Die Rückkehr der Jedi-Ritter

Was Kinder spielen Cowboy und Indianer, Pfeil und Bogen oder gar Gewehr - das ist out. Heute muss es schon mindestens ein Lichtschwert sein.

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Alles fing damit an, dass es im letzten Jahr für den Jüngsten unbedingt ein Star-Wars-Adventskalender sein musste. Ich bin eine liebe Mama und habe den Wunsch erfüllt. Bis Weihnachten staune ich über das umfangreiche Wissen des Juniors. War mir da etwas entgangen? Das Lichtschwert, das Oma schon im Sommer auf sein ausdrückliches Verlangen gekauft hatte, liegt ebenso unbeachtet irgendwo herum wie das vom Cousin geerbte Jedi-Gewand in der Verkleidekiste vor sich hindümpelt. Das ändert sich um die Weihnachtszeit dramatisch. Tatsächlich bricht das Jedi-Fieber aber erst aus, als das Christkind ein Star-Wars-Nintendo-Spiel bringt.

Natürlich habe ich die Star Wars Filme im Kino angeschaut - vor Jahrzehnten, aber schonbei den Episoden I-III bin ich ausgestiegen. Das rächt sich jetzt: ich kann nicht mitreden. "Was soll den an Han Solo bitte so toll sein?" Und Star Wars, the Clone Wars? Ich hab nicht mal mitgekriegt, das es das gab. Ich war mit anderen Dingen beschäftigt.

Jedenfalls wirbelt seit einigen Monaten ein kleiner Jedi, Kopfgeldjäger oder Rebell mit surrendem Lichtschwert durch die Wohnung. Auch der „grüne Alte“ hat inzwischen einen Namen: Meister Joda. Der ist sowieso der Beste. Manchmal spricht das Kind schon wie dieser verschrumpelte grüne „auf-Grammatik-ich-scheiße“ Joda –„Hunger ich habe.“ Sätze, die ich nur als Geräusch wahrnehme. Die Klassenlehrerin hat mir allerdings versichert, dass alle Kinder das spielen und mein Sohn eindeutig nicht der Experte auf dem Gebiert ist. Da gäbe es andere.

Wo kommt das her? Außer für den Knirps ist das bei uns nicht Thema, wir haben die Filme nicht auf DVD und schauen sowas auch nicht mit den Kindern an. Oma hat mich auf die Spur gebracht: Star Wars gibt es als Zeichtrickfilm und Oma und Enkel sind der Ansicht, dass Zeichtrickfilme immer Kinderfilme sind. Alles klar.

Den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung habe ich neulich bestaunt. Ein Freund kommt zum Spielen und hat seinen Nintendo dabei. Geht ja gar nicht. Aber um das nervtötende Gequengel abzustellen, mache ich eine Ausnahme: "...eine halbe Stunde, aber dann spielt Ihr draußen!" Und da sitzen dann beide Jungs auf dem Sofa und spielen. Nein, nicht gemeinsam – das ginge nicht, weil jeder ein anderes Spiel habe, wird mir erklärt, aber auch nicht allein. Die beiden schwatzen ununterbrochen, etwa so:

„wie komme ich an dem Droitiker vorbei?“ – „Du musst die Macht benutzen, drück A, A!“, „ Cool, die hab Count Doku freigeschaltet“ – „Echt, der kann Doppelsprung“, „Was muss ich hier machen?“ – „Da brauchst Du einen Jedi, sonst geht das nicht.“, „Ich komm an diesem Felsen nicht vorbei, kannst Du mir helfen?“ – „Klar. Nintendotausch!“…

Und ich dachte immer, vor diesen Daddeldingern vereinsamen Kinder. Nun ja, nach einer halben Stunde müssen die beiden dann raus. Die Dialoge aber verändern sich nur unwesentlich. Der Garten wird zum kosmischen Kampffeld, durch das diese beiden Jediritter im Kampf gegen irgendwelche Feinde (Mama, was bedeutet eigentlich „Separatisten?“) toben, wenn sie sich einig sind, welche Episode jetzt gespielt wird.

Neulich haben sie die alten Filme im Fernsehen wiederholt. Ich hab tatsächlich mal reingeschaut, aber nach Spaceballs und gefühlten 100 Folgen von „Darth Vader privat“ war das irgendwie nicht mehr wie früher außerdem habe ich jetzt einen eigenen Jedi-Beschützer…

Langsam, so vermute ich, ebbt die Welle aber ab, gestern habe ich einen Zauberstab gefunden mit einer dreiseitigen Liste von Zaubersprüchen…

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Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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