Green New Deal für Europa?

Klimastreik Trotz Androhung von Tadeln weisen Schulstreiks gerade auf verpasste Klimarettung hin. Die Idee des Green New Deals könnte eine Lösung sein

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Die Schüler, die für das Klima auf die Straße gehen (hier am 25. Januar in Berlin), haben die Dringlichkeit verstanden
Die Schüler, die für das Klima auf die Straße gehen (hier am 25. Januar in Berlin), haben die Dringlichkeit verstanden

Foto: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Die Klimaziele von Paris werden in Deutschland und in der Mehrzahl der anderen Länder weltweit verpasst. Riesige Eisberge werden sich schon früher als erwartet von den Polarkappeb ablösen. Die Artenvielfalt nimmt rapide ab. Das wissen wir. Um weitere Katastrophen abzuwenden, riskieren inzwischen Schülerinnen und Schüler Schulverweise und Tadel. Aber die Politik handelt nicht. Stattdessen lagert sie Entscheidungen, die eigentlich das Parlament treffen müsste, wie zuletzt bei der Kohlekommission aus. Aber Aufschieben und Wegsehen funktioniert nicht. Der renommierte Sozialwissenschaftler Ingolfur Blühdorn nennt dieses Phänomen „Politics of Unsustainability“ und meint damit, dass das Wissen über die Klima-Katastrophe vom tatsächlichen Handeln vollkommen entkoppelt ist.

Die derzeitige Politik zeichnet sich besonders dadurch aus, dass sie sich scheinbar müde der Klimakatastrophe gegenübersieht. Christian Lindner ist wahrscheinlich gerade das beste Negativbeispiel für die Verharmlosung der Klimakatastrophe. Hatte er doch jüngst zu bedenken gegeben, dass Klimaschutz am besten den Profis überlassen werden sollte und die streikenden Schüler von Fridays for Future solange ihre Schulbänke drücken sollten, bis sie eine Ausbildung erhalten haben. Scientists for Future, eine Gemeinschaft von nunmehr fast 20.000 deutschsprachigen Wissenschaftlern blamieren Lindner gerade, indem sie Fridays for Future zur Seite springen. Unbedingt leite sich aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse die Notwendigkeit zum Handeln ab, sagt nun die Wissenschaft.

Das Volksbegehren für Artenvielfalt in Bayern ist ein anderer Hinweis darauf, dass die Zivilgesellschaft besser erkannt hat, dass sich die ökologische Wende weit schneller vollziehen muss, als es die Politik vorgibt. Jakob Blasel, der neben Luisa Neubauer für Fridays for Future am Dienstag in der Bundespressekonferenz saß, sagte daher zurecht, dass sich nun die Programme der Parteien bei der Europawahl dem Klimatest unterziehen müssen. „Die Europawahl ist Klimawahl“.

Austerität und mangelnde Ambition

Jahre der Austerität haben in Europa ihre Spuren hinterlassen – auch zu Ungunsten einer klimapolitischen Wende. Sie zeigt sich in maroder Infrastruktur in Italien, Massenarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland und Lohnstagnation in Deutschland. Dieser toxische Mix hat auch bereits überall in Europa politische Kräfte auf den Plan gerufen, die sich vom Gedanken einer Solidargemeinschaft schon längst verabschiedet haben und Untergangsszenarien durchspielen. Themen wie Migration und Brexit überlagern gerade eine dringend benötigte Erneuerung der Klimapolitik.

Aber es gibt es gibt auf beiden Seiten des Atlantiks Hoffnung. In den USA bringen gerade Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders die kollektive Vorstellung der progressiven Kräfte zum Leuchten. Anders als viele linke Kräfte vor ihnen bringen sie erfrischender Weise eine positive Nachricht. Der Green New Deal soll den Transportsektor erneuern und den Energiesektor nachhaltig revolutionieren und nebenbei auch Millionen von Jobs schaffen. Dass das politische Establishment in den USA davon nachhaltig beeindruckt ist, zeigt sich dadurch, dass sie die Initiative als „Green Dream“ und „Kommunistisches Manifest“ verschreien.

Bei den anstehenden Europawahlen tritt besonders die neu entstandene Bewegungspartei Demokratie in Europa um Yanis Varoufakis für ein europaweiten Green New Deal ein. Das Programm des European New Deal wird in zehn europäischen Ländern mit Schwesterparteien zur Wahl gestellt. Demokratie in Europa fordert nicht weniger als 500 Milliarden Investitionen jährlich in den Klimaschutz. Das Geld soll von der bereits bestehenden Europäischen Investitionsbank in Form von Anleihen ausgegeben werden und von der Europäischen Zentralbank gestützt werden. Dies bedarf keiner Änderung der bestehenden EU-Verträge. Ziel ist neben der Förderung von emissionsarmer Mobilität, den EU-Haushalt strenger auf nachhaltige Ziele zu fokussieren. Außerdem soll der Preis für CO2-Emissionen deutlich erhöht werden.

So zeigt sich, dass die klimapolitische Wende sowohl auf der Straße, als auch durch neue parlamentarische Kräfte neu erdacht wird. Anders als vorherige Kräfte suchen sie nach konstruktiven Auswegen. Vielleicht ist die Hoffnung ja noch nicht ganz gestorben.

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