Wohnungen für Flüchtlinge beschlagnahmen

Wohnungsnotstand. Eigentum verpflichtet. Dies gilt besonders für Wohnungen, die zu Spekulationszwecken leerstehen oder als Ferienwohnung dem regulären Wohnungsmarkt bisher entzogen sind.

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40 bis 60 Prozent der Häuser auf Sylt sind nicht nur in den Wintermonaten unbewohnt. Während die Immobilien der Reichen und Schönen nach einmaligem Gebrauch meistens wieder aus dem Bewußtsein verschwinden, ähnlich wie ein bei Zalando erworbenes Paar Schuhe, lagern Flüchtlinge in Parks oder Massenunterkünften der Städte und Gemeinden. In Berlin gibt es mittlerweile 15.000 Wohnungen, die nur noch zu Ferienzwecken angeboten werden und den größten Teil des Jahres leerstehen. Um die Immobilienpreise künstlich hochzuhalten, lässt man zahlreiche Eigentumswohnungen lieber unvermietet, als sie zu sozialverträglichen Preisen dem Wohnungsmarkt zuzuführen.

Die Idee der Berliner Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sollte schnellstens bundesweit aufgegriffen werden. Sie hatte bereits im Januar 2015 vorgeschlagen, Ferienwohnungen zu beschlagnahmen und als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen. Dabei schlugen ihr Stürme der Entrüstung entgegen, denn dieses Ansinnen passt nicht so wirklich in eine vom Kapitalismus geprägte Gesellschaft, in der der Begriff Gemeinwohl nur noch mit dem Begriff Sankt-Florians-Prinzip verbunden wird.

Dennoch hat Berlin sich jetzt dazu durchgerungen, zumindest ein aus der Konkursmasse leerstehendes Bankgebäude der Hypo Real Estate als Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge zu beschlagnahmen. In der Schalterhalle aus poliertem Granit und an den aus Edelhölzern gefertigten Tresen können die Flüchtlinge dann gleich den Reichtum in Deutschland bestaunen, der ihnen selbst allerdings selten bis nie zuteil werden wird. Das Bild von der hochgelobten "Mutter Merkel" wird spätestens dann Blessuren bekommen, wenn die ersten Neubürger nach etlichen Monaten und Jahren noch immer auf den gleichen Matratzen schlafen, die man für sie auf den kostbaren Fußböden der ehemaligen Topmanager ausgelegt hat.

Gestützt haben die Berliner Politiker diese Aktion übrigens auf das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Berlin. Dies besagt, dass der Staat Sachen, und damit auch Gebäude, beschlagnahmen kann, wenn die Sicherheit und Ordnung gefährdet sind.

Diese Gesetzgebung fällt unter das Polizei- und Ordnungsrecht und ist ein Teil des Verwaltungsrechts. Über die sogenannten Sicherstellungsgesetze, über die jedes Bundesland verfügt, ist es relativ einfach, noch weitere Beschlagnahmungen durchzuführen. Um die Immobilienmärkte nicht vorzeitig zu verunsichern, wird dieses Thema in den Medien bewusst vermieden oder doch mit sehr spitzen Fingern angefasst. Zu schnell könnte die Immobilienblase platzen und Immobilienkonzernen, Banken und den Heerscharen von Maklern und anderen Profiteuren die Kunden verscheuchen.

Natürlich muss bei Eingriffen in das Eigentumsrecht auch entschädigt werden. Empfehlen würden wir hier die KdU-Richtwerte, die auch bei den Kosten der Unterkunft für Grundsicherungsrentner oder Hartz-IV-Empfänger als sogenannte Mietobergrenze gelten. Diese Richtwerte, die sogar eigens vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Analyse & Konzepte unter dem Aspekt eines bundesweiten Wohnungsmarktbeobachtungssystems entwickelt wurden, könnten dann auch als Grundlage für die Entschädigungsleistungen an die Eigentümer gelten. In diesem Falle wäre dann der sogenannte ,,KdU-Vollzug", wie dort bereits erwähnt, auch in umgekehrter Richtung eine wirkliche ,,Managementaufgabe" für die Kommunen.

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Geschrieben von

initiative146

Die Initiative 146 wirbt für eine Verfassung in Deutschland und hat dazu bereits einen ausformulierten Verfassungsvorschlag ins Netz gestellt.

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