Der Herbst ist da!

Ausnahmezustand Gemeint ist nicht die romantische Zeit des "bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder", sonder die alljährliche Weinlese, die hier eben "Herbst" heißt.

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Der Herbst beginnt, am 24. September. Im Nachbardorf hat's schon angefangen. Alle Vorbereitungen sind getroffen, die Bottiche stehn geputzt auf Anhängern - es kann losgehen.

Der Herbst ist verkehrstechnisch ein Ausnahmezustand. Jetzt ist Saison für Touristen, denen es im Sommer zu heiß ist. Sie genießen die Gegend - auch auf der Straße, was manchen zu ausgesprochen riskanten Überholmanövern veranlasst. Jetzt ist eine gute Zeit für Radfahrer, weil es nicht mehr so heiß ist, die lang gezogenen, kurvigen Steigungen zu bezwingen und immer (also gefühlt) unmittelbar hinter einer Kurve oder einer Kuppe zu verschnaufen, was so manche Vollbremsung nötig macht. Jetzt ist die Zeit der Schmalspurtraktoren, die nicht selten mit Anhängern gemächlich über die Straßen rattern oder aus Wirtschaftswegen kommen. Da wird ein vermeintlich am Straßenrand parkender Traktor schon mal sehr lang, weil er der letzte in der Schlange vor der Winzergenossenschaft ist.

Der Herbst ist aber auch in anderer Hinsicht ein Ausnahmezustand. Jetzt gilt es die Früchte der Arbeit des ganzen Jahres einzufahren. Wer Nebenerwerbswinzer ist, kann seine Trauben nur innerhalb eines begrenzten Zeitfensters abliefern. Da muss geplant werden. Lieber gleich holen oder vielleicht noch zwei Tage warten? Jeder Sonnentag bringt noch Öchsle und die spielen beim Ertrag eine Rolle. Regen dagegen wirkt sich negativ auf das Ergebnis aus. Geplant werden muss auch der Arbeitseinsatz als solcher. Meist macht sich die ganze Familie auf, oft helfen Freunde und Bekannte mit. Heute bei Dir, morgen bei mir. Herbsten ist eine anstrengende Arbeit, keiner darf fehlen, sonst schafft man es nicht. Viele nehmen im Herbst ein, zwei Wochen Urlaub. Es ist schon vorgekommen, dass man vergaß, das Kind bei der Nachbarin zum vereinbarten Termin abzuholen... Jetzt werden alle Kräfte mobilisiert. Ausweichtermine gibt es nicht.

Wer das nicht kennt, dem kommt das komisch vor. Alle Termine müsse vor dem Herbst gemacht werden, was zuweilen in Streß ausarten kann. "Wir telefonieren nach dem Herbst mal." heißt es, wenn man sich verabreden will.

Das ganze Jahr haben die meisten geackert - geschnitten, die Triebe geneigt, die Stöcke geputzt, gemulcht, gespritzt, Luft gemacht - vieles davon in Handarbeit. Vieles davon mit den Kindern, die früh lernen, wie man eine Rebschere benutzt (ich kann das immer noch nicht richtig). Vieles machen die Frauen oder die Renter vormittags. Jetzt - wenn die Trauben abgeliefert werden, wenn Gewicht und Öchslegehalt gemessen werden - zeigt sich, was die Mühe eingebracht hat. Ausgezahlt wird erst im nächsten Jahr.

Nach dem Herbst kommt Erntedank und es tritt etwas Ruhe ein. Nicht für lange, denn oft schon vor Weihnachten beginnt das erste Schneiden der Reben...

Das Ergebnis sind Weine von Qualität. Weine, auf die man stolz sein kann. Das Ergebnis ist aber auch eine Verbundenheit der Menschen mit ihrem Land und ihrer Arbeit, etwas, was prägt.

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Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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