Die Anrufung des toten Gottes

NEGATIVE IDENTITÄT In seinem neuen Roman "Das Provisorium" klopft Wolfgang Hilbig noch einmal mit kalter Wut die Unvereinbarkeiten von Ost und West fest
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Als in Deutschland nach 1989 die Aufforderung grassierte, man solle sich seine Biografien erzählen, hatte keiner an Wolfgang Hilbig gedacht. Die Formel hatte immer einen therapeutisch-bemühten Beiklang. Sie nährte die Hoffnung, man könne sich über den Umweg subjektiver Geschichten einander annähern und verstehen lernen, wo man mit objektiven Maßstäben nicht übereinzukommen schien. Myriaden von biographischen Erzählstunden haben dieses Verständnis kaum wachsen lassen. Lieber hält man sich inzwischen die Ohren zu. Und nach der Geschichte, die Wolfgang Hilbig in seinem neuen Buch erzählt, kann man die Hoffnung wahrscheinlich noch ein Stück mehr begraben. Denn sein Roman Das Provisorium ist so rabenschwarz subjektiv, ist ein