Kein Aufschrei

Hamburg und Köln Die massenhaften Übergriffe an Frauen in Hamburg, Stuttgart und Köln lösen Stirnrunzeln aus. Was nun?

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Da wurde nun schon der ein oder andere Aufschrei gefordert und im gleichen Moment verhalt dieser weitestgehend. Was müssen wir machen, damit ein Aufschrei nicht von den Demagogen missbraucht wird?

Im Büro-Flur wird nur über die massenhafte Belästigung von Frauen am Kölner Hauptbahnhof und der Hamburger Reeperbahn geflüstert. Einige mit dem betroffenen Nicken: "Das war ja nur eine Frage der Zeit".

Das Netz, sonst Katalysator für alles und nichts, umgeht die Thematik und PolitikerInnen blicken in Kameras, als wäre ihnen das erste Mal die Stimme weggeblieben.

Richtig, wir sind es bei aller political correctness nicht mehr gewöhnt laut über Konflikte und Sachverhalte zu diskutieren, die Veränderungen unserer Gesellschaft mit sich bringen. Zu sehr haben selbst prominente Persönlichkeiten Bange, sich öffentlich kritisch über aktuelle und politisch-gesellschaftliche Herausforderungen zu äußern. Ein Beispiel im Götz Alsmann Interview in der Zeit (01/16) wo über die Ereignisse in Hamburg und Köln noch kaum etwas bekannt war.

Doch genau diese Diskussion muss geführt werden, wenn Integration, Gleichberechtigung, oder besser: das Zusammenspiel der verschiedenen Gesellschaften in unserem Land funktionieren soll. Das Feld wieder den Konservativen und Rechtspopulisten zu überlassen, ist genau jetzt, das falscheste.

Natürlich sind diese Vorkommnisse keine Straftaten die von "Flüchtlingen" verübt wurden. Es sind auch keine Misshandlungen die von Männern an Frauen verübt wurden. Keine Gruppe allgemein, kann dafür verantwortlich gemacht werden, dass einige Menschen die Rechte aller in unserer Gesellschaft nicht wahrnehmen (wollen). Vielmehr liegt es an uns, unsere Werte zu verteidigen, zu leben und öffentlich die an den Pranger zu stellen, die sich gegen die Gleichheit aller und gegen die Menschenwürde aller aussprechen. Wir alle müssen uns tagtäglich integrieren und klar definieren, wo unsere Grenzen liegen und welche Möglichkeiten wir selbst schaffen wollen, um unseren Mitmenschen ein besseres Miteinander zu ermöglichen. Wut hat noch nie die richtigen Antworten gegeben. Pauschale Verurteilung hat noch nie, die belehrt, auf die wir in Zukunft bauen wollen. Menschen die sich in ihrem Handeln auf Traditionen berufen, vergessen allzu gerne, dass Tradition nichts stabiles ist, von Änderungen gezeichnet wird und durch alle Einflüsse zu dem wird, was uns heute als gewohnt erscheint. Deshalb ist ein Aufschrei jetzt wichtig, aber nicht mit dem Gedankengut des Ausschlusses, sondern mit dem verbindenden Muster der Kommunikation.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martinus Oktobre

Moral, Moral ist wer moralisch ist, versteht er?

Martinus Oktobre

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