Der park, in dem sich seit menschengedenken die homosexuellen treffen ist nun die am hellsten ausgeleuchtete stelle der stadt! alle 2 meter wurden 300 watt leuchten aufgestellt, die, wie rafik sehr richtig feststellte, die augen kaputt machen – heißt: extrem blendiges und grelles licht abgeben. was die schwestern nicht hindert, sich in massen dort zu treffen. selten so viele auf einem haufen gesehen. Heavy cruising! es erstreckte sich bis in die anliegenden straßen. Wurde auf meinem rückweg noch von zwei doppelgeschwadern verfolgt! vor dem omajad hotel wurde ich dann eingeholt und direkt eingeladen, mit einem libanesischen und einem syrischen jungen mann noch einen drink zu nehmen, man logiere im four seasons, wolle aber noch etwas trinken, liebe die deutschen, insbesondere hannover (!!) ich habe – nicht nur ob der geschminkten augen – dankend abgelehnt. aber kaum waren die abgeschüttelt, kamen auch schon zwei weitere, die mich schon die ganze zeit verfolgt hatten. zum glück ließen die von mir, da just in dem moment vier soldaten in uniform um die ecke kamen und hinter den beiden herpfiffen. die aber ergriffen nur die flucht, denn wenn ich ihr beuteschema war, waren es die soldaten sicher nicht. schande! was soll aus dieser stadt nur noch werden?
Hier sind ja doch mehr redewendungen als bei uns sehr religiös und sehr blumig. allein der normale begrüßungsdialog streckt sich über fünf minuten und spart nicht mit blumigen redewendungen („bei meinen augen“ – „allah schütze deine gesundheit“ „ die gesundheit komme zu dir von allah“, „er gebe, dass du einen schönen morgen hast“ und so weiter). das kann ganz schön anstrengend sein, da sind wir mit „na, wie geht’s“ – „es geht“ ja doch recht knapp. zudem wird „ahlahn wa sahlahn“ (was willkommen heißen soll, aber wörtlich wohl „ich wünsche dir freunde und land“ heißt) ungefähr 30 mal wiederholt. auch das kostet zeit. leider sind die sätze, die ich inzwischen stammeln kann noch vom schlage „ich habe heute zum frühstück brot mit käse gegessen.“ aber immerhin. dennoch: die freie rede ist in arabisch mein ding noch nicht.
Auf dem rückweg vom sprachkurs nehme ich heute ein taxi. das ist schwierig, denn es kommt die alte syrische taxifahrerkrankheit durch, dass sie immer nur in eine richtung fahren wollen. vielleicht haben sie bald schichtwechsel und wollen schon in die richtige richtung. einmal sagte ein fahrer mir, er habe nicht mehr genug benzin, um nach scha’alan zu fahren. oft zeigt der fahrer des leeren taxis die richtung schon mit der hand an. was weiß ich ob ich nach richtung rechts oder links muss? die potenziellen fahrgäste rufen dem fahrer des leeren taxis im langsamen vorbeifahren die destinationen zu. in 90 prozent der fälle lehnt der fahrer ab und fährt leer weiter. wenn ein taxi aber mal einen gast aufnimmt, dann ist es in letzter zeit modern geworden, dass man sich das taxis teilt. oft werden noch weitere gäste zugeladen, die auch in etwa in die richtung wollen. bei den benzinpreisen und den niedrigen taxipreisen wohl eine notwendigkeit, um die kosten reinzukriegen. wenn man das marktwirtschaftlich betrachten würde, kann man von einem eindeutigen nachfrageüberhang sprechen. das angebot ist zu knapp. was aber komisch ist, ist dass die anbieter ihre ware nicht mal anbieten, wohl – wieder marktwirtschaftlich gedacht – weil der ihnen gebotene preis zu niedrig ist. er fährt lieber leer als mit gast. tja, vielleicht gibt es auch andere gründe, aber das ist eben einer der beweise, dass es eine wirkliche marktwirtschaft hier noch nicht gibt. als ich nach 30 minuten schon verzagt war, hält direkt vor mir ein taxi, aus dem zwei gäste entsteigen. aber der fahrer lehnt ab, er habe keine zeit. da kommt ein resoluter polizist und verfügt, dass ich einsteigen solle und der fahrer mich zu fahren habe. eine ecke weiter lässt er mich wieder raus, denn er versichert mir glaubhaft, er habe eine verabredung zu der er nicht käme, wenn er mich noch fahren würde. zum glück finde ich wenig später ein taxi, das mich auch freiwillig mitnimmt.
Kommentare 9
Wieder sehr lebendig, das Ganze. Eine fremde spannende Welt.
Sehr interessant ist das Ding mit den Begrüßungsritualen. Wie hält man - wenn man an eine gewisse europäisch/deutsche Knappheit gewöhnt ist - sowas aus. Das Einzige was da vielleicht hilft, ist die Fähigkeit, sich in die Sprachmelodie zu versenken, zu lächeln und zu genießen, sich zu entspannen bis man das Gefühl hat, man könnte jetzt zum Geschäftlichen kommen.
Sehr lustig.
Das mit den Taxis ist vielleicht ein Rätsel des Orients. Vielleicht muss man sich in der Gegenrichtung aufstellen, dann klappt es am Ende.
an die begrüßungen gewöhnt man sich schnell. man muss eben nur wissen, dass man nach "wie geht's?" noch "und der Familie?" und "und den kindern?" und "und mit der arbeit?" und dann "und der gesundheit?" fragt - also am besten alle teilbereiche des lebens abfragt. dann kann man noch nach neuigkeiten fragen und wieder von vorn beginnen. aber zeit muss man eben mitbringen.
isam - wieso zeit mitbringen? ist die nicht schon da?
lieber isam, wenn magda meint, du beschreibst uns eine fremde welt, sehe ich das auch so. aber spannend kann ich nur deine berichterstattung finden, die details des alltags in damaskus an sich weniger. something ist rotten in the world's condition, mein von shakespeare geklauter wahlspruch trifft auch hier. das ist für mich das spannende, das aber zugleich mehr oder minder unerträglich ist. ob das die verfolgung durch schwule ist oder deren verfolgung durch uniformierte, ob es die tradition der blumigen schnörkelrede oder das irre verhalten der dienstleister im taxi.
danke für den coolen blick ins andere chaos.
..sehr aufschlussreiche einzelheiten über hormongesteuertes benehmen der südländer. dass bezüglich der "verfolgung von interessen" die sexuelle orientierung keine unterschiede macht,
ist mir noch nicht so deutlich erschienen. zudem ist auch gut dargestellt, dass sexuelle gier offensichtlich temporär sehr stark auf das hirn drückt und dabei den blick für die verhältnisse einer situation völlig verklären kann. ein umstand, der allgemein nur in klassischer konstellation bekannt ist, die da heisst: "siffiger/ ekliger/ alter .. typ macht sich an junges gemüse heran". Ob dieser und anderer Hauptthematik verstehe ich aber gar nicht, warum dann sittsame hutträgerinnen auf der suche nach subthemen in solchen mit schwul überschriebenen artikeln blättern müssen, bis dann endlich marginalinhalte wie begrüssungsrituale zu einem aha-effekt führen.
@ manstruator
"sehr aufschlussreiche einzelheiten über hormongesteuertes benehmen der südländer"
DER südländer glaube ich schon mal gar nicht. vermutlich eher DER männer, oder? das würde auch erklären, warum die sexuelle ausrichtung keinen unterschied macht. und: sittsame hutträgerinnen sind doch ÜBERALL willkommen!
Ob und wie Männer ihre Triebe ausleben, ist kulturell beeinflusst bzw. durch gesellschaftliche Normen, behaupte ich mal. Im Alten Rom z.B. galt es bekanntlich als "normal", bisexuell zu sein. Hauptsache, der Mann war der Aktive. Ist im "Satyricon" von Petronius ja ausführlichst beschrieben. Und in Polynesien besuchten früher viele Männer, wenn ihnen danach war, einen männlichen Prostituierten.
Da ich meine, dass der Umgang mit Sexualität viel über eine Gesellschaft aussagt, lese ich gerade solche Schilderungen mit großem Interesse. Dazu muss ich nicht selbst schwul sein.
Was mich wirklich schockiert hat, war die Vorliebe für Hannover. Die Stadt gilt ja als "Stuttgart des Nordens" und in Stuttgart habe ich selbst mal ein Dreivierteljahr (viel zu lange) gewohnt. Man pflegt ja seine Vorurteile. Ähnlich schockierend finde ich es, im Ausland auf Bayern-München-Fans zu treffen. :)
hi @isam, ich möchte lediglich nicht den männern aller regionen dieser welt dieselbige "qualität" unterstellen, die eben hier in diesem artikel beschrieben wurde. es ging mir eher um die verfolgung von männern, und halte mich deshalb ausschliesslich an den Originalbericht. Der Grad der "zudringlichkeit" ist m.E. wirklich ein eigenes thema, bei welchem meine erfahrungen regional durchaus unterschiedlich sind. Sogar sittsame Hühner finden mal ein gutes Korn.
natürlich ist trieb eine kulturelle kategorie und das ausleben des triebes ist kulturell beeinflusst, wenn nicht gar erst hervorgebracht. es ist ja (nebenbei bemerkt) auch das faszinierende hier. dennoch habe ich hier auch viele menschen kennengelernt, die "europäische triebstrukturen" hatte. ich glaube, dass dabei die herkunft ("südländer") nämlich nur die eine seite der kulturellen dimension erfasst. die andere ist das kulturelle milieu der herkunftsschicht. und da haben wir hier eben eine vor allem agrarwirtschaftlich und industriell geprägte gesellschaft und bevölkerungsstruktur und keine dienstleistungsgesellschaft. und ähnlich wie auch bei uns früher (oder noch im italien der 60er und 70er jahre) schlagen sich daher bestimmte verhaltensweisen (von anbaggern bis hin zur partnerwahl - auch der gleichgeschlechtlichen) nieder, die ihre entsprechung nicht nur im kulturellen, sondern auch im sozialen kontext haben.
daher wehre ich mich gegen DER.
die vorliebe für hannover halte ich auch für eine wirklich bedenkliche erscheinung - und: bayern-münchen-fans trifft man hier auch überall! schlimm!