Zwischen Teufel und Beelzebub waehlen?

Linke ratlos. Das Wahlergebnis in Frankreich hat die Moeglichkeiten linker Politik schonungslos offen gelegt: Es gibt sie nicht.

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Unter dem Titel: "Europa für Friedfertige" hat Michael Jaeger im Papier-Freitag 17/17 die Konsequenzen der Wahl in Frankreich analysiert. Da der Beitrag online (noch) nicht zugaenglich ist, moechte ich MJ auf diesem Wege widersprechen.

Der Untertitel des Beitrage macht den Trugschluss des Artikel deutlich:
"Aufgabe. Wenn die Linke Europa nicht aufs Spiel setzen will, muss sie die Staatengemeinschaft gegen Schäuble & Co. verteidigen."

Beides ist m.E. unzutreffend.

1. "Europa" ist mit der sogenannten "Staatengemeinschaft" von Schaeuble & Co. identisch. Da gibt's schon lange nichts mehr zu verteidigen.

2. "Europa" kann man nicht mehr aufs Spiel setzen. Es wurde laengst "verspielt", feiner gesagt: neo-konservativ privatisiert.

Gut, man kann meine Kritik bestreiten, und an der idealisierten "Idee des geeinten Europa" festhalten. Aber das hat seinen Preis, den ich an zwei Zitaten des Artikels festmachen will.

Erstens.

"Nein zu Marine Le Pen, Nein auch zu Emmanuel Macron, dem Neoliberalen! Das Dilemma verdient unsere Sympathie. „Häng dich oder häng dich nicht, du wirst beides bereuen“, hat Kierkegaard gesagt. Aber gewählt werden muss am 7. Mai so oder so. Das unterscheidet die Politik von der Philosophie."

Wenn es fuer linke Leute nichts zu waehlen gibt, warum muss man dann waehlen? Das erfordere die Politik, meint Jaeger.
Auch Nicht-Waehlen ist Politik, oder? Zudem eine Politik fuer die man sich nicht verbiegen muss. Anders als Sanders in den USA hat sich Melanchon jeder Empfehlung enthalten. Gut so.
Wenn die Linke mal wieder eine Niederlage erlebt hat, ist das eine Niederlage. Daran zu deuteln ist Selbstbetrug. Ja, linke Politik hat unter den gegenwaertigen gesellschaftlichen Verhaeltnissen keine Mehrheit. Punkt.

Zweitens.

"Aber die EU ist das Projekt, das Europa den Frieden gebracht hat. Seitdem europäische Staaten zur Union vereinigt sind, führen sie nicht mehr Krieg gegeneinander, wie es jahrhundertelang üblich war, zuletzt mit dem schrecklichen Höhepunkt zweier Weltkriege."

Diese Festellung ist so falsch wie sie einleuchtend scheint.
Den Frieden zwischen den Staaten Europas hat der Kalte Krieg erzwungen. USA wie SU haben die bedingungslose Unterordnung der europaeischen Staaten unter ihre Kriegsziele durchgesetzt. Abweichungen von dieser "Solidaritaet" waren sehr enge Grenzen gesetzt.

Die zwischen-staatliche Zusammenarbeit in West- und Osteuropa hatte fast ausschliesslich wirtschaftliche Gruende. Die alten Kuerzel EWG und RGW machen das ueberdeutlich. Alles andere ist rhethorische Tuenche.

Kein Krieg in Europa nach dem WW2? Das ist Ideologie. In der CSSR, in Polen oder auf dem Balkan haben die jeweiligen hegomonialen Maechte mit taetiger Hilfe ihrer europaeischen Verbuendeten Kriege gefuehrt.

Schlussbemerkung:

Nach dem Sieg ueber den oestlichen Hegomon hat die Neo-konservative Politik der USA die Linke in Europa zerbroeselt. (Dafuer gibt es viele Ursachen) Jedes Aufmucken der Linken, in Griechenland, in Spanien, in Italien oder Deutschland wurde und wird sehr schnell erstickt. Nicht zuletzt durch Wahlen, die inzwischen nur noch den Konservativen nuetzen.

P.S. Ich weiss natuerlich, dass es "die Linke" an und fuer sich nicht gibt. Allerdings kann ich keine der linken Fraktionen erkennen, die irgendwie mehrheitsfaehig waere.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Aussie42

Mauerberliner(West) bis 1996, 10 Jahre meditieren in Indien bis 2010, jetzt in Australien. Deutschland weit weg.

Aussie42

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