der Falle, Fernseh-crews waren live dabei, alle eingekesselt von Soldaten. Nur diesmal waren es keine Russen, sondern die US-Army. Und dann oeffnete sich eine Gasse und General Alexander in Paradeuniform, stieg ganz allein und nur mit einem Colt in der Hand, die Stufen des Reichstages hinauf. Show down. Der US-Presseprecher sagte vor laufenden Kameras Gen. Alexander wolle seinen fahnenfluechtigen Mitarbeiter persoenlich festnehmen.

Dieses Vorhaben scheiterte allerdings an den Saalordnern des deutschen Bundestages. Da der General seine Pistole nicht abgeben wollte, wurde er von einigen Ordnern kurzer Hand in der Damentoilette neben dem Eingang eingeschlossen.

Die Konfrontation zwischen den demokratisch und frei gewaehlten Abgeordneten und der US-Armee dauert vier kalte Tage lang. Und haette noch laenger dauern koennen, haette nicht die alte und neue Bundeskanzlerin im Hintergrund an einer alternativlosen Loesung gearbeitet. Aber das wusste zu der Zeit niemand.

Am zweiten Tag der Belagerung fraternisierten sich einige der Journalisten mit den Soldaten. Erste kritische Kommentare zum Verhalten der Parlamentarier erschienen in der Welt und der Zeit.
Eine Forsa Umfrage ergab, dass 64% der Deutschen die sofortige Abschiebung von Snowden begruessen wuerden. Die ARD hat geringfuegig andere Zahlen, doch in der Frage Snowden oder die USA waren die Demoskopen einer Meinung: die Deutschen, vor allem die WestBerliner, die sich an die Luftbruecke erinnerten und an Kennedy, der mal ein Berliner gewesen war votierten ueberwaeltigend fuer unsere transatlantischen Freunde und gegen den Verraeter.
Die Stimmung in Deutschland war umgeschlagen.

In vielen deutschen Staedten gab es pro-amerikanische Demonstrationen.
Nachts wurde nur noch vereinzelt "Ami go home" an Haeuserwaender geschmiert. Die Polizei wartete ab.

Das Sicherheitskabinett der nagelneuen Koalition tagte permanent, konnte sich aber auf nichts einigen.

Die Lage schien voellig verfahren, vor allem am Reichstag.
General Alexander sass immer noch hungernd im Damenklo rechts neben dem Eingang, waehrend drei Stockwerke hoeher Edward Snowden, seine Rechtsbeistaenden und Herr Stroebele in einem ungeheizten Buero ausharrten.

Das Bundesverfassungsgericht hatte zwar in einer Eilentscheidung entschieden, dass die Belagerung auf Grund internationaler Vertraege rechtmaessig sei, solange die Bannmeile des deutschen Parlaments nicht ueberschritten wuerde. Pacta sunt servanda, hatte Herr Vosskuhl betont. Dennoch beharrten SPD, Gruene und einige Abgeordnete der CDU darauf, die Zusagen an Herrn Snowden einzuhalten.

Und dann kam die Loesung. In einer der ueberraschendsten Wendungen ihrer Laufbahn sagte Frau Bundeskanzlerin am Ende ihrer Weihnachtsansprache den erloesenden Satz: "Herr Snowden ist heute morgen mit einem Flugzeug der deutschen Bundesregierung nach New York abgeflogen."

Der nationale Jubel in Deutschland war unbeschreiblich. Fahnen jeder Groesse wurden geschenkt. Amerikaner und Amerikanerinnen wurden von wildfremden Deutschen abgekuesst. Ein Meer aus Schwarz-Rot-Gold und Schwarz-Weiss-Rot soweit das Auge reichte. In einer Forsa Telefonbefragung vom ersten Weihnachtstag begruessten mehr als 70% der Deutschen, die Entscheidung der Bundeskanzlerin.

Von den SPD-Mitgliedern waren allerdings nur 20% mit der Abschiebung von Snowden einverstanden. Nach hektischen Sitzungen des SPD-Parteivorstandes wurde daraufhin der gerade erst unterschriebene Koalitionsvertrag aufgekuendigt. Eine folgenschwere Fehlentscheidung wie sich schnell zeigen sollte. Die CDU draengte naemlich so energisch auf Neuwahlen, dass der Herr Bundespraesident letztendlich zustimmen musste.

Das Ergebnis der Wahl im Maerz 2014 hat die Republik bekanntlich voellig veraendert.
Und so begann vor 4 Jahren die Merkel-Stabilitaet: Eine Zweidrittel-Mehrheits-Partei als Regierung, die AfD als Opposition von Rechts und eine ewig quengelnde linke Opposition von SPD und Linke, die beide die 5% Huerde knapp uebersprangen. Die Gruenen hatten durch Stroebel jede Glaubwuerdigkeit verloren und waren daher zu Recht nicht mehr im Bundestag vertreten.

Ein knappe Erinnerung an die Erfolge der vergangenen Jahre.

2015. Die Erhoehung der parlamentarischen Huerde von 5% auf 10%, schaffte auch zukuenftig klare Verhaeltnisse im Parlament.

2016. Der Vereinigungsparteitag von SPD und Linken waehlte mit grosser Mehrheit Heinrich Karjauke, den Chef des Arbeitsargentur Berlin Hellersdorf-Nord, als Vorsitzenden.

Anfang 2017. Nach jahrelanger Vollbeschaeftigung war Hartz IV ueberfluessig geworden. Das neue Hartz IX halbiert die ehemaligen Saetze. "Wer nicht arbeiten will, braucht auch kein Geld", schrieb die Welt.

Ende 2017. Das Ifo-Institut errechnete, dass der Dax-Index in den vergangenen Jahren alle 16,5 Monate eine Verdopplung erfahren hatte.

Das damalige Entgegenkommen der Bundesregierung hatte die USA uebrigens veranlasst, jeweils 100 Milliarden frisch gedruckter US-Dollar an Griechenland, Spanien und Italien auszuschuetten. Damit waren die aergerlichen deutschen Verbindlichkeiten aus den Zeiten der Euro-Krise endlich aus der Welt. Ein weiterer Pluspunkt fuer die Kanzlerin.

Und last but not least hat die Lieferung von 2000 deutschen Panzern und Schuetzenpanzern an die USA und ihre Verbuendete in aller Welt 20.000 deutsche Arbeitsplaetze langfristig gesichert.

Weitere 4 Jahre Merkel-Stabilitaet ist den Deutschen von Herzen zu wuenschen.

Und Snowden? Keine Ahnung was der jetzt macht. Selbst Google weiss nichts mehr von diesem Herrn.

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Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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