EZB gibt 60 Milliarden Euro pro Monat aus

Projekt Desertec. Mit bis zu 1,3 Bio Euro sollen Staatsanleihen und andere "Wertpapiere" aufgekauft werden. Man könnte aber auch ein Infrastrukturprojekt wie Desertec damit finanzieren.

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Die seit 2011 summierten Kredite der Eurostaaten von ca. 250 Mrd. Euro für Griechenland haben das Land, bzw. seine einzelnen Bürger, bis auf minimale Ausnahmen nie erreicht. Sie sind fast vollständig und auf direktem Wege an deutsche, französische, englische Banken und an US-Pensionsfonds und Hedgefonds gegangen. Daher gibt es auch noch immer keine sinnvollen Projekte für Menschen, die europa- und weltweit für eine Verbesserung der Lebensbedingungen und der Ökobilanz gleichermaßen sorgen könnten. Ein Projekt, das man fast als "eierlegende Wollmilchsau" bezeichnen könnte, ist und bleibt das Projekt Desertec. Mit den monatlichen 60 Mrd. Euro seitens der Europäischen Zentralbank, umgeleitet in ein derartiges Projekt, wäre die Finanzierung vollständig abgedeckt. Leider scheinen die Kommissare und Sparfüchse der EU für derartige Ideen wenig aufgeschlossen zu sein, weil sie damit den von ihnen gehegten und gepflegten Energiekonzernen den Nährboden entziehen würden. Ein Grund mehr, diesen Gedanken also einmal näher zu beleuchten:

WAS IST «DESERTEC»?

Ob in den USA, Spanien, Frankreich oder den arabischen Staaten, überall gibt es mittlerweile Sonnenkraftwerke. Die Idee ist nicht neu. Bereits im Jahre 1916 hate der Deutsche Reichstag 200.000 Reichsmark für eine Parabolrinnen-Demonstration in Deutsch-Südwest-Afrika bewilligt. Aufgrund der folgenden Weltkriege und Anbruch des Erdölzeitalters wurden diese Technologien nicht weiter verfolgt. Mittlerweile stehen wir vor einem erneuten Paradigmenwechsel. Nicht nur der Klimaschutz, sondern auch die Endlichkeit der fossilen Brennstoffe sollten uns genügend aufrütteln, denn es ist bereits zwölf Uhr. Um noch zu retten was zu retten ist, müssen wir in größeren Dimensionen denken als bisher. Unter diesem Aspekt wurde vor einigen Jahren auch das Projekt Desertec gegründet, um Wüstenstrom mittels direkter Sonneneinstrahlung und Wind zu erzeugen und verlustarm zu den Verbrauchern zu transportieren. In einem Radius von nur 3.000 Kilometern können geeignete Standorte dazu beitragen, dass der größte Teil der Weltbevölkerung mit Strom versorgt werden könnte. Daher sollte nach den bisherigen Planungen auch die Energieerzeugung hauptsächlich in Nordafrika stattfinden und per Gleichstromleitungen in die verschiedenen europäischen Länder geleitet werden.

Ein wesentlicher Aspekt bei der Gewinnung von Strom in den Wüsten wäre ebenso die Verwendung eines Teiles der erzeugten Stroms für die Desalinisierung von Salz- bzw. Meereswasser. Allein in den Ländern des Nahen Ostens und Nordafrika (MENA-Region) hängt die Entwicklung ganzer Volkswirtschaften nicht nur von der Energie ab, sondern auch vom Wasser. Auch über die regelbare, lastfolgefähige Versorgung über das sogenannte Concentrating-Solar-Power-Verfahren hat man sich längst Gedanken gemacht. (CSP). So kann bei diesem Verfahren Wärme gespeichert werden, um dann auch in der Nacht Dampf für die Turbine zu produzieren und so Strom zu erzeugen, um die günstigere, aber unstetigere Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft ausgleichen zu können. Verwendet man überflüssigen Strom zur Erzeugung von Wasserstoff erhält man preiswert und ohne Umweltbelastung den notwendigen Brennstoff zum Einstieg in die Brennstoffzellentechnologie.

DIE VORTEILE FÜR EUROPA UND DER MENA-REGION

Mit diesen Innovationen könnte Europa zum Weltmarktführer werden und die E-Mobilität zum gegenwärtigen Stand der Technik erklären. Die Vorteile lassen sich schnell zusammenfassen:

1.) Für Europa

  • Eine weitgehende Selbstversorgung Europas durch regenerative Energie.

  • Eine weitgehende Unabhängigkeit von den klassischen Energieträgern Öl und Gassowie weitgehende Unabhängigkeit von den bisherigen Lieferländern und Regionen Russland, Naher Osten und USA und Canada.

  • Deutschland und die EU werden automatisch in außenpolitischen Problembereichen freier durch geringere Erpressbarkeit und können wirklich Realpolitik betreiben.

  • Der Zufluss von Finanzmitteln an die IS und anderer Terrororganisationen wäre ausgetrocknet.

Geopolitisch würde sich eine Stärkung Europas gegenüber den Vereinigten Staaten, Russland und China ergeben. Knebelverträge wie TTIP würden erschwert, die Einflussnahme auf Europa durch Lieferung von Produkten aus Fracking und Ölsandschiefer könnten wir endlich ad acta legen.

Das Projekt Desertec 2.0 könnte wie eine Neuauflage des Marschall-Planes wirken. Nur mit dem Unterschied, dass dieser Wachstumsschub sich diesmal auf alle europäischen Länder verteilen würde. Bisherige wirtschaftliche Problemländer wie Griechenland, Italien, Spanien könnten sich innerhalb kürzester Zeit zu Innovationsstandorten sauberer Energieerzeugung entwickeln.

2.) Für die Länder Afrikas und des Nahen Ostens (MENA-Region)

  • Eine Verlagerung der Energieerzeugung in nordafrikanische Länder bringt Wohlstand zu den Menschen und gibt soziale Stabilität. Menschen, die keine Existenznot haben, werden sich weniger terroristischen Organsationen oder anderen Heilsbringern zuwenden.

  • Durch die künftig unbegrenzt zur Verfügung stehende Energie könnten weite Teile unfruchtbaren Bodens durch künstliche Bewässerung zur Erzeugung hochwertiger biologischer Lebensmittel genutzt werden. Diese Art der Landwirtschaft benötigt einen Zuwachs an Arbeitskräften. Die einheimische Bevölkerung sowie zuwandernde Flüchtlinge aus Krisengebieten könnten bessere Einkommensmöglichkeiten bzw. eine neue Heimat finden.

  • Großflächige Wiederbegrünung und Neubegrünung von Gebieten, die in der Vergangenheit zugunsten des Raubbaues an der Natur geopfert wurden.

ENERGIE GEHÖRT IN BÜRGERHAND

Hierzu gehört auch eine neu zu bewertende gesamteuropäische Energiepolitik, die die Versorgung und Absicherung der Energiesysteme nicht weiter privatisiert, sondern verstärkt als Kernaufgabe des Staates sieht. Daher dürfen neu angelegte Projekte auch nur nach den nachfolgenden Maßgaben durchgeführt werden:

  1. Energieversorgung ist ein Menschenrecht und muss als Allgemeingut gelten.

  2. Netze gehören in direkte Bürgerhand (Kommunen).

Es ist bekannt, dass Hackerangriffe die Stromnetze eines Landes außer Kraft setzen und ganze Infrastrukturen lahmlegen können. Eine ernstzunehmende Sicherheitspolitik müsste also stets darauf ausgerichtet sein, alle Energieversorgungssysteme auf der untersten Ebene so autark und kleinteilig wie möglich zu gestalten. In diesem Zusammenhang sollte man auch über einen grundsätzlichen Systemwandel der Projektbeteiligten und bisherigen Gesellschaftsformen nachdenken. Vorstellbar wären sogenannte Genossenschaftsmodelle, die ausschließlich von natürlichen Personen gehalten werden. Die seinerzeit unter Ludwig Erhard angestrebte Maxime des «Wohlstandes für alle» sowie die Forderung Willy Brandts «Mehr Demokratie wagen» verbänden sich auf einfache Weise. Dass hier natürlich die Bottom-up-Methode gelten muss, um jeden Bürger in der kleinsten Kommune mit einbinden zu können, versteht sich dabei von selbst.

Mit diesem Projekt könnte die dringend benötigte Vermögensumverteilung friedlich begonnen, die Macht „der Märkte“ gebrochen werden und statt einer undemokratischen EU ein demokratisches Europa der Bürger etabliert werden.

Gerhard Knies, Hamburger Physiker und geistiger Vater von Desertec es hat es bereits auf den Punkt gebracht: «[...] Wenn wir die Energieerzeugung nur dem Markt überlassen, steuert uns der Markt sehenden Auges in den Crash.»

Die Südeuropäischen Staaten scheinen bereits an dem Punkt angekommen zu sein, der uns noch bevorsteht. Höchste Zeit also, die bisherige europäische Energie- und Wirtschaftspolitik in Frage zu stellen und zu überdenken. Dazu bedarf es auch die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger selbst. Denn wie heißt es schon in dem alten Sprichwort von Peter Tille : «Wer mit dem Strom schwimmt, erreicht die Quelle nie.»

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

initiative146

Die Initiative 146 wirbt für eine Verfassung in Deutschland und hat dazu bereits einen ausformulierten Verfassungsvorschlag ins Netz gestellt.

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