Sich selbst austricksen - so kann's gehen!

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Geht das eigentlich nur mir so, dass ich viel zu oft genau das kriege, was ich nicht will?

Von weitem Hein Bolle kommen sehend denke ich noch „Hoffentlich quatscht der mir jetzt keine Frikadelle ans Knie!“ und finde ich mich unversehens in einer ausführlichen Schilderung seiner beruflichen Erfolge der letzten drei Tage wieder … und das Buch, das ich auf keinen Fall vergessen wollte, liegt einsam und verlassen auf dem Küchentisch, während ich schon eine halbe Stunde unterwegs bin …

Warum aber kriege ich so oft genau das, was ich mir grade nicht wünsche?

Die nun folgende Erklärung ist wahrscheinlich wahnsinnig vereinfacht und ungenau, hilft mir aber grade deshalb. Wer es besser oder genauer weiß, möge doch bitte ergänzen oder korrigieren.

Das hängt mit den berühmten zwei Gehirnhälften ebenso zusammen wie mit den Wörtern „nicht“ und „kein“.

Unser Gehirn besteht (u.a.) aus zwei Gehirnhälften, die ganz prima zusammenarbeiten. Die rechte Hälfte – sie gilt auch als die „musische“ – ist zuständig für Bilder, Gefühle, Erinnerung und vieles mehr. Sie arbeitet simultan, ist also mulit-tasking-fähig, aber: nicht logisch. Ganz anders die linke Hälfte. Sie ist der logische Teil des Gehirns und arbeitet dafür sequentiell, eins nach dem anderen. Hier ist der Sitz von Abstraktion, Schrift und Sprache. Wie gesagt, beide arbeiten prima zusammen. Sagt einer „Stuhl“ kann die linke Hälfte das schreiben und kategorisieren, während die rechte – zack! – dazu das grade aktuelle Bild zusammen mit Gefühlen, Gerüchen, Erinnerungen bereit stellt.

Jetzt ist aber die rechte Hälfte deutlich schneller als die linke. Das lässt sich leicht nachvollziehen: Man schließe die Augen, öffne sie nur für den sprichwörtlichen Augenblick und beschreibe das Gesehene. Die Beschreibung dauert deutlich länger als der visuelle Eindruck. Es heißt nicht umsonst: ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Doch es ist nicht nur das Bild, welches so schnell präsent ist; ebenso schnell sind auch Gefühle und Erinnerungen da. Bei „Frikadelle ans Knie“ um im Beispiel zu bleiben, hat meine rechte Gehirnhälfte das ganze Zuhör-Repertoir ebenso schnell bei der Hand: Lächeln, Nicken, Blickkontakt, …

Leider, leider aber kann die rechte Gehirnhälfte nicht für alles ein Bild bieten. Genau! „nicht“ geht einfach nicht. Es ist unmöglich, „keine Bäume“ zu malen. Jeder Versuch, es doch zu tun, endet mit durchgestrichenen Bäumen oder eben anderen Dingen (Häusern z. B.). Und da dieses Wort (also genau genommen die ganze Wortgruppe um „nicht“ und „kein“) nicht dargestellt werden kann, wird sie eben ignoriert. Natürlich nur, solange sie nicht mit einem anderen Bild verknüpft ist wie etwa „nicht können“ = „versagen“.

Und jetzt wird klar, warum so viele Befürchtungen sich dann doch bewahrheiten (müssen). Wenn ich einfach einmal das „nicht“ aus meinen Sätzen streiche und schaue oder höre, was ich mir da vornehmen oder wünschen, …

Da muss man sich wirklich nicht wundern! Ich trickse mich selber aus.

Wenn ich also denke „hoffentlich quatscht der mir keine Frikadelle ans Knie“ ist das so, als knipste ich - unbewusst und ungewollt – den Leuchtpfeil über mir an mit der Aufschrift „Hast Du Probleme, die die quälen? Sag sie mir!“ und lade damit den Guten grade zu ein, mich voll zu sabbeln.

Ich glaube, ich bin da gar kein Einzelfall.

Wer Bedenken hat, der denke jetzt ganz kurz mal nicht an einen gelben Briefkasten.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ismene

Kein Mensch ist freiwillig schlecht.Aber es sind schon viele ganz komisch unterwegs.antigone@weibsvolk.org

Ismene

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