Balkan, mythenfrei

Streitkultur Kroatiens Literaturlandschaft im Umbruch. Eindrücke von einer Reise nach Zagreb und Pula
Exklusiv für Abonnent:innen

"Das haben die Serben im Krieg gesprengt." Edo Popovic lacht diebisch, als er auf die meterhohen, durchlöcherten Mauern links des Busses zeigt. Die kleine Reisegruppe, die gerade ins kroatische Pula einfährt, schaut erschrocken nach draußen. Doch schnell begreifen die deutschen Journalisten, Autoren und Verleger, dass der ovale Steinhaufen natürlich keine Kriegruine, sondern das berühmte Amphitheater ist, dass die Römer im 1. Jahrhundert v.u.Z. in dem kleinen Hafenstädtchen an der istrischen Küste hinterlassen haben. Gelächter kommt auf. Doch immerhin: Für einen Moment hat die Verwirrung funktioniert. Mit dem Klischee vom "Pulverfass Balkan" kann man selbst differenzierte West-Intellektuelle immer noch mal ködern.

Nicht, dass der Balkan