Nutznießer der Alternative für Deutschland

Medienhype AfD. Mit der AfD ist es jetzt wesentlich bequemer geworden, Grundrechte abzubauen, die politische Verankerung des Kapitals voranzutreiben und dabei "Ordnung zu schaffen".

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Ein Verschwörungstheoretiker könnte durchaus auf die Idee kommen, die AfD wäre hausgemacht. Denn es grenzt schon fast an ein Wunder, wenn eine von Professoren gegründete und wieder verlassene Partei es innerhalb von zwei Wochen schafft, ein Spendenvolumen von gut 1,3 Millionen Euro aufzubringen. Parteitage am laufenden Band, Fernsehberichte, Kamerateams, Presseberichte, jeden Tag ein neuer Medienhype und endlose Talkshows, in denen unzählige Experten darüber diskutieren, ob die Partei nun rechtspopulistisch oder mehr rechtsradikal sei. Politiker, die sich ihr im Wahlkampf verweigern, Shitstorms pro und contra über Facebook, gut gegen böse. Das volle Programm seit Wochen und Monaten.

Aus der alltäglichen Werbung wissen wir, dass der Erfolg eines Produktes davon abhängt, wie oft und wie intensiv es beworben wird. Erinnern wir uns: Die sich ständig wiederholenden Montagsspaziergänge von Pegida & Co. haben mehr Aufmerksamkeit erzielt als 250.000 Menschen auf der Anti-TTIP-Demo im Herbst 2015.

Wir wissen auch, dass die Medienlandschaft immer mehr von den Bertelsmännern & Co. getragen wird, so dass ein freier und kritischer Journalismus immer seltener wird. Rudolph Bauer hat es vor einigen Wochen in der Jungen Welt auf den Punkt gebracht: "Zusammen mit den Medien des Bertelsmann-Konzerns befördert die Stiftung den Prozess der gesellschaftlichen Verblödung und der deutschtümelnden Militarisierung."

Deutschtümelei. Es kann kein Zufall sein, dass bereits der Entwurf des AfD-Grundsatzprogrammes (1) vor Deutschtümelei nur so strotzt, ein autoritäres Staatswesen auf die Kernbereiche Justiz, Innen- und Außenpolitik, auswärtige Beziehungen sowie Finanzen beschränken, ein Menschenbild von 1651 (Thomas Hobbes) vertritt und das Sozialwesen zugunsten einer umfassenden Privatisierung so weit wie möglich aufheben möchte. Bürgerschaftliches Engagement gepaart mit einer Portion Patriotismus, wer wagt es da noch die Übungsleiterpauschale einzufordern. Nicht nur die Finanzwirtschaft dürfte hier gejubelt haben, sondern alle, die schon lange von der Verrechtlichung neoliberaler Verhältnisse und der politischen Verankerung des Kapitals träumen.

Es könnte also durchaus im Bereich des Möglichen liegen, dass die Alternative für Deutschland ein gewollter und hochgejubelter Dreschflegel ist, um nun die Zügel erneut anziehen zu können. Ordnung muss wieder her. Die Türkei als Internierungslager; das Recht auf Asyl weggefegt nach AfD-Manier. So will es schließlich das Volk.

Eine Partei, wie die Piraten hingegen, die trotz ihrer Unzulänglichkeiten im 21. Jahrhundert angekommen ist, ein eher humanistisches Menschenbild vertritt und sich mit ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Leitlinien längst auf dem Wege in die Gemeinwohlökonomie befindet, gilt als Fundamentalopposition und wird wohlweislich für tot erklärt. Wie wäre das Ergebnis für diese Partei ausgefallen, hätte man sie so hofiert und protegiert, wie die Alternative für Deutschland?

Nun, die Rechnung ist aufgegangen. Der Schierlingsbecher, der dem deutschen Volk gereicht wurde, wurde dankbar angenommen. Nun können sich alle Protestwähler vor den Spiegel stellen und selbstreflektieren: Ach, was bin ich für ein dummes Wesen, hab' gewählt und nix gelesen.

Quelle:

(1) https://correctiv.org/media/public/a6/8e/a68ed5e4-32a8-4184-8ade-5c19c37ff524/2016_02_23-grundsatzprogrammentwurf.pdf

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

initiative146

Die Initiative 146 wirbt für eine Verfassung in Deutschland und hat dazu bereits einen ausformulierten Verfassungsvorschlag ins Netz gestellt.

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden