Palästina Tage im Münchner Gasteig

Filmkritik „Route 181 - Fragmente einer Reise in Palästina/Israel“. Teil 1 „Der Süden“, gibt einen eindrucksvollen Einblick in die Situation des Nahost-Konflikts

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Der Konflikt zwischen Israel und Palästina ist fast täglicher Bestandteil unserer Nachrichtensendungen. Wir sehen Siedlungen der Israelis welche sich ausbreiten, palästinensische Attentate, israelische Angriffe und Politiker aller Herrenländer, die sich überbieten in Forderungen um Frieden und dem Betonen des Existenzrechts des Einen oder Anderen. Die, die wir kaum hören, sind die Menschen die dort wohnten, leben und leiden. Zu selten sehen wir sie in ihrer alltäglichen Umgebung, in in ihren Gedanken, Ängsten und Hoffen.

Die alljährliche Veranstaltungsreihe Palästina Tage gastierte auch in diesem Jahr im Münchner Gasteig. Ein Teil dieser Veranstaltungsreihe zeigte den 1.Teil der Dokumentationsserie “Route 181 - Fragmente einer Reise in Palästina/Israel“ der beiden Regisseure Eyal Sivan(Israel) und Michel Khleifi (Palästina). Beide begaben sich im Jahr 2002 entlang der imaginären Route 181. Diese Route bezeichnet, die mit der UNO-Resolution 181 vom 29.11.1947 beschlossene Teilungslinie, die den Palästinensern 52% ihres Landes hätte enteignen sollen. International abgesegnet, doch ohne Zustimmung der Palästinenser, spitzte sich die Lage in den 60er Jahren zum Nah-Ost Krieg zu. Der erste Teil der Dokumentation führt von der Hafenstadt Ashdod zu den Grenzen des Gaza-Streifens.

Es ist ein eindrucksvoller Film eines absurden Zustandes, des gegenseitigen Misstrauens und voller Vorurteile. Eingangs werden zwei aus Marokko zugereiste israelische Bauherren gefragt, warum sie keine Araber einstellen. Die Antwort ist eine Explosion direkt zum Auftakt: „Ein Chinese arbeitet mehr, als fünf Araber… Diese Tiere sind nutzlos“. Im weiteren Verlauf der Dokumentation führt uns der Weg vorbei an ehemalige palästinische Dörfer, die nun hebräische Namen tragen. An den Straßen hängen Schilder, die nur einen Weg zum Frieden versprechen: „Vertreibung“. Es kommt ein, aus dem fernen Irak zugereister israelischer Mann zu Wort. Er kann nichts finden, gegen die Araber. Sie haben ihm nichts getan, doch die großen Herren können sich nicht mehr die Hände reichen. Dafür ist es zu spät. Eine der wenigen verbliebenen palästinensischen Bewohner, eine ältere Frau, sitzt auf ihrem Plastikstuhl, schaut in ihrem Garten und sagt: „Heute morgen noch, habe ich zwei streitende Israelis versöhnt und jetzt beschließen sie, mich aus dem Haus zu jagen.“

Die Situation ist eine Einbahnstraße, vielleicht sogar eine Sackgasse. So recht weiß es keiner. Am wenigsten die Menschen, die in der brütenden Hitze um Wasser, Land und Häuser streiten. Dabei macht der Film eines deutlich. Das Problem besteht nicht zwischen zwei kulturellen Gruppen, das Problem besteht nicht zwischen zwei verfeindeten religiösen Lagern, das Problem besteht zwischen Besatzer und Besetzten. Aus der Notwendigkeit, keine Grenze für die eigenen Bedürfnisse zu finden und dem verloren Hab und Gut, ist der größte Konflikt unserer Nachkriegsgeschichte erwachsen. Über eine 100 Jahre andauernde Besatzung, aus Krieg, Misstrauen und Ausbeutung, ist nichts anderes als eine endlose Tragödie entstanden.

Die Vertreter des Palästina Komitees München haben diesen Film in ihr Programm aufgenommen, weil sie in dem mikroperspektivischen Ansatz Hoffnung sehen. Aus den Äußerungen in der Dokumentation geht hervor, wie sehr diese Vorurteile und diese Verschiedenheiten konstruiert sind, so die Organisatoren. Konstruktionen sind künstliche Strukturen, die sich abbauen lassen. Die Zuschauer schauen leer und auch ein wenig verwundert. Die Hoffnung scheint bei ihnen nicht anzukommen.

/Users/martinpockrandt/Desktop/Unknown.jpegRoute 181 - Fragmente einer Reise in Palästina-Israel. Co-Director: Eyal Sivan. Writer: Michel Khleifi, Eyal Sivan. Kamera: Phillipe Bellaiche. Ton: Richard Verthe. Drehbuch: Michel Khleifi, Eyal Sivan. Produktion: Momento!, Sourat Films. Prouzenten: Michael Khleifi, Eyal Sivan. Länge: 85min. Verleih: Mec Film.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Martinus Oktobre

Moral, Moral ist wer moralisch ist, versteht er?

Martinus Oktobre

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