Hat jemand Rassismus gesagt?

Südafrika Regenbögen sind zwar an Parteiständen zu sehen, aber mit der Hautfarbe wird immer noch Politik gemacht. Rassismus-Vorwürfe treffen nun ausgerechnet schwarze Parteieliten

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Hat jemand Rassismus gesagt?

Foto: Rodger Bosch/AFP/Getty Images

Erst vor ein paar Tagen waren in Südafrika die ersten bunten Luftballons in Parteifarben am Wegesrand zu sehen. Denn spätestens im August werden im südlichsten Land Afrikas Kommunalwahlen abgehalten. Sie gelten als Gradmesser dafür, ob der African National Congress (ANC) es schafft, auch im zweiundzwanzigsten Jahr an der Macht die Bevölkerung zu überzeugen. Schon haben die politischen Grabenkämpfe begonnen. Das alles überlagernde Thema ist wieder einmal der Rassismus.

Penny Sparrow ist die derzeit wohl berühmteste und gleichzeitig geechtetste Immobilienkauffrau des Landes. Sie, als Weiße, hatte nach dem Neujahrsfest über Twitter das Verhalten ihrer schwarzen Mitbürgerinnen und Mitbürger an den Stränden mit Müll verteilenden Affen verglichen. Was die Affäre besonders pikant macht ist, dass Sparrow zum Zeitpunkt des Tweets ein Parteibuch der Democratic Alliance (DA) besaß. Diese wiederum ist die größte Oppositionspartei im Parlament in Pretoria und versucht händeringend den Vorwurf der rassistischen Unterwanderung abzuschütteln. Zwar hat Sparrow ihr Parteibuch inzwischen abgegeben, aber der alte Vorwurf gegen die DA im Kern eine weißte Apartheidspartei zu sein, hat seitdem Konjunktur. Erst Recht, nachdem jetzt der Mail & Guardian mit Verweis auf anonyme DA-Mitglieder behauptet, dass Parteichef Mmusi Maimane kürzlich ausgerechnet vom letzten Apartheid-Präsidenten K.W. de Klerk Coaching für Wahlkampfauftritte erhalten haben soll.

Das sich nun ausgerechnet Maimane, der erst 35 Jahre alte erste schwarze Oppositionsführer Südafrikas, nun Fragen zur Vergangenheitsbewältigung gefallen lassen muss, zeigt welche Explosionskraft das politische Erbe der Apartheid besitzt. Etwas ironisch bei der Diskussion, ob DA-Chef Maimane sich Ratschläge von falscher Seite eingeholt hat, ist, dass es de Klerk war, der gemeinsam mit ANC-Legende Nelson Mandela 1993 den Friedensnobelpreis entgegen nahm. Auch wenn der ANC nicht gerne erinnert, war de Klerks noch nach der Apartheid Vize-Präsident des Landes. Außerdem wurden Finanzminister und der Zentralbank-Gouverneur aus Apartheidtagen direkt von Mandela in die demokratische Ära übernommen.

Welche Auswirkungen die falsche Bekanntschaften haben können, erfahren auch gerade die Economic Freedom Fighters (EFF). Vor zweieinhalb Jahren sind sie als radikale Alternative zum ANC angetreten. Sie streiten für ökonomische Gerechtigkeit und Nationalisierung von Schlüsselindustrien. Besonders erfolgreich stellten die Freedom Fighters wiederholt das üppige Ausgabeverhalten Präsident Jacob Zumas vor den Augen der Steuerzahler bloß. Ihre Kampagne #PayBackTheMoney mündet in Kürze in einem Prozess gegen den Staatspräsidenten. Allerdings hat sich ihr Vorsitzender Dali Mpofu, seines Zeichens Staranwalt, gerade in ein Wespennest gesetzt. Mpofu hat nämlich erfolgreich den weißen Fernsehmoderator Gareth Cliff in seinen Jury-Job zurück geklagt. Cliff hatte sich vermeintlich verharmlosend gegenüber Penny Sparrows Affen-Kommentar geäußert. Ein ehemalige Freedom Fighter protestiert: „schwarze Anwälte haben sich zu entscheiden, ob sie Rassismus unterstützen wollen oder ob sie sich weigern in dessen Auftrag zu handeln.“

Der ANC kann sich ob dieser Ausrutscher der Oppositionsparteien nur die Hände reiben. Kein anderes Thema als Anti-Rassismus hat ihm in der Vergangenheit komfortable Mehrheiten verschafft. Ganz nebenbei lenken die Rassismus-Vorwürfe auch von den Problemen der Regierungspartei ab.

Studierende haben seit dem Ende letzten Jahres landesweit für mehr Bildungsgerechtigkeit auf Campusen protestiert und sammeln viele Sympathien für ihre Kampagne gegen Studiengebühren. Eine Studie fand heraus, dass es gerade einmal 3,2 Prozent der schwarzen Jugendlichen in Südafrika an die Universitäten schafft. Immerhin 18,7 Prozent weiße Studenten gibt es in derselben Alterskohorte. Es gibt tiefe ökonomische Ungleichheiten in Südafrika, die sich immer noch deutlich entlang unterschiedlichen Hautfarben ausmachen lassen. Gerade belasten sich Oppositionsparteien gegenseitig mit Rassismus-Vorwürfen. Diese lenken von den eigentlichen Problemen, auf die eine aufstrebende junge Generation aufmerksam macht, nur ab.

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