Mit der Ende Februar 2019 veröffentlichten Studie „Im vereinten Deutschland geboren – in den Einstellungen gespalten?“ wollte die Otto Brenner-Stiftung dieser Frage auf den Grund gehen. Erstellt wurde die repräsentative Umfrage von einem Forscherteam um Rainer Faus vom Beratungsinstitut Pollytix. Im Interview spricht der Sozialwissenschaftler über Einstellungen zu Politik, Zukunftsperspektiven – und die Frage, warum viele junge Menschen politische Gespräche im Freundeskreis vermeiden. Am 19. März ist Faus im Hintergrundgespräch beim Veranstaltungsformat „U3“ in Berlin-Mitte zu Gast.
Laut Ihrer Studie sagen 68 Prozent der Westdeutschen und 64 Prozent der Ostdeutschen unter 30, dass die Wiedervereinigung so lange her sei, dass sie für sie persönlich keine Rolle spiele. Warum braucht es dann so eine Studie überhaupt?
Es wird oft gesagt, dass die Einheit schon vollendet ist – bei den jungen Leuten sowieso. Da hatten wir so unsere Zweifel. Wir sehen auch, dass in der Studie junge Leute in Ostdeutschland seltener als junge Leute in Westdeutschland der Meinung sind, dass es in Deutschland gerecht zugeht. Sie sind auch seltener der Meinung, dass die Demokratie momentan gut funktioniert. Dafür kann es mehrere Ursachen geben – und es ist politisch wichtig zu wissen, was der Grund dafür ist. Wenn es durch Sozialisation bedingt ist – also durch das Umfeld – hat man andere Ansatzpunkte, als wenn die Situation im Osten einfach schlechter ist – beispielsweise die wirtschaftliche Lage oder die wirtschaftlichen Chancen. Wenn es an der Situation liegt, müsste man an ihrer Verbesserung arbeiten. Wenn es an der Sozialisation liegt, müsste man mehr über die Wende reden. Man müsste die Transformationsleistung der Ostdeutschen stärker thematisieren – und auch, dass beispielsweise mit der Treuhandanstalt nicht alles so gut gelaufen ist. Dann ginge es eher um Aufarbeitung.
Zur Person
Rainer Faus ist Diplom-Sozialwissenschaftler, Autor sowie Gründer und Geschäftsführer der Forschungs- und Beratungsagentur pollytix strategic research gmbh. Mit pollytix berät er auf Basis qualitativer und quantitativer Forschung Kunden aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft strategisch zu gesellschaftlichen und politischen Fragen
Was sagen die Ergebnisse der Studie? Liegt es eher an der Situation oder an der Sozialisation?
Beides. Es ist zum einen so, dass junge Leute in Ostdeutschland seltener zustimmen, dass es einfach ist, in ihrer Region einen guten Job zu finden. Gleichzeitig ist es auch so, dass die Wende in ostdeutschen Familien häufiger ein Thema war. Jeder zweite Ostdeutsche unter 30 hat uns in der quantitativen Befragung gesagt, dass es den Eltern durch die Wiedervereinigung besser ging. Jeder fünfte sagt, dass es ihnen schlechter ging. Das kann unterschiedliche Gründe haben: Der häufigste war die Erfahrung von Arbeitslosigkeit und gebrochenen Biografien. Das ist etwas, das sich stark auf die Sozialisation auswirkt. Das hinterlässt das Gefühl – auch bei jungen Menschen unter 30 –, dass Ostdeutsche nicht immer gut behandelt wurden. Die Wiedervereinigung selbst ist natürlich lange her. Gleichzeitig sagen zwei Drittel der jungen Leute aus dem Osten: Es macht immer noch einen Unterschied, ob man aus dem Westen oder aus dem Osten kommt.
Wen haben Sie befragt?
Wir haben jeweils 15 junge Menschen, die nach 1989 aufgewachsen sind, in Ost- und Westdeutschland zu Hause besucht, uns eine Stunde mit ihnen unterhalten und dabei Ideen generiert, was Unterschiede sein könnten. Die Literatur dazu ist nicht unbedingt besonders aussagekräftig. Unsere ist ja die erste Studie, die ausschließlich Menschen betrachtet, die unter 30 sind und im vereinten Deutschland aufgewachsen sind. Unter anderem aus diesen Gesprächen haben wir dann den Fragebogen generiert und jeweils etwa 1000 unter 30-Jährige in Ost- und Westdeutschland per Online-Befragung interviewt. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie das getrennte Deutschland nicht erlebt haben.
Gibt es noch weitere Gemeinsamkeiten innerhalb dieser Generation?
Worin sich die jungen Leute im Osten und Westen ähnlich sind, ist der optimistische Blick auf das eigene Leben. Knapp zwei Drittel in Ostdeutschland wie auch zwei Drittel in Westdeutschland sehen ihre eigene Zukunft positiv – was eine gute Nachricht ist. Auch sehen beide Gruppen, dass die wirtschaftliche Lage in Deutschland gut oder sogar sehr gut ist. Worin sich die jungen Leute auch ähnlich sind, ist die Befürwortung der Europäischen Union. Die große Mehrheit in Ost und West ist der Meinung, dass die Demokratie die beste Staatsform ist – auch, wenn es im Osten ein paar weniger sind.
Mehr als ein Drittel der jungen Leute vermeidet es, mit Freunden und Bekannten über Politik zu sprechen, um nicht in Streit zu geraten. Warum?
Da haben wir tatsächlich einen kleinen Unterschied zwischen dem Osten und dem Westen gefunden. Das geht aus dieser Studie nicht hervor, aber wir sehen auch bei anderen Umfragen zunehmend, dass sich die Gesellschaft im Zuge der Flüchtlingskrise in 2015/2016 zum Teil repolitisiert und auch polarisiert hat – in sehr laute und sehr überzeugte Befürworter einer Willkommenskultur und jene, die diese ablehnen. In anderen Ländern – wie Österreich beispielsweise – gibt es das schon seit Jahren, dass man vermeidet, über Politik zu reden, damit es keinen Streit gibt. Jetzt haben wir herausgefunden, dass es in Ostdeutschland 43 und in Westdeutschland knapp unter 40 Prozent der jungen Leute vermeiden, über Politik zu sprechen, um nicht in Streit zu geraten. Hier geht es darum, dass der Riss zwischen Weltoffenheit und Toleranz auf der einen und Abschottung und „Zurück-zum-Nationalstaat-Gedanken“ auf der anderen Seite quer durch Familien und Freundeskreise geht. Es schwelt also offensichtlich ein Konflikt im Land, der auch an den jungen Leuten nicht vorbeigeht.
In der Studie schreiben Sie, dass in den Gesprächen anfangs keine Vorurteile gegenüber West- beziehungsweise Ostdeutschen auftauchten. Dann aber kamen besonders klischeehafte hoch – etwa, das Westdeutsche arrogant und Ostdeutsche arm seien.
Wir fragen gerne diese spontanen Assoziationen ab und erstellen solche Word-Clouds, wie wir sie auch in der Studie zeigen. Bei dieser Studie ist ja interessant, dass die Eigenwahrnehmung der Westdeutschen ähnlich der Fremdwahrnehmung durch die Ostdeutschen ist. Etwa, dass sie reicher sind. Darin sind sich beide Gruppen einig. Dementsprechend glauben West- und Ostdeutsche, dass die Menschen im Osten ärmer sind. Auch das Klischee des ostdeutschen Rassisten kommt durch. Der Ostdeutsche sieht sich gleichzeitig als bodenständig. Das sindZuschreibungen, die in der öffentlichen Debatte virulent sind. Dass diese sich auch bei den unter Dreißigjährigen fortsetzen, ist ein interessanter Befund, das heißt aber nicht, dass das alles ganz schrecklich ist. Mancher Norddeutsche hat sicherlich auch ein Bild vom Bayern, der immer Schweinshaxe isst und der Bayer vom Norddeutschen, der immer nur Fisch isst.
Gibt es etwas, das Sie überrascht hat?
Zum Teil sind die Ergebnisse erwartbar gewesen. Gerade, was das Gerechtigkeitsempfinden und die Demokratiezufriedenheit betrifft, haben wir die Ergebnisse zwischen Ost und West auch in anderen Studien bekommen. Ein bisschen überraschend ist aber schon, dass sich diese Ansichten einfach in jüngeren Bevölkerungsgruppen fortsetzen. Das ist insofern ein Problem, da es relativ schwierig sein wird, die Leute, die jetzt mit dem demokratischen System unzufrieden sind, zu überzeugen, dass es gut funktioniert. Da ist viel Arbeit notwendig. Wenn jetzt eine Kohorte von relativ unzufriedenen Menschen heranwächst, ist das für die Demokratie in Deutschland kein gutes Zeichen.
Gibt es unter den jungen Menschen so etwas wie eine west- oder ostdeutsche Identität?
Bei den Westdeutschen gibt es diese Identität so nicht, weil die Norddeutschen sich eher als Norddeutsche sehen und die Bayern als Bayern und die Schwaben als Schwaben. Als Westdeutsche würden sich am ehesten die Menschen in Nordrhein-Westfalen fühlen. Die Zahlen deuten an, dass es eher eine ostdeutsche Identität gibt in Abgrenzung zum Westdeutschen als andersherum. Was auch mit der Transformationserfahrung und dem Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein, zusammenhängt.
Die Studie zeigt: Was Vertrauen in Einrichtungen und Institutionen betrifft, steht die Polizei ganz oben, die Parteien ganz unten. Wie interpretieren Sie das?
Dieses Muster, dass Polizei, Gerichte und Justiz oben stehen und die Bundesregierung und die Parteien unten, sehen wir auch bei der Gesamtbevölkerung häufig. Das ist bei den Jungen nicht stärker ausgeprägt als bei Älteren. Menschen tendieren dazu, mit Parteien zufriedener zu seien, wenn sie das Gefühl haben, dass es gerecht zugeht. In Ostdeutschland sind es aber gerade einmal 41 Prozent, die sagen, dass es alles in allem in Deutschland gerecht zugeht. In Westdeutschland sind es ein paar mehr, aber eben auch nur jeder Zweite. Dann ist es auch kein Wunder, wenn die Parteien im Moment nicht allzu gut dastehen. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren eine gewisse Erwartungssicherheit gegenüber den Parteien verloren gegangen ist. Früher wusste man, die Konservativen handeln konservativ, die Sozialdemokraten sozialdemokratisch und die Grünen grün. Die Union hat sich etwas von ihrem konservativen Markenkern entfernt. Ähnliches ist auch bei den Grünen und bei den Sozialdemokraten zu beobachten. Diese Entwicklung sorgt natürlich für Verwirrung und einen gewissen Vertrauensverlust, weil Erwartungssicherheit verloren gegangen ist.
Info
Link zur Studie der Otto Brenner Stiftung
Termin: 19. März 2019, 19 Uhr, U3 sitzungswoche-Hintergrundgespräch,
Ort: Die Maultasche, Charlottenstraße 35-36, Eintritt frei, Anmeldung hier
Kommentare 38
''Sie sind auch seltener der Meinung, dass die Demokratie momentan gut funktioniert.''
Wenn es im Kapitalismus, bzw. in der „sozialen Marktwirtschaft“ der gesellschaftspolitischen Administration und gehobenen staatlichen Beamtenschaft, der Macht und Herrlichkeit der Bourgeoisie und MilliardärInnen, keine ''Demokratie'' geben kann, wie soll sie dann funktionieren?
''Wenn es an der Situation liegt, müsste man an ihrer Verbesserung arbeiten.''
Das kapitalistische Konsumparadies kann Mann/Frau nicht ''verbessern''. Kapitalismus und Entfremdung kann man nicht im Rahmen der kapitalistischen Gesellschaftsformation ''reformieren'', bzw. verschönern. Kapitalismus und Imperialismus muss man schon gesellschaftspolitisch überwinden und abschaffen.
Worin besteht die ''Transformationsleistung der Ostdeutschen'' ? –
In der manipulatorische und massenpsychologische Anpassung an die Wünsche und Herrschaft der (westdeutschen) Administration und Bourgeoisie!
Jede sozioökonomische und gesellschaftspolitische Möglichkeit einer relativ eigenständigen Entwicklung wurde von den Ostdeutschen 1989/1990 über Bord geworfen. Eine Analyse zur Volkskammerwahl vom 18. März 1990 bestätigt den Endpunkt der rückgratlosen Entwicklung in der Persönlichkeit und im Bewusstsein der Mehrheit der ostdeutschen Erwachsenenbevölkerung.
Die von den westdeutschen Medien und Diensten ideologisch gepuderte ostdeutsche Bürgerbewegung hatte keine Basis in der ostdeutschen Bevölkerung. Sie dienten der westdeutschen Manipulationspolitik lediglich als ideologisches Objekt und Projekt – für die (imperialistische) sozial-psychologische und materielle Unterwerfung des antikapitalistischen ostdeutschen Staates. //
In Folge wurden einige wenige w/m ostdeutsche Bürgerbewegte mit Beamtenposten und Pensionsansprüchen belohnt. So mit ihrer Aufnahme in (westdeutschen) Parlamentsparteien und pseudo- wissenschaftliche Delegitimierungseinrichtungen und/bzw. BStU-BfV-Kapital- und Staatsschutzeinrichtungen. Die Mehrheit der einst (moralisch) Aufrichtigen, die es auch zweifellos in der ostdeutschen Bürgerbewegung gegeben hatte, zog sich in die gesellschaftspolitische Resignation, Passivität und Teilnahmslosigkeit, weitgehend zurück.
''Mehr als ein Drittel der jungen Leute vermeidet es, mit Freunden und Bekannten über Politik zu sprechen'' – Warum?
Wir müssten uns für eine plausible Erklärung auch mit dem privaten und staatlichen Manipulations-, Medien-[psychische Einwirkung durch Internet, Handy und Smartphone] und Bildungsbetrieb beschäftigen, dem die ostdeutsche und westdeutsche Jugend und natürlich auch die Erwachsenenwelt fortwährend ausgesetzt ist. Eine schöpferische, kreative und emanzipatorische Aufklärung und Bildungspolitik findet nicht mehr statt. Die wirtschaftliche und systemkonforme Anpassung ist ein allgemeines Schul- und Bildungsprogramm Deutschlands.
''Die Union hat sich etwas von ihrem konservativen Markenkern entfernt. Ähnliches ist auch bei den Grünen und bei den Sozialdemokraten zu beobachten.'' –
Der ''Markenkern'' besteht fortwährend in der kreativen Anpassung aller bürgerlichen Parlaments- und Regierungsparteien, auf allen Ebenen der Gesellschaft, bis in die systemischen akademischen Bildungsspitzen. Dabei leisten auch die DGB-IGM-HBS-FES, HSS, KAS und BS-Krupp-Quandt-VW-Springer- Stiftungen ihre ideologisch-psychologische Studien- und Anpassungsarbeit.
Empfehlung:
RUBIKON: Im Gespräch: „Die Zwangs-Maschinerie“ (Bertrand Stern, Linda Göcking, Birgit Assel) »Die Schulen dienen nicht der Bildung, sondern der Anpassung und Unterwerfung unserer Kinder. Ein Rubikon-Videointerview wider die Untertanenfabrik.«Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=IWTBoZJceXI
18.03.2019, R.S.
>>Worin besteht die ''Transformationsleistung der Ostdeutschen'' ? <<
In der manipulatorische und massenpsychologische Anpassung an die Wünsche und Herrschaft der (westdeutschen) Administration und Bourgeoisie!<<
1990 hatte ich den Eindruck, dass die meisten DDR-Bürger, während in den Köpfen noch die Sprüche von „blühenden Landschaften“ nachhallten, vom Kaputtalismus und den flinken Wendehälsen überrollt wurden und gar nicht verstanden was ihnen da passiert. Gegen die psychologisch ausgebuffte und glattpolierte kapitalistische Propaganda fällt es schon „gelernten Wessis“ schwer, sich halbwegs zu immunsieren. Wieviel schwerer muss es Leuten gefallen sein, die das gar nicht gewöhnt waren? Leichte Beute.
Ich denke, die Bonner Systemadministratoren wussten sehr genau, warum sie auf einen raschen Anschluss der noch nicht reformierten DDR drängten.
"1990 hatte ich den Eindruck, dass die meisten DDR-Bürger, während in den Köpfen noch die Sprüche von „blühenden Landschaften“ nachhallten, vom Kaputtalismus und den flinken Wendehälsen überrollt wurden und gar nicht verstanden was ihnen da passiert."
Das können Sie aber 1 zu 1 auf die Bürger der alten Bundesländer übertragen. Sie dürften doch am besten wissen, wie sich die Gewerkschaften verhalten haben und immer noch verhalten. Welches Gewerkschaftsmitglied im Westen hat denn 1990 erkannt, was für ein Billiglohnplatz in den neuen Bundesländern organisiert wird? Sind Ihnen irgendwelche solidarischen Aktionen bekannt? Besitzstandswahrung war im Westen Trumpf. Das Ergebnis kann man heute bewundern. In den 5 neuen Bundesländern ist der Durchschnittsstundenlohn für Männer niedriger als der für Frauen in den alten. Gestern war übrigens Equal Pay Day. Wenn Sie den von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern mit dem von Männern in Hamburg vergleichen, dann kommen Sie 30 Jahre nach der Wende auf einen um 42 % geringeren Wert. Da sind die Hamburger Millionäre noch nicht eingerechnet. Welcher Arbeitnehmer im Westen ist bereit, dagegen anzugehen? Das ist doch seine Billiglohn-Konkurrenz im eigenen Land.
>>Welches Gewerkschaftsmitglied im Westen hat denn 1990 erkannt, was für ein Billiglohnplatz in den neuen Bundesländern organisiert wird?<<
Es wurde mal kurz diskutiert, dass die schnelle Einführung der Dmark im Anschlussgebiet zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit führen wird und in der Folge zur Lohnkonkurrenz. Und dass die DDR zur verlängerten Werkbank der Westkonzerne würde. Daraus hätte die weiterführende Diskussion darüber werden können ob es bessere Lösungen gibt. Wenn es in der BRD ein starkes Klassenbewusstsein gäbe. Gibt es aber nicht. So konnte der "Wiedervereinigungs"-Rummel alles übertönen und der Anschluss kam auch für uns überraschend schnell. Zumal ja in dem Ende 1989 hier durch die Presse gehenden "Kohl-Papier" vom Anstreben einer "Konföderation" die Rede war.
Natürlich waren die besorgten Diskussionen weniger von Solidarität mit den "Ossis" getragen als von der Sorge um die absehbaren Folgen. Gelernte Wessis sind zur Solidarität mit sich selber und mit ihren Kaputtalisten konditioniert. Über so einen Schatten springt man auch nicht leicht ;-)
Sie verstehen, warum mir die Galle überläuft, wenn ich solche Diskussionsbeiträge, wie die beiden vor Ihnen lese. Erst im letzten Jahr ging es bei Müllermilch um den Neubau einer großen Anlage im sächsischen Leppersdorf. Ganz schnell waren diese Pläne vom Tisch, als sich die Weststandorte, die geschlossen werden sollten, samt ihren Kommunen dagegen stark machten. Es hätte für die Beschäftigten ja einen Umzug nach "Sibirien" bedeutet. Von diesen Beispielen gibt es endlos viele. Daniela Dahn hat Unmengen davon zusammengetragen und veröffentlicht. Den Ossis dann noch mangelndes Demokratieverständnis vorzuwerfen ist so, als würde man einem Stürzenden noch einen Tritt in den Rücken geben.
"Eine Analyse zur Volkskammerwahl vom 18. März 1990 bestätigt den Endpunkt der rückgratlosen Entwicklung in der Persönlichkeit und im Bewusstsein der Mehrheit der ostdeutschen Erwachsenenbevölkerung."
Jetzt brauchen Sie nur noch mit der Dolchstoßlegende zu kommen, dass Kohl nicht abgewählt wurde, weil er in den neuen Bundesländern so viele Stimmen bekam. So kann man schön ablenken von der Tatsache, dass die SPD in Westdeutschland zu wenig hatte, weil Lafontaine die Wahrheit sagte.
>>Ganz schnell waren diese Pläne vom Tisch, als sich die Weststandorte, die geschlossen werden sollten, samt ihren Kommunen dagegen stark machten.<<
Gegen Standortschliessungen gibt es immer Widerstand, ganz egal wohin verlagert werden soll. Manchmal erfolgreich, öfter nicht. Produktionsstandorte gegeneinander auszuspielen mag für Kapitalisten rentabel sein, für Lohnarbeiter ist das immer die schlechteste Lösung, weil damit Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen erpresst werden. Dieser Interessengegensatz ist überall der Gleiche.
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>>Den Ossis dann noch mangelndes Demokratieverständnis vorzuwerfen ist so, als würde man einem Stürzenden noch einen Tritt in den Rücken geben.<<
Das stimmt. Der Tritt kam meiner Ansicht nach 1990. Das Weitere sind Folgen.
Der Durchschnitts- "Wessi" ist natürlich in der Sache alles Andere als ein reiner Engel, wie oben schon angedeutet. Allerdings ist der Glaube, man sei im Kalten Krieg zu einer Art höheren Wesens geworden nicht auszurotten.
Ich stehe fest an der Seite von Lafontaine!
Ich arbeite nicht mit ''Dolchstoßlegenden'' und/oder ''Verschwörungstheorien'', damit sind die parlamentarischen und ver-bildungspolitischen GroKo-VS-Ideologen der quandtschen und springerschen Wirtschafts- und Monopolverbände beschäftigt.
MfG
Ich würde das etwas^^ anders formulieren:
"Die Übernahme der DDR durch die BRD war ein großer Fehler. Sie sollte rückgängig gemacht werden. Statt dem GG der BRD und der bundesdeutschen Gesetzgebung sollte die neue Verfassung, deren Erarbeitung vom Runden Tisch am 7. Dezember 1989 beschlossen wurde, nach dem 1. April 2019 der Bevölkerung zur Diskussion gestellt werden. ..."
https://www.mdr.de/damals/archiv/video300254.html
Hier die von Christa Wolf geschriebene Präambel der neuen DDR-Verfassung:
"Ausgehend von den humanistischen Traditionen, zu welchen die besten Frauen und Männer aller Schichten unseres Volkes beigetragen haben, eingedenk der Verantwortung aller Deutschen für ihre Geschichte und deren Folgen, gewillt, als friedliche, gleichberechtigte Partner in der Gemeinschaft der Völker zu leben, am Einigungsprozeß Europas beteiligt, in dessen Verlauf auch das deutsche Volk seine staatliche Einheit schaffen wird, überzeugt, daß die Möglichkeit zu selbstbestimmtem verantwortlichen Handeln höchste Freiheit ist, gründend auf der revolutionären Erneuerung, entschlossen, ein demokratisches und solidarisches Gemeinwesen zu entwickeln, das Würde und Freiheit des einzelnen sichert, gleiches Recht für alle gewährleistet, die Gleichstellung der Geschlechter verbürgt und unsere natürliche Umwelt schützt, geben sich die Bürgerinnen und Bürger der Deutschen Demokratischen Republik diese Verfassung."
Und hier der von Vertretern des Runden Tisches im April 1990vorgestellte Verfassungsentwurf:
http://www.documentarchiv.de/ddr/1990/ddr-verfassungsentwurf_runder-tisch.html
Dieser Entwurf wurde zugunsten der bundesdeutschen Oligarchie in die Tonne getreten, da sich durch die in aller Eile - warum wohl - vorgezogenen Wahlen am 18.3.1989 und der daraus resultierenden ca. 48% Zustimmung der Wähler zur Unterwerfung einer ihnen im Grunde völlig fremden Profit-Diktatur und ...., eine Diskussion in der DDR-Bevölkerung erübrigte.
;-)
Ihnen als Wessi fehlen schlicht und einfach wichtige Informationen über die tatsächlichen Ereignisse und Verhältnisse in der DDR.
Wahrscheinlich sind die meisten, wenn nicht alle Wessis, überfordert, eine einigermaßen realitätsnahe Beschreibung über das Leben in der DDR abzugeben.
EX- DDR-Bürger haben gegenüber jedem Biowessi den Vorteil, dass sie beide Systeme kennen gelernt haben und vergleichen können.
"Jeder zweite Ostdeutsche unter 30 hat uns in der quantitativen Befragung gesagt, dass es den Eltern durch die Wiedervereinigung besser ging.
Jeder fünfte sagt, dass es ihnen schlechter ging."
Diese beiden Sätze von unter 30-jährigen Ossis sollte zu Denken geben. Zur besseren Veranschaulichung möchte ich sie umformulieren:
"Jeder zweite Ostdeutsche (also 50%) unter 30 hat uns in der quantitativen Befragung gesagt, dass es den Eltern durch die Wiedervereinigung NICHT besser ging.
Jeder fünfte (also 20%) sagt, dass es ihnen nicht nur nicht besser, sondern SCHLECHTER ging."
Sie sollten sich nochmals mit den Ergebnissen der Wahl vom 18. März 1990 und deren gesellschaftspolitischen und historischen Folgen – vor und nach der Übernahme – beschäftigen.
Demnach hatte sich eine deutliche Mehrheit der Wahlbeteiligten gegen einen Reform der DDR entschieden. Nehmen Sie bitte auch die geringen Wahlergebnisse für die Aktivisten der von Westmedien hoch gepuschten ''Bürgerbewegung'', die Bewegung einer gesellschaftspolitischen Minderheit, zur Kenntnis. Siehe die Wahlergebnisse vom 18. März 1990 für die Kleinstparteien und/bzw. Bündnisse.
Auch die Mehrheit der ostdeutschen Sozialdemokraten entschied sich letztlich gegen eine reformierte DDR. Ja, selbst in der SED gab es keine Mehrheit für den Fortbestand einer reformierten DDR.
Alle staatlichen Organe, einschließlich MfS, Volkspolizei, ''Kampftruppen der Arbeiterklasse'', sog. ''Nationale Volksarmee'' (NVA), Massenorganisationen und Blockparteien, lösten sich widerspruchslos auf. –
Erinnert sei hier nur an den (nächtlichen) Wechsel der Uniform, von der (implodierenden) NVA zur (westdeutschen) Bundeswehr. Über Nacht wechselten dabei die verbliebenen rund 42.000 NVA-Soldaten und Soldatinnen ihre Uniform und offenbarten damit ihren (vorausgegangenen) Meineid und ihre (erneuerte) Vereidigung und ihr Bekenntnis zur imperialistischen Bundeswehrmacht Westdeutschlands. –
Das widerstandslose Ende der (implodierenden) DDR war ein einmaliger Vorgang in der jüngeren europäischen Geschichte. Zugleich offenbarten sich Millionen Bürger, die ihren Eid auf die Verteidigung der antifaschistischen DDR geleistet hatten, als meineidig.
● Eine weitere Tatsache ist die Auslieferung aller Aktenbestände, – nicht nur des MfS, so auch der anderen staatlichen Organe und Ministerien, aller Blockparteien und Massenorganisationen –, insbesondere über die internationale Befreiungs- und Arbeiterbewegung, über die weltweiten antiimperialistischen Organisationen und deren Mitgliederbestand, an die westlichen NATO-Staaten und deren CIA-BND-Geheimdienste. –– Das war eine wesentliche Voraussetzung um die internationale Befreiungsbewegung, sowohl psychologisch, als auch physisch, weltweit zu liquidieren! –
PS: Mit dem Wechsel ins westdeutsche Konsumparadies hat sich die ostdeutsche Erwachsenenbevölkerung zugleich an der abschließenden Hilfe –für die NATO-Staaten– zur erfolgreichen Liquidierung der (internationalen) antiimperialistischen Befreiungs-, Emanzipations- und Arbeiterbewegung beteiligt!
– die historische Wahrheit ist stets ungeschminkt, auch wenn westliche und östliche GeschichtsfälscherInnen heute das Gegenteil behaupten.
19.03.2019, R.S.
Richtigstellung: Statt "Wahlen am 18.3.1989" muss es "Wahlen am 18.3.1990" heißen.
Abgesehen davon, dass Sie Ihre Behauptungen weder belegen noch begründen, ist Ihre Darstellung einfach nur spekulativ und chaotisch.
Sie interpretieren die Wahlergebnisse falsch.
Die von Ihnen angeführten
<< geringen Wahlergebnisse für die Aktivisten der von Westmedien hoch gepuschten ''Bürgerbewegung'', ...>>
sind völlig irrelevant für die Fragen DDR-Reform und (zu einem späteren Zeitpunkt)/oder Wiedervereinigung. Und wenn Wiedervereinigung unter welchen Bedingungen (Unterwerfung unter das GG oder ...?)
Relevant waren die Gespräche und Beschlüsse der Vertreter unterschiedlicher politischer Gruppierungen am Runden Tisch und die Wahlergebnisse, die völlig anders (weit niedriger) ausfielen, als sie sich die erst im Januar 1990 neu gegründete SPD erwartet hatte.
Relevant waren auch noch andere gravierende Ereignisse, auf die ich jetzt keine Lust habe einzugehen, weil mir die Rolle des Oberlehrers nicht so liegt wie manchem Besserwissiwessi. :-)
''Relevant waren auch noch andere gravierende Ereignisse''
Aufklärung über Klassenbewusstsein hilft! (?)
Von meinen 50. Jahren als organisierter und aktiver und klassenbewusster Gewerkschafter der Basis war ich etwa neun Jahre im FDGB. Hier wurde ich auch, –– gegen den Widerstand der Parteileitung und deren Hofschranzen ––, als gewerkschaftlicher Vertrauensmann mit deutlicher Mehrheit von der Arbeiterklasse im Betrieb gewählt.
Nach der deutlichen Niederlage des von der Partei aufgestellten Gegenkandidaten wurde ich unter einem (falschen) Vorwand, durch die Parteileitung und Betriebsleitung, aus den Betrieb entlassen.
Trotz des Widerstandes, der Partei und Betriebsleitung, entschied das Arbeitsgericht in der Littenstraße, Berlin-DDR, für meine Wiedereinstellung. Die Partei und Betriebsleitung hatte mit meiner Entlassung rechtswidrig gegen das ''Arbeitsgesetzbuch'' der DDR entschieden.
Damit war aber das Problem der Betriebs- und Parteileitung nicht zu ihrer Zufriedenheit gelöst. Um mich von meiner Einflussnahme auf die Mehrheit der betrieblichen Arbeiterklasse zu isolieren, ordneten sie meine betriebliche Versetzung an. In einem anderen Betriebsteil wurde ich über weitere Jahre verstärkten Arbeitsbelastungen und dementsprechend verordneten Schikanen ausgesetzt. Aber damit hatten sie mich auch (erfolgreich) aus den Verkehr gezogen. Ich hatte keine Möglichkeit mehr, die Interessen der Arbeiter im Betrieb zu vertreten.
Auf Grund meiner Erfahrungen und Kenntnisse über den tatsächlichen gesellschaftspolitischen Zustand der DDR sprach ich bereits schon 1976 und 1977 vom ''embryonalen Sozialismus'' und vom ''noch nicht geborenen Sozialismus''. –– Zugleich warb ich stets für das gesellschaftspolitische Durchhalten im Kampf für die soziale und materielle Realisierung des künftigen (stets humanistischen) Sozialismus. –
PS: Aber der rechte Opportunismus und fortschreitende Konsumfetischismus, – auf allen Ebenen der Gesellschaft der DDR –, war stärker und führte 1989/1990 zur abschließenden Implosion des antifaschistischen und antiimperialistischen Staates.
20.03.2019, R.S.
Wir sollten nicht vergessen, dass die Wiedervereinigung ein nationalistischer Akt war, der völlig aus der Zeit gefallen war. Hauptakteur war ein damaliger Staatschef, der allgemein als charakterlos, unfähig und dumm galt, hier jedoch seine große Chance auf Machterhalt witterte. Kohl ließ damals den Wahltermin, zu dem er nach allen Prognosen abgewählt worden wäre, nach hinten verschieben, um zuvor eine irrwitzige deutsche Wiedervereinigung zu verhuntzen, Er zog über alle Marktplätze der beiden Länder um die Lügen von "blühenden Landschaften" und einer "Wiedervereinigung ohne Steuererhöhung" zu propagieren. Zumindest ersteres wurde zumindest im Osten weitgehend geglaubt (oder zumindest erhofft), worauf man diesen degenerierten, nationalistischen Machiavellisten zum Staatschef eines Riesenreichs wählte. Die deutsche Widervereinigung von 1990 ist auf ewig mit Nationalismus, Wahlbetrug und Kohls persönlichem Machtstreben befleckt. Es war ein Fehler, dass die große Mehrheit im Westen zu Kohls "Staatsstreich" damals geschwiegen hat - wenn auch verständlich, angesichts der Freude wiedervereinigter Familien. Es gibt keinen größeren kulturellen Graben, als den, der direkt durch Deutschland geht. Die durch ewige Diktaturen geprägte DDR ist ein slawischer Visegrad-Staat und wäre dort weitaus besser aufgehoben, als im Kreis der mitteleropäischen, marktwirtschaftlichen Demokratien. Ein Land, in dem 25 Prozent der Bevölkerung AfD wählen ist nicht Heimat, sondern Feindesland. Ich plädiere daher vehement für ein autonomes Ostdeutschland in den Grenzen von 1989.
"Ein Land, in dem 25 Prozent der Bevölkerung AfD wählen ist nicht Heimat, sondern Feindesland."
»Viel Feind, viel Ehr'!.«, sagte einmal ein Deutscher von echtem Schrot und Korn. In dem Sinne können Sie sich freuen, dass fast 70 % der AfD-Stimmen im Westen abgegeben wurden. Über legen Sie sich auch gleich, was Sie mit solchen Gemeinden wie Deggendorf, Heilbronn und Gelsenkirchen bzw. Wahlkreisen wie Passau, Straubing und Schwandorf machen wollen, die alle höhere AfD-Wahlergebnisse hatten als so manche ostdeutsche Gemeinde oder Wahlkreis.
Ansonsten zeugt Ihr Beitrag davon, dass Sie alles glauben und wiederkäuen, was Ihnen vorgesetzt wird. Erfahrung in einer Diktatur lehrt einem, immer kritisch mit seinen Quellen umzugehen. Und vor allem lernt man, niemals freiwillig den Herrschenden nach dem Mund zu reden. Sie haben noch einen weiten Weg zum mündigen Bürger vor sich. Ich wünsche Ihnen dabei von ganzem Herzen viel Erfolg. Besuchen Sie doch bei Gelegenheit einmal die von Ihnen geschmähten Višegrad-Staaten. Reisen bildet.
Das kann nur die Behauptung eines braven Untertan sein, der immer noch nicht die Diktatur erkennt, in der er lebt und statt dessen an die ihm vorgegau(c)kelte Fassadendemokratie glaubt.
"Wer will hier eine Diktatur errichten?" Behaupten Sie ernsthaft, dass wir in einer Demokratie leben? Wirklich? Woran machen Sie das denn fest? Etwa daran, dass die Menschen alle paar Jahre mal an die Urne gehen und ihre Stimme abgeben dürfen?
"Ostdeutschland ist nicht demokratiefähig." Auf diesen Kommentar bezog ich mich. Hätten Sie auch selbst mittels eines Mouseklicks herausfinden können.
"Ansonsten werde ich in Zukunft darauf verzichten Ihnen zu antworten." Nicht gegen einzuwenden. Ich diskutiere lieber mit Menschen, die Argumente bringen können und sich nicht irgendwelcher Diffamierungen oder Plattitüden bedienen müssen.
>>Erfahrung in einer Diktatur lehrt einem, immer kritisch mit seinen Quellen umzugehen.<<
Erfahrung mit getroffenen Hunden lehrt einem, dass sie bellen - genau wie Sie es hier tun!
Und für diesen tiefschürfenden Gedanken haben Sie einen ganzen Tag gebraucht. Respekt.
Der Kater lässt das Mausen nicht...
Es entspringt vielleicht Ihren Wunschträumen, dass ich mich mit ihrem unzusammenhängenden und stänkerischen Beitrag länger als einen Augenblick beschäftige. Aber ich will Ihnen diesen Gefallen gerne mal tun:
<<Viel Feind, viel Ehr'!.«, sagte einmal ein Deutscher von echtem Schrot und Korn.>>
Ich kann hier keinen logischen Zusammenhang zu meinem Beitrag erkennen, das ist einfach dümmliches, diffamierendes Geblubber - offenbar haben Sie sich über das geärgert, was ich geschrieben habe und fühlen sich daher legitimiert nun ihrerseits auszuteilen. Der getroffene Hund bellt.
<<In dem Sinne können Sie sich freuen, dass fast 70 % der AfD-Stimmen im Westen abgegeben wurden.>>
Als Zyniker haben Sie noch Luft nach oben, in Bezug auf "Whataboutism" sind Sie allerdings schon ganz groß. Den Balken im eigenen Auge, aber immer schön auf den Splitter im Auge der Wessies zeigen. Ostdeutsche Realitätsverweigerung seit fast 30 Jahren und wir stimmen Ihnen seit ebensolanger Zeit höflich zu: nein, Nationalismus und Rechtsradikalismus sind kein ost- sondern ein gesamtdeutsches Problem. Nur leider stimmt es nicht - diese Erkenntnis wäre ein erster Schritt, das Problem zu beseitigen, aber davon scheinen Sie noch sehr, sehr weit entfernt. Zumindest erkenne ich in Ihren reflexartigen Fingerzeigen auf die Fehler der anderen, besonders der Wessies, keinen Funken an Selbstreflexion, sondern nur Lüge und Selbstbetrug!
<<Ansonsten zeugt Ihr Beitrag davon, dass Sie alles glauben und wiederkäuen, was Ihnen vorgesetzt wird. Erfahrung in einer Diktatur lehrt einem, immer kritisch mit seinen Quellen umzugehen.>>
Was reden Sie für einen Unsinn!? Ich habe die Wendezeit als Erwachsener und politisch sehr Aktiver miterlebt, kenne alles was damals geschah aus erster Hand. Aus Höflichkeit verschweigen wir die von mir genannten Tatsachen gerne, aber damals hat man sich ziemlich darüber geärgert, wie man uns mit der Wiedervereinigung "verkohlt" hat. Wenn Sie von Kohls Wahlbetrug und dem Verschieben des Wahltermin bislang nichts wussten, dann empfehle ich Ihnen, sich zu informieren. Aber seien Sie kritisch mit den Quellen, die meisten versuchen die Wiedervereinigung zu beschönigen und verschweigen die niederträchtigeren Beweggründe hinter diesem nationalistischen Akt.
<<Und vor allem lernt man, niemals freiwillig den Herrschenden nach dem Mund zu reden. >>
Eine unlogische Bemerkung angesichts dessen, dass ich der herrschenden Meinung widerspreche.
<<Besuchen Sie doch bei Gelegenheit einmal die von Ihnen geschmähten Višegrad-Staaten. Reisen bildet.>>
Ich schmähe nicht die Visegrad-Staaten, sondern lediglich deren autöritäre, undemokratische, ausländerfeindliche und am Eigennutz orientierte Politik. Glaube aber gerne, dass Sie sich dort sehr wohlfühlen, ebenso wie der Großteil Ihrer ostdeutschen Landsleute - genau das war ja mein Statement!
<<Sie haben noch einen weiten Weg zum mündigen Bürger vor sich. Ich wünsche Ihnen dabei von ganzem Herzen viel Erfolg.>>
Hier musste ich wirklich aus vollem Herzen lachen, obwohl soviel argumentative Hilflosigkeit eigentlich traurig ist, pardon!
"Aber ich will Ihnen diesen Gefallen gerne mal tun:"
Danke, es kam genau die erwartete Reaktion. Nehmen Sie, wirklich an, dass ich auch nur einen Augenblick glaubte, dass Sie einen ganzen Tag lang zerknirscht vor dem Bildschirm sitzen würden, um dann diesen einen Satz zu kopieren, der ja nicht mal von Ihnen stammt? Damit habe ich Sie doch erfolgreich provoziert, Ihre geistigen Hosen herunterzulassen und zuzugeben, dass Sie nicht in der Lage sind, zwischen den Zeilen zu lesen. Endlose Diskussionen in den letzten Jahrzehnten mit Leuten, die auf dem gleichen niedrigen Niveau diskutieren wie Sie, haben mir gezeigt, dass dies nichts bringt. Sie sind vor 30 Jahren geistig stehen geblieben, weil Sie sich im Paradies wähnen. Ab und zu müssen Sie sich dessen aber versichern, indem Sie auf andere einprügeln. Dann fühlen Sie sich wieder 110 %-ig auf der richtigen Seite, dort wo die Sonne scheint und Mich und Honig fließen.
Wäre es so, wie Sie schreiben: Was genau hätten Sie durch diese Einsicht gewonnen?
Nicht jede Diskussion wird geführt, um Einsichten zu gewinnen. Nicht in jede Diskussion muss man gehen, um zu überzeugen oder durch gute Argumente selbst ein Stück weiter zu kommen. Nehmen Sie aus der obigen das Beispiel der Wahlergebnisse der AfD. Die einzige Erwiderung, die auf die von mir vorgebrachten Zahlen kam, ist die mit dem Splitter und dem Balken. Was "lernt" uns das?
Gestern standen bei uns übrigens interessante Zahlen zur Wahlabsicht bei den Landtagswahlen im September in der Zeitung. Für die AfD würden 24 % der Männer und 11 % der Frauen stimmen. Insgesamt ein Rückgang, aber das erwartbare Resultat, welches von den Medien sicher freudig aufgegriffen wird. Vergessen wird dann wieder eine andere Zahl. Die CDU wird von 22 % der Männer, aber von 33 % der Frauen gewählt. Das passt nun überhaupt nicht ins Bild einer westdeutschen Landtagswahl. Für mich aber ein klares Zeichen der geistigen Nähe beider Parteien in Sachsen, die sich nur durch ihr äußeres Erscheinungsbild, welches von den Medien transportiert wird, unterscheiden.
Ich komme trotzdem nicht ganz mit. Es geht Ihnen augenscheinlich um Gerechtigkeit. Gerechtigkeit gegenüber denen, die vielleicht all die Jahre nie bedauert oder auch nur unterstützt wurden, obwohl sie es verdient hätten. Der Osten und vielleicht speziell Männer aus dem Osten, Faustformel, je östlicher, desto rechtser, Sachsen ganz schlimm.
Ich weiß nicht ob man die CDU in Sachsen mit der CDU in Niedersachsen vergleichen kann, weil ja doch auf das regionale Umfeld einzugehen ist. Aber daraus dann wieder Rückschlüsse auf 'den Westen' (der sich gar nicht als Westen sieht die Bayern sehen sich als Bayern, die Schleswig Holsteiner als eben solche, allein in Nordrhein-Westfalen sieht man sich als Westen, aber vermutlich am ehesten deshalb, weil man im Westen liegt.
Aber was ist die Botschaft, was soll die Moral von der Geschicht' sein?
"Aber daraus dann wieder Rückschlüsse auf 'den Westen' (der sich gar nicht als Westen sieht die Bayern sehen sich als Bayern, die Schleswig Holsteiner als eben solche, allein in Nordrhein-Westfalen sieht man sich als Westen, aber vermutlich am ehesten deshalb, weil man im Westen liegt."
Oh, Mist. Ich hatte das kürzlich irgendwo gelesen, wusste aber nicht mehr, dass es in genau diesem Artikel war. Also ein eher überflüssiger Hinweis.
"Ein Land, in dem 25 Prozent der Bevölkerung AfD wählen ist nicht Heimat, sondern Feindesland."
Damit hat es oben angefangen. Und ging weiter mit "Ich plädiere daher vehement für ein autonomes Ostdeutschland in den Grenzen von 1989."
Kein lupenreiner westdeutscher Demokrat hat hier im Forum dagegen argumentiert. Dann habe ich einige Wahlergebnisse der AfD in den alten Bundesländern aufgezählt und erhielt als Antwort "Erfahrung mit getroffenen Hunden lehrt einem, dass sie bellen - genau wie Sie es hier tun!"
Danach kommen Sie und fragen "Was genau hätten Sie durch diese Einsicht gewonnen?" Es wäre doch eine interessante Diskussion wert, einmal die Bedingungen zu vergleichen, die in Gelsenkirchen die AfD so erfolgreich gemacht haben wie in Ostdeutschland. Heilbronn wäre noch interessanter als Vergleich mit Chemnitz oder anderen Städten. Wer sich aber als Demokrat geriert, und im nächsten Augenblick für Kollektivschuld und –strafe eintritt, ist eigentlich kein Diskussionspartner mehr. Er muss beim Wort genommen werden, um andere darauf aufmerksam zu machen, was das für ein Denken ist.
Übrigens, in BW erreichte die AfD bei den Landtagswahlen 2016 15,1 % entsprechend 809564 Stimmen. In Mecklenburg gab es im gleichen Jahr 806419 gültige Stimmen insgesamt, davon 167852 oder 20,8 % für die AfD. In BW gab es also mehr AfD-Wähler, als es in Mecklenburg Wähler gab.
""Ein Land, in dem 25 Prozent der Bevölkerung AfD wählen ist nicht Heimat, sondern Feindesland."
Damit hat es oben angefangen. Und ging weiter mit "Ich plädiere daher vehement für ein autonomes Ostdeutschland in den Grenzen von 1989."
Kein lupenreiner westdeutscher Demokrat hat hier im Forum dagegen argumentiert."
Ich würde auch gucken, wer das sagt. Ich bin weit entfernt davon die Kreischsägen ernst zu nehmen. So etwas ist keines Kommentars würdig. Meine Meinung.
"Es wäre doch eine interessante Diskussion wert, einmal die Bedingungen zu vergleichen, die in Gelsenkirchen die AfD so erfolgreich gemacht haben wie in Ostdeutschland. Heilbronn wäre noch interessanter als Vergleich mit Chemnitz oder anderen Städten."
Habe ich schon, ich weiß nur nicht mehr, ob im Freitag. Die These, dass die AfD nur dort gewählt wird, wo Ausländer in geringsten Zahlen vorkommen, ist falsch, Gelsenkirchen ist ein Beispiel dafür, es gibt andere.
Ich kenne sogar etliche an sich nicht rechte WählerInnen (in meiner Blase mehr Frauen als Männer), die sehr deutliche Aversionen gegen zu viel Einwanderung haben und diffuse Ängste, die sich auf den Alltag beziehen, bspw. nicht mehr draußen Joggen gehen zu können, wegen der gestiegenen Angst vor sexuellen Übergriffen, soweit ich das mitbekommen habe, nicht durch alte, weiße Männer. Aber die Hexen waren wahrscheinlich schon immer latent rechtsextrem und jetzt endlich bricht es durch.
Dass Rechtsextremismus kein reines Ost-Phänomen ist, sehe ich auch so, dass es manchmal billig auf den Osten projiziert wird, auch. Dass die schlimmsten Regionen im Westen schlimmer sind, als die besten im Osten, kann sein, aber der Osten hat auch meiner Meinung nach ein besonderes, Problem mit dem Rechtsextremismus. Es bringt nichts das zu leugnen. Wie sieht es denn in dem schlimmsten Regionen im Osten aus? Einmal statistisch, zum anderen, aus persönlicher Anschauung.
Ansonsten ist es natürlich so, dass man nur/eher die nagetiven Ausschläge wahrnimmt. Ich habe mal an anderer Stelle ausgeführt wofür meine Region so steht, an Schrecken und Kriminalität, so gedrubbelt würde ich mich vermutlich selbst nicht besuchen, aber wenn ich aus dem Haus gehe, bin ich auch völlig angstfrei.
"Ostdeutschland ist nicht demokratiefähig."
Na das sagt die Richtige! In dem Ton und der Art und Weise, wie Sie überwiegend kommentieren, könnte man durchaus auf die Idee kommen, dass Sie zur ersten demokratischen Gepflogenheit - Meinungspluralität, die diskutiert werden und Kompromisse finden muss - auch nicht so wirklich fähig sind.
Danke für diese Antwort.
Ich liebe Ihre Argumentationsketten fast noch mehr als Ihren Befehlston. Den kenne ich aus Armeezeiten. Auf dem Kasernehof darf man so etwas. In eine zivilisierte Community gehört dieser Ton jedoch nicht.
Sie möchten einen Unterschied hinsichtlich der relativen Stimmanteile machen. Warum nehmen Sie dann aber andere Unterschiede nicht wahr. In dem Beitrag zum Equal Pay Day habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Durchschnittslöhne im Osten auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung noch flächendeckend unter denen des Westens liegen. Wenn Sie sich über weitere Unterschiede hinsichtlich der Verteilung von Eigentum und Vermögen kundig machen wollen, dann sehen Sie einfach in die Bücher von Daniela Dahn.
Ihre Bemerkungen und auch die von @Jonah Jarvis zeigen mir nur, dass es einen nicht unbedeutenden Teil der Einwohner dieses Landes gibt, der andere Bewohner als zu diskriminierende Minderheit ansieht und sie sprachlich so behandelt. Aber ich mache mir keine Illusionen darüber, dass irgendwelche Argumente bei Ihnen auf fruchtbaren Boden fallen werden. Sie haben sich Ihre Meinung gebildet, da können Tatsachen nur stören wirken.
Kleiner Hinweis auf ein Interview mit Christoph Hein in der "Zeit", passend zum Thema.
"ZEIT: Glauben Sie eigentlich, Sie seien das Opfer einer Kampagne?
Hein: Nein, das glaube ich nicht. Aber es zeigen sich in dieser Auseinandersetzung – jenseits der faktischen Fehler – die noch heute nicht überwundenen deutsch-deutschen Irritationen. Letztens ist mir während einer Buchvorstellung etwas Amüsantes passiert. Der westdeutsche Moderator, jemand, den ich sehr schätze, sagte, meine Novelle Der fremde Freund sei zunächst in der DDR veröffentlicht worden, erst später in Deutschland. Mit Deutschland meinte er die BRD. Das ist nun wahrlich kein Skandal, aber es ist ja nicht untypisch. Im deutschen Feuilleton gibt es bis heute deutsche Schriftsteller und ostdeutsche Schriftsteller, aber keine westdeutschen Schriftsteller.
ZEIT: Das Ostdeutsche ist vielen im Westen vielleicht fremder als noch Jahre zuvor. Denken Sie an die Wahlerfolge der AfD oder an Pegida.
Hein: Sicher, das ist mir auch fremd. Der Erfolg der Rechten ist meiner Ansicht nach zum einen mit der Deindustrialisierung erklärbar, zum anderen mit der Auswanderung. Noch heute ist es so, dass die jungen Frauen in den Westen ziehen und die begabten jungen Männer. Zurück bleiben an vielen Orten eine dumpfe männliche Jugend und Senioren. Das befeuert übrigens nach wie vor Ressentiments gegenüber dem Westen."
''Warum kriegen dann die ostdeutschen Kleinbürger nicht ihren gewerkschaftlichen Arsch hoch ...''
*** -): Danke für ihre (aggressive) Deutlichkeit.
Sie sprechen ungeschminkt die harte, ideologische und politische Wahrheit und Wirklichkeit, der ostdeutschen Erwachsenenbevölkerung, – von vor und nach 1989/1990 –, an.
Die damaligen Kinder und Nachgeborenen sind demnach auch die willkürlichen Opfer ihrer konsum-geilen und fahnenflüchtigen Eltern, Väter und Mütter, der historischen DDR.
Da die ostdeutsche Erwachsenenbevölkerung von vor 1989/1990, weit mehr als 60 Prozent der damaligen Gesamtbevölkerung, unter den damaligen relativ entwickelten Bildungsbedingungen der DDR, durchaus eine umfassende Information und Aufklärung über den (westdeutschen) Kapitalismus und dessen imperialistischen Existenzbedingungen [Plünderung der Rohstoffe und Bodenschätze, insbesondere der sog. sozioökonomischen Schwellen- und Entwicklungsländer] hatte, kann es auch keine 'moralische' Freisprechung für den Verrat der ostdeutschen Mehrheit am antifaschistischen und antiimperialistischen Gesellschaftsprojekt der historischen DDR geben. (!)
Hier nochmals in Erinnerung an die letzte 'freie' und 'demokratische' Volkskammerwahl vom 18. März 1990. Hier offenbarte sich am damaligen Wahlergebnis, für die dabei mitwirkenden kapital-gebeugten Parteien und Bündnisse, die freiwillige Mitwirkung der großen Mehrheit der Ostdeutschen am (künftigen) imperialistischen Projekt der Finanz- und Monopolbourgeoisie Westdeutschlands.
Noch Bemerkung: Hier sei auch an die ''Stasi''-Stürmer der damaligen Wendezeit von 1989/1990 erinnert. Heute existiert in Berlin-Mitte die neue BND-Zentrale, mindestens zehn Mal größer und unvergleichlich moderner und effektiver bei der elektronischen Überwachung und Registrierung (- weltweit), als die historische MfS-Zentrale in Berlin-Lichtenberg. –
Hiergegen, gegen die Gaucksche, Quandtsche und Merkelsche BND-BfV-BStU-Stasi, gibt es heute seitens der ehemaligen Anti-Stasi-Bewegung keinerlei Protest. Hier hat sich die ostdeutsche Bürgerbewegung, von vor 1990, letztlich als imperialistischer Zuhälter der (westlichen) Finanz-, Rüstungs-, Rohstoff-, Monopolbourgeoisie und deren NATO entlarvt.
R.S.: Mein politisches Berufsverbot, über die ''Gauck-Kommission'' beim Landesschulamt Berlin, seit Nov. 1995, wegen antifaschistischer und antiimperialistische Zusammenarbeit und für die humanistische Entwicklung und Zukunft der BürgerInnen der DDR und ihrer antikapitalistischen Gesellschaftsordnung. – Aber die Ostdeutschen haben sich gegen den Humanismus und Antifaschismus in ihrer großen Mehrheit im Jahr 1990 entschieden! Heute dürfen sie sich an weltweiten militärischen Einsätzen für ihr gesamtdeutsches Konsumparadies beteiligen!
28.03.2019, R.S.
Eine Besserwessi wie sie im Buche steht. Als "Motzki"-ne sind Sie allerdings nur eine Farce. Etwas mehr Übung, dann klappt es auch mit der Bewerbung bei RTL2. Von mir bekommen Sie ein Empfehlungsschreiben. Kostenlos.
Warum haben Sie eigentlich den Arsch nicht hochgekriegt und haben "das antifaschistische und antiimperialistische Gesellschaftsprojekt der historischen DDR" nicht tatkräftig vorangebracht? Von Ihrer Seite war die Grenze doch durchlässig. Vielleicht gibt es heute auch noch einige Länder, in denen man auf Leute wie Sie wartet. Die Ukraine vielleicht? Oder doch lieber Venezuela?
Konsumieren Sie ihre Pension. Sie wollen keine Veränderung.
QED. Falls es noch eines Beweises für meine Einschätzung bedurfte - voila, Sie haben verlässlich geliefert. Aber passt schon. Ich "jaule" auch nicht über Ihren Lieblingston auf. Ehrlich gesagt lese ich Ihr bisweilen recht elegantes Gerotze ganz gerne. Müssen schon mal sein, solche verbalen Farbtupfer. "Ostdeutscher Fettbemmenton" - super!