Shoppen wie 'ne Frau

Plastik Warum, fragte neulich ein Bekannter, warum müssen Frauen eigentlich immer Plastik kaufen? Versuch einer Erklärung

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Unlängst erklärte mir ein Werbespot die Welt - "shoppen wie ein Mann" hieß es da unter anderem. Lächelnd saß ein Mann mittleren Alters vor dem Tablett und bestellte was zum Anziehen. Mein Vater wäre begeistert gewesen. Er blieb immer vor dem Laden stehen, während meine Mutter drinnen etwas kaufte, was er dann auch anzog. Die Zeiten ändern sich. Aber nicht überall. Shoppen wie 'ne Frau hat natürlich ganz viele Facetten (einige davon haben sich mir nie erschlossen), aber schon in meiner Kindheit gab es Tupperparties. Es gibt sie immer noch.

Tupperparty - das war, wenn wir ins Bett mussten und alles blitzsauber und gerichtet auf einen Haufen Gäste wartete. Auch das ist bis heute kaum anders. Eine freundliche Dame kommt herbeigeeilt und verwandelt das Wohnzimmer, Eßzimmer oder den Partykeller in einen Verkaufsraum. In bunten Farben wird liebevoll dekoriert, was an die Frau gebracht werden soll. Die Gastgeberin wird zur Verkaufsassistentin, die für Getränke (Sekt fehlt - glaub ich - nie) und kleine Snacks sorgt. Die Tupper-Tante kocht am Abend aber auch selbst irgendwas. Jeder Platz ist vorbereiten mit einem Katalog, einem Flyer, der die aktuellen Sonderangebote anpreist, und einem Bestellschein samt Kugelschreiber.
Dann trudeln die Gäste (eigentlich müsste es ja Gästinnen heißen) ein und die Vorstellung beginnt. Zuerst kriegt jede ein Geschenk. Hochwertig natürlich - auch wenn es nicht jede wirklich braucht. Zurückgeben gibt's nicht (verschenken geht ja auch). Es werden die neuesten Erungenschaften vorgestellt und ausgiebig begutachtet. Dann stellt die geschulte Dame irgendeinen Dip und/oder ein Brot oder Ähnliches her, ganz ohne Elektrik (Backen ausgenommen), um zu zeigen, wie leicht und unkompliziert es mit den hervorragenden Produkten, die sie verscheuert, zu machen ist. Am Ende werden die mitgebrachten, kaputten Teile eingesammelt. Sie werden natürlich ersetzt. Mittlerweile ist der durchschnittliche Alkoholspiegelt deutlich angestiegen, ebenso wie der Geräuschepegel. Es geht schon lange nicht mehr um Plastik, sondern um Kinder, Ehemänner, Garten, Küche, Haus und Hof (Kinder, Küche, Kabelfernsehen - es ändert sich doch wenig). Jetzt noch schnell den Bestellschein ausfüllen - gezahlt wird meist erst bei Erhalt der Ware und dann verkündet die Verkäuferin, wieviel Umsatz die Gastgeberin gemacht hat und was sie dafür kriegt, wenn, ja wenn hier und jetzt der Termin für die nächste Party vereinbart wird. Dann wird es mal etwas stiller und gedämpftes Gemurmel hebt an. Denn eigentlich hatniemand mehr Bedarf - die Bestellscheine sind ja alle ausgefüllt. Irgendwann erbarmt sich doch jemand und der Abend kann gemütlich ausklingen...

Auf diese Weise kann frau nicht nur Plastik, sondern auch Putzmittle, Dessous (nein, da gibt es keine Webcam, wie einige Anhänge der Frauen immer fordern), Kerzen oder Küchenmaschinen erwerben. Das Prinzip ist immer gleich. Eine Frau aus dem lokalen Umfeld vertreibt - meist nebenberufliche und mit großem persönlichem Einsatz - Produkte, die ziemlich teuer und nur bei solchen Gelegenheiten zu haben sind, sich aber überall wiederfinden. Kein Fußballturnier ohne diese komischen Trinkflaschen, deren Verschluss in Folge der Öffnung durch Kinderzähne langsam schmuddelig grau verfärbt ist, kein Fest ohne diese Kuchenhauben, die nur in der Farbe variieren, ach der Beispiele gibt es viele.

Natürlich sind viele Sachen praktisch, aber ich vermute die Gewinnspanne ist riesig, also für das Unternehmen. Über die Herstellung erfährt die interessierte Kundin nix (ich bin wahrscheinlich auch die einzige, die mal nachfragt). Vielleicht geht es auch gar nicht nur um Plastik, sondern auch um Erfahrungsaustausch, Tricks und Tipps und das Gefühl, dazu zu gehörten. Ach ja, und manchmal ist es natürlich auch ein Markt der Eitelkeiten, auf denen sich zeigt, wer die bessere Hausfrau, Köchin, Mutter ist. Nein, nicht wirklich, oder doch? So ein bisschen vielleicht.

Männer machen sowas nicht, oder doch? Die lassen sich die Sachen im Geschäft zeigen - nicht umsonst nennen wir Baumärkte auch liebevoll "Spielzeugladen für Männer".

Natürlich ist das nur ein ganz kleiner Einblick gewonnen aus wenigen persönlichen Erfahrungen, die man nicht verallgemeinern darf, aber es fällt mir schon auf. Ich überlege ernsthaft, ob ich nicht auch mal eine Tupperparty mache - aber nur für Männer...

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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