Majestätisch grüßt Klaus Wowereit

Based in Berlin II Der gemeinsame Nenner der Künstler und Exponate von "Based in Berlin"? Neben dem Standort allenfalls die kulturpolitische Kontroverse um die Leistungsschau

In Berlin macht man Kulturräume aus Ruinen. So dienen die leerstehenden Atelierhäuser des Monbijouparks nun als Hauptausstellungsort für Klaus Wowereits Sommer-Blockbuster Ausstellung Based in Berlin. Meint wohl, dass jeder Künstler seinen Lebensmittelpunkt in Berlin haben soll – daneben gibt es kaum konzeptuelle Überlegungen, die die Sammlung von nebulösen Werken inhaltlich untermauern.

Das vom Berliner Senat beauftragte Kuratorenteam – Angelique Campens, Fredi Fischli, Magdalena Magiera, Jakob Schillinger und Scott Cameron Weaver – hat die Kunstszene Berlins in den letzten Monaten erforscht und rund 80 Künstler ausgewählt. Nicht nur neue, sondern auch etablierte Namen wie Klara Lidén, Nina Canell und Petrit Halilaj sind einbezogen, sowie Danh Vo, Kitty Kraus und Cyprien Gaillard, die alle für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst 2011 nominiert sind.

Grundlegende Tendenzen gibt es bei Based in Berlin nicht. Im Zweifelsfall greifen Künstlern zu den kulturpolitischen Kontroversen, die von Anfang an diese Leistungsschau geprägt haben. Clegg und Guttmanns majestätisches Fotoporträt von Klaus Wowereit, das in der leeren 4. Etage der Kunst-Werke hängt, wirkt zum Beispiel wie ein Protest gegen den angedeuteten Leistungsdruck. Auch das Künstler-Duo Jay Chung und Q Takeki Maeda thematisiert Wowereits Bildpolitik, wobei die politische Karriere Klaus Wowereits mit der narrativen Logik von Deutschland sucht den Superstar verglichen wird.

Im Glanze güldner BMW-Imitate

Dass die Atelierhäuser des Monbijouparks kurz vor ihrem Abriss stehen, ist keinem Kritiker entgangen. So hat Mandla Reuter mit Nothing to see, nothing to hide mit dem Abbau bereits angefangen, wobei er die komplette Fensterfront einer der Fassaden der Atelierhäuser herausgerissen und als Kunstwerk im n.b.k. wieder aufgebaut hat. In diesem Sinne ist Reuters Nothing to see, nothing to hide, das den herumkreisenden kulturpolitischen Diskurs direkt in Angriff nimmt, zynisch kalkuliert.

Weg von den offiziellen Ausstellungsorten hat der kanadische Künstler Jeremy Shaw Filmplakate für Christiane F: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo in verschiedenen Sprachen rundum in der Stadt platziert. Shaws Plakate machen die grundlegende Veränderung der Stadt Berlin, in der die Ökonomisierung der Kultur in vollem Gange ist, umso mehr deutlich.

Zurück im Hauptausstellungsort glänzen Oliver Larics drei silberne chinesische BMW X5 Kopien unter der prallen Sonne, oben auf einem Gerüstturm. Von dort aus fasst man die Penthouses, Museen und Boutiquen von Berlin Mitte, die zu den verrotteten und schäbigen Atelierhäusern des Monbijouparks im Gegensatz stehen, direkt ins Auge. Ein Blick nach unten auf die heterogene und lebendige Berliner Kunstszene zeigt kein Gesicht, das sich geschickt verpacken und vermarkten ließe, wie Larics schimmernde BMW Imitationen, die als großer Anziehungspunkt der Ausstellung gelten. Doch wie Based in Berlin beweist: Nebulosität allein scheint schon zu genügen.

Seit der Ankündigung des Projekts warfen Kritiker eine Instrumentalisierung der Künstler und den Missbrauch von Kunst als Stadtmarketing vor. Gerungen wird um die Vorherrschaft zwischen Kultur und Kommerz nicht in weiter Ferne, sondern in der Ausstellung selbst. Offen bleibt, wie Berlin und die Gegenwartskunst in Zukunft miteinander umgehen sollen.

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Geschrieben von

Helen Whittle

Communiqué BERLIN

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