Die anonyme Tochter eines Hartz-IV-Empfängers

Ich heisse Lisa. Ich bin die Tochter eines Hartz-IV-Empfängers.

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Mein Vater ist Software-Ingenieur und 50 Jahre alt. Nach der Pleite seines vorherigen Arbeitgebers hatte er noch einige Zeitarbeitjobs, meistens aber gar keine Arbeit. Er schreibt sinnlose Bewerbungen, auf die er nie eine Antwort bekommt. Wie er selber sagt, gibt es automatisierte Matrixverfahren für den passgenauen Bewerber. Bei ihm scheint alles nicht zu funktionieren. Entweder ist zu überqualifiziert, falsch qualifiziert, zu teuer oder zu alt. Ich möchte gerne Abitur machen und Ingenieurin werden, obwohl mich dieser Beruf schon fast etwas abschreckt. Ich bin Klassenbeste, werde aber ständig gemobbt, weil ich an Veranstaltungen oder Klassenfahrten meistens nicht teilnehmen kann und in alten Klamotten herumlaufe. Ich habe ein altes Handy und kann auch immer nur eingeschränkt ins Netz, weil mein Vater hierfür kein Geld hat. Er hat mir erklärt, dass mir aus meinem Hartz-IV-Satz für den Kauf eines Handys gar nichts und für die sogenannten "Kommunikationsdienstleistungen" pro Monat gerade einmal € 3,62 zustehen würden. Das kann ich nicht glauben. Die Schule interessiert es nicht. Das Jobcenter auch nicht. Die wollen, dass ich arbeiten gehe. Man hat meinem Vater gesagt, dass ein arbeitsloser Ingenieur in der Familie reichen würde. Einen zweiten könne man dem Steuerzahler nicht mehr zumuten.

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Geschrieben von

initiative146

Die Initiative 146 wirbt für eine Verfassung in Deutschland und hat dazu bereits einen ausformulierten Verfassungsvorschlag ins Netz gestellt.

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