Mehr als nur viel Arbeit.

Ehrenamt Ein Ehrenamt bringt meinst Arbeit, selten aber wirklich Ehre. Warum engagieren wir uns eigentlich trotzdem? Einige persönliche Überlegungen

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Ein Gemeindezentrum im Süden der Republik, 19.30, etwa 40 Menschen versammeln sich, um über die Umsetzung von verordneten Strukturmassnahmen zu diskutieren. Meine Aufgabe ist es, den Stand der Entwicklung in unserer Gemeinde darzustellen. Der Abend nimmt einen recht guten Verlauf, die Veranstalter sind gut vorbereitet und vor allem das Zeitmanagement ist hervorragend.

Neben allen Unsicherheiten, Ängsten und Fragen, die zu erwarten sind, macht sich allenthalben ein Gejammere breit. Vor allem die Ehrenamtlichen klagen über die Belastung.

Sie sind Mitglieder in ein, zwei, ja manchmal sogar drei Gremien und die tagen alle etwa einmal im Monat. Ja, bei manchen läge sogar das gesamte Familienleben auf Eis! Was mögen die für ein Familienleben haben? kommt mir in den Sinn. Ich hatte auch schon Wochen mit fünf Abendterminen, aber mein Familienleben liegt deshalb nicht auf Eis...

Interessanter ist da schon die Frage, warum die hier sind bzw. warum die das noch machen. Warum engagieren sich Menschen ehrenamtlich?

Ehre springt dabei schon lange nicht mehr heraus. Bei den herausgehobenen Ämtern, also wo man schon mal öffentlich reden muss, kann man mittlerweile eher sowas wie Häme beobachten "der will sich doch nur wichtig machen".

Was also treibt Ehrenamtliche an?

Da ist einmal die Arbeit, die sich nicht von selbst macht. Vom Unkraut zupfen bis zur Präsentation der Ergebnisse. All das muss ja gemacht sein. Muss? Nein. Ich will, dass etwas geschieht, und darum mache ich etwas. Auch wenn ich damit allein auf weiter Flur stehe (was eigentlich gar nicht vorkommt).

Und dann mache ich viele Dinge einfach auch gern. Gut, Unkraut zupfen gehört jetzt nicht dazu, muss aber sein. Aber die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen z.B. liegt mir einfach. Ich kriege was dafür und das geht deutlich über einen "Eintrag im goldenen Buch" hinaus, Anerkennung, Zuneigung und auch das gute Gefühl, das richtige zu tun (also überwiegend).

Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit anderen Menschen und es sind ja meist die interessanteren Zeitgenossen, die mittun. Ich bin gern mit Menschen zusammen, grade auch mit solchen, die anders ticken als ich. Die regen mich zwar manchmal auf, bringen mich aber auch weiter.

Mein Fazit: ich habe schon eine Menge Arbeit im Ehrenamt, aber ich profitiere auch gewaltig davon. Die Bilanz ist ausgeglichen.

Bin ich überlastet? Manchmal ja. Dann habe ich mir zuviel aufgehalst, mich über- oder die Aufgabe unterschätzt. Und: ich hab gedacht, ich muss alles allein stemmen. Muss ich aber nicht. Es gibt genug Menschen, die mittäten, wenn ich sie nur ließe. Ich muss vielleicht einfach mal jemanden einladen oder bitten.

Und ich darf auch mal einfach so die Arbeit von Ehrenamtlichen anerkennen. Ohne besonderen Grund und Anlass. Denn ohne den engagierten Trainer, der Woche für Woche auf dem Platz steht, auch ohne einen Sieg, könnte mein Kind nicht kicken, zum Beispiel.

Eine Frau sagt, man müsse lernen "nein" zu sagen, um auch mal "nein" zu sagen und ich überlege, ob es nicht besser wäre "ja" zu sagen, das dann aber bewusst.

Solange es noch überwiegend Spaß macht und Zufriedenheit hinterlässt, lohnt sich die Arbeit im Ehrenamt. Außerdem - aber das gilt für mich ganz persönlich - gehört es sich einfach, zum Gelingen einer Gemeinschaft beizutragen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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