Mein Vater ist Software-Ingenieur und 50 Jahre alt. Nach der Pleite seines vorherigen Arbeitgebers hatte er noch einige Zeitarbeitjobs, meistens aber gar keine Arbeit. Er schreibt sinnlose Bewerbungen, auf die er nie eine Antwort bekommt. Wie er selber sagt, gibt es automatisierte Matrixverfahren für den passgenauen Bewerber. Bei ihm scheint alles nicht zu funktionieren. Entweder ist zu überqualifiziert, falsch qualifiziert, zu teuer oder zu alt. Ich möchte gerne Abitur machen und Ingenieurin werden, obwohl mich dieser Beruf schon fast etwas abschreckt. Ich bin Klassenbeste, werde aber ständig gemobbt, weil ich an Veranstaltungen oder Klassenfahrten meistens nicht teilnehmen kann und in alten Klamotten herumlaufe. Ich habe ein altes Handy und kann auch immer nur eingeschränkt ins Netz, weil mein Vater hierfür kein Geld hat. Er hat mir erklärt, dass mir aus meinem Hartz-IV-Satz für den Kauf eines Handys gar nichts und für die sogenannten "Kommunikationsdienstleistungen" pro Monat gerade einmal € 3,62 zustehen würden. Das kann ich nicht glauben. Die Schule interessiert es nicht. Das Jobcenter auch nicht. Die wollen, dass ich arbeiten gehe. Man hat meinem Vater gesagt, dass ein arbeitsloser Ingenieur in der Familie reichen würde. Einen zweiten könne man dem Steuerzahler nicht mehr zumuten.
Die anonyme Tochter eines Hartz-IV-Empfängers
Geschrieben von
initiative146

Kommentare 2
Diese Autobiografie liest sich so, als ob sie geglättet worden wäre. Das passen alle Mosaiksteine perfekt zusammen. Klassenbeste! Wie wird so etwas verifiziert?
Ob geglättet oder nicht, die Problematik existiert und wird von der Regierung auch nicht ausgebügelt!
Da stehen sich Versäumnisse an ECHTEN Jobangeboten und der Mangel an teuren Zertifizierungsstempeln, die Auskunft über Fähigkeit und Kompetenz geben sollen, gegenüber.
Da fehlt es an ECHTEM Weiterbildungs - WILLEN Geld in die Hand zu nehmen und die erforderliche Crossover Jobkompetenz zu schaffen.
Was in diesem Bericht NICHT steht, ist die Aussage, dass die Jobcenter auf Nachkriegsberufe fixiert sind. Dass es an Aus- und Weiterbildung für die Jobcentermitarbeiter selbst mangelt. Aber auch die Frustration hinsichtlich der Tatsache, dass viele Jobcenter Mitarbeiter in einem Beruf festhängen, der sie zu Leibeigenen macht und sie selbst nach „Unten“ treten läßt. Sie also in Berufen festsitzen, denen heute die gesellschaftliche Anerkennung fehlt.
Aber auch die Kontrolle der „zugelassenen Maßnahmen“ fehlt. Da werden halb ausgegorene Maßnahmen gewährt, die von der Industrie ignoriert werden. Da wird übersehen, dass die Rahmenbedingungen für die Anerkennung im Beruf nicht gegeben sind.
Chaos und Angst regiert die Jobcenter! Und darüber die geflüsterten Anweisungen derer, die sich bei den Ministerialdirektoren ob der Einsparungen von Geldern einschmeicheln wollen!