Die besten Songs aus 2017

Jahresrückblick Tolle Debütalben, überraschende Comebacks, jede Menge Hits: Musikalisch gesehen war 2017 ein gutes Jahr. Eine Liste meiner Lieblingslieder

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Auch Beth Ditto ist mit "In and Out" eine Entdeckung des Jahres 2017
Auch Beth Ditto ist mit "In and Out" eine Entdeckung des Jahres 2017

Foto: Matt Cowan/Getty Images

Auf Festivals und Blogs, im Radio und Feuilleton: Ich habe dieses Jahr so viel neue Musik entdeckt wie lange nicht mehr. Weil es zu viele Lieder sind, um diese noch in eine Rangfolge zu bringen, habe ich meine Playlist einfach auf Shuffle gestellt und schreibe – in der zufälligen Reihenfolge, in der mein Player sie mir ausgespuckt hat – jeweils ein paar Sätze zu den Stücken.

Fazerdaze: „Bedroom Talks“

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Fazerdaze, die bereits vor drei Jahren ihre erste EP veröffentlichten, sind mir in diesem Jahr zum ersten Mal begegnet. Ihr Album Morningside steckt voller Dreampop-Perlen, eine davon heißt passenderweise Bedroom Talks. Ein wundervoll-verträumtes Gitarrenriff, sphärische Klänge, mehrstimmiger Gesang, Grillenzirpen: klingt, als würde man verschlafen aufwachen und einfach liegenbleiben, also toll.

Roosevelt: „Teardrops“

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Zwar gab es dieses Jahr kein neues Album des Musikers Marius Lauber, der hinter Roosevelt steckt, jedoch erschien seine Coverversion des Womack-&-Womack-Hits Teardrops – endlich, denn als ich ihn dieses Jahr zweimal live gesehen habe, fand ich diesen Song beide Male am besten. Auf ziemlich lässige Art gelingt ihm, die wichtigsten Elemente des Originals zu erhalten – den Rhythmus, den Funk – und den Song gleichzeitig so klingen zu lassen, als hätte er ihn selbst geschrieben. Er klingt tatsächlich wie ein Roosevelt-Song: sehr tanzbar, sehr eingängig und ein bisschen nach Simply Red.

Mac DeMarco: „Baby, You’re Out“

Mac DeMarco machte auf seinem dieses Jahr erschienen Album This Old Dog alles genau so wie auf seinen bisherigen Alben, also immer noch sehr vieles richtig: zurückgelehnter Indie-Pop, bei dem er klingt, als sei er gerade aufgestanden und habe sich erst mal einen Kaffee aufgesetzt.

Giant Rooks: „New Estate“

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Eigentlich ist es natürlich Quatsch, Bands aus Deutschland vor allem anzurechnen, dass sie so international klingen, sprich: dass man nicht hört, dass sie aus Deutschland kommen. Aber ich weiß noch genau, wie überrascht ich damals war, dass die Band, die plötzlich wieder so lässige Songs schrieb wie die Strokes auf ihren ersten beiden Alben, ausgerechnet aus Dinslaken kam. Und ich glaube, so ähnlich ging es mir dieses Jahr mit Giant Rooks: Dass Deutschlands Indie-Rock-Hoffnung aus Hamm in Westfalen kommt, eine Stadt (oder besser gesagt: deren Bahnhof), die ich als ehemaliger Münsteraner vor allem vom Umsteigen kenne, ist doch irgendwie überraschend – und eine angenehme Abwechslung. New Estate hatte alles, was auch ein guter Strokes-Song früher brauchte: Melodie, Tempo, Breaks, tolle Textzeilen.

Cloud Control: „Rainbow City“

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Cloud Control, deren Debüt damals, 2011, voller Hits war, meldeten sie sich dieses Jahr – nach einem zweiten Album im Jahr 2013, das völlig an mir vorbeigegangen ist – zurück und machten eigentlich genau da weiter, wo sie aufgehört hatten. Viel mehr kann man hierzu nicht schreiben: State-of-the-Art-Indie-Rock, tolles Songwriting, in seiner Perfektion vielleicht fast ein bisschen langweilig. Aber eben auch ziemlich gut.

Wanda: „Columbo“

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Für mich vielleicht die Überraschung des Jahres: Eigentlich hätte ich mir gut vorstellen können, dass Wanda – nach einem zweiten Album, das größtenteils Songs enthielt, die noch in der Zeit vor Veröffentlichung des ersten Albums entstanden waren – auf ihrem dritten Album wenig Neues wagten, also weiter Songs über Amore und Alkohol schrieben – ein wenig müde vom vielen Touren vielleicht. Aber Niente war, auch wenn das nach Floskeln klingt, frisch, persönlicher und probierte Neues (gleich beides galt für die erste Single, die die „traurig-schöne Kindheit in 0043“ beschrieb). Noch besser gefiel mir die zweite Single: Columbo.

Portugal. The Man: „Feel It Still“

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Okay, eigentlich waren Portugal. The Man die Überraschung des Musikjahres: Einer Band, die man vor Jahren als Indie-Band kennengelernt hatte, die durch kleine Hallen tourte und viel zu verkopft für die große Bühne erschien, gelang ein Hit. Nein, kein Indie-Hit, ein richtiger: mit Airplay im Formatradio und einer Platzierung in den Charts.

Parcels: „Overnight“

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Die Parcels – im vergangenen Jahr meine liebste Neuentdeckung, seit ich sie im Frühjahr auf einem Festival gesehen hatte – waren auch dieses Jahr wieder auf Tour und sind live immer noch ziemlich gut und sehr sympathisch. Ihr dieses Jahr erschienener Song Overnight klang im Grunde wie ihre bisherigen Lieder auch: nach Disco, Funk-Gitarre, Handclaps. Bedenkt man aber, dass die im verganenen Jahr veröffentlichten Songs allesamt Hits waren, war es doch erstaunlich, dass die Parcels ihr Potenzial noch nicht aufgebraucht hatten und mitOvernight ihren bislang besten Song veröffentlichten.

Future Islands: „Ran“

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Den Hype um die Future Islands hatte ich nie ganz verstanden – bis sie Anfang dieses Jahres ihre Single Ran veröffentlichten. Was für ein Hit! Der Song geht unglaublich nach vorne (eignet sich übrigens auch hervorragend zum Joggen), ist eingängig und dabei trotzdem eigenwillig: Allein diese Stelle, kurz bevor der Refrain beginnt, an der Sänger Samuel Herring die Wort „I can’t take it, I can’t take this world without …“ wiederholt. Dreieinhalb Minuten, die nach einer gefühlten Minute vorbei sind: So viel Druck steckt in Ran.

Rikas: „Tortellini Tuesday“

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Von Tortellini Tuesday kursierte schon früh ein Youtube-Video, in dem die Stuttgarter Band Rikas den Song live einspielte (und das ich leider nicht mehr finden kann). Als ich den Song vor Kurzem als Singe hörte, fürchtete ich für einen Moment, eine zu glatte Produktion hätte den Rikas den Schülerband-Charme genommen – aber Tortellini Tuesday klingt eigentlich immer noch nach Proberaum, Hawaiihemden und Wasserbällen. Und verbreitet immer noch sehr gute Laune. Schlecht ist hier eigentlich nur das Timing der Veröffentlichung: Ende Oktober ist für einen Sommerhit einfach zu spät. Schade.

Sohn: „Conrad“

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Es fällt schwer, einen Song aus dem Sohn-Album Rennen für diese Liste auszuwählen: Das Album bestand quasi aus Hits. Was mir an Sohn gefällt, ist die Originalität des Songwritings: Auf Anhieb könnte ich niemanden nennen, der Lieder ähnlich aufbaut, ähnlich klingen lässt. Der Song Conrad ist dafür exemplarisch: ein schleppender Beat, repetitive Gesangsspuren – was ist hier eigentlich Refrain, was Strophe, was Bridge? Egal, denn es ist mit Sicherheit: ein Hit. Popmusik, die ohne Elemente aus dem klassischen Pop-Baukasten auskommt.

Beth Ditto: „In and Out“

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Ich habe eigentlich nie viel The Gossip gehört – außer den Hits hat mich von der Band nicht viel erreicht. Anders das Soloalbum ihrer Sängerin Beth Ditto: Das hörte ich am liebsten am Stück. In and Out ist also nur einer von vielen tollen Songs.

Alvvays: „Dreams Tonite“

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Alvvays, die im Sommer 2014 mit ihrem Indie-Hit Archie, Marry Me verzauberten, betörten einen dieses Jahr wieder: mit ihrem Album Antisocialites. Eigentlich habe ich die erste Single In Undertow in den vergangenen Monaten bestimmt häufiger gehört, doch dann entdeckte ich vor wenigen Wochen den Song Dreams Tonite – der mir noch besser gefiel. Irgendwie ist das Songwriter ausgereifter, zu Ende gedachter als auf dem Debüt, ansonsten klingen Alvvays wie immer: Surf-Pop, über den Sängerin Molly Rankin lethargisch und leicht gelangweilt ihre Texte singt.

Courtney Barnett & Kurt Vile: „Over Everything“

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Courtney Barnett und Kurt Vile mit einem gemeinsamen Album – das war dieses Jahr natürlich die Nachricht für alle Indie-Fans, die die beiden prompt zum neuen Traumpaar der Szene ernannten: die Ober-Slacker, endlich vereint! Kurz darauf las man in den Kommentarspalten, dass die Musikgeschichte nach Kurt Cobain und Courtney Love nun ein neues, gleichnamiges Traumpaar habe. Doch Barnett und Vile brauchen keine Vorbilder und scheren sich in all ihrer Gelassenheit wohl auch nicht um Fußstapfen. Wie gut ihr Sound – das Schrammeln auf den Gitarren – und ihre Haltung – tiefenentspannt – zueinander passen, darauf war man bislang gar nicht gekommen. Das Album hat viele tolle Songs, in diese Liste nehme ich die Vorabsingle Over Everything auf – einfach, weil sie für mich mit der Ankündigung verbunden ist, dass wir in diesem Jahr ein gemeinsames Album der beiden erwarten durften.

Feist: „Pleasure“

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Dass Feist keine Lust mehr hat auf Abzählreime wie in 1234 (mit dem sie, in abgewandelter Form, sogar in der Sesamstraße auftrat), das deutete ihr Album Metals im Jahr 2011 schon an: Da klang die Indie-Pop-Sängerin schon düsterer als auf ihren ersten beiden Alben. Diese Entwicklung setzte sie fort auf Pleasure, dessen Titeltrack roh und rau und fast nach PJ Harvey klang. Ein tolles Album, ein Konzeptalbum, wie sich spätestens auf der Tour zeigte: Da spielte die Kanadierin bei Auftritten zunächst einmal ihr gesamtes Album von vorne bis hinten durch.

Real Estate: „Diamond Eyes“

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Ich habe schon viel darüber nachgedacht, was aus einem Lied mehr macht als einfach nur ein Lied, was ein Lied ein Lieblingslied werden lässt, und ich glaube, es ist auch dies: dass es ihm gelingt, ein Bild im Kopf der Hörerin und des Hörers entstehen zu lassen. Wenn ich Diamond Eyes höre, sehe ich sofort vor mir, wie ich aus dem Alltag Richtung Urlaub in den Sonnenuntergang fahre: „Where the sky meets the shoreline and the mountains meet the sea / I have music all around me bringing timeless melody.“ Wunderbar einfach und einfach wunderbar.

Son Little: „Blue Magic (Waikiki)“

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Jedes Jahr gibt es mindestens einen Künstler, von dem man nur einen einzigen Song hört, von dem man davor nie gehört hat und danach vielleicht nie wieder etwas hört. Tatsächlich weiß ich über den Sänger Son Little nicht sehr viel, aber seinen Song Blue Magic (Waikiki) wurde zu meinem Sommerhit. Ein bisschen simpel gestrickt, klar, aber auch sehr smooth und sonnig. Ein Sommerhit eben.

Ryan Adams: „To Be Without You“

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Dass ich das Werk Ryan Adams, dessen Musik ich früher so geliebt habe, irgendwann ein wenig aus den Augen verloren habe, könnte zwei Gründe haben: den, dass ich mich einfach nicht mehr intensiv genug damit beschäftigt habe und mich irgendwann vor allem anderer Musik widmete. Oder den, dass sein Schaffen durch seine vielen Veröffentlichungen mit der Zeit etwas beliebig wirkte. To Be Without You schaffte bei mir Anfang des Jahres das, was lange keinem Song mehr von Ryan Adams gelang: Er blieb schon beim ersten Hören hängen. Nicht, dass Adams irgendwas verändert hätte – er vertont immer noch Liebeskummer mit Gitarrenpicking –, aber irgendwie stach dieses Lied heraus.

Klyne: „Still Not Over You“

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Die Band Klyne habe ich dieses Jahr entdeckt, als ich mich vor dem Dockville-Festival in Hamburg durch die Bands des Line-Ups hörte. Auch von Klyne habe ich seit ihrem dortigen Auftritt nichts mehr gehört, aber Still Not Over You klang anders als die Musik, die ich sonst höre: eine Mischung aus Pop und R’n’B, soulig und synthie-lastig. Und sehr catchy.

Kettcar: „Sommer ’89 (Er schnitt Löcher in den Zaun)“

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Zugegeben: Mir gefiel Sommer ’89 nicht auf Anhieb – mich irritierte, dass Marcus Wiebusch den Text die ersten Strophen lang nicht sang, sondern einsprach. Doch dann faszinierte mich genau das: dass Kettcar, die früher, in Songs wie Balkon gegenüber, ganze Handlungen und Schicksale über Andeutungen und angerissene Sprachbilder transportierten, hier eine Geschichte als Kurzgeschichte, fast wie eine Reportage, erzählten. Wie Wiebusch das Ende einer Diskussion an einem WG-Küchentisch in Hamburg schildert – „Die Sekunden vergingen / Er stand auf, verließ das Zimmer / Jacke, Tür, Treppenhaus / Er nahm seinen alten Ford Granada / Und ward nie mehr gesehen“ – das war tatsächlich, wie Juli Zeh sagte, „ein Song wie gute Literatur“.

Tocotronic: „Hey Du“

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Als die Band vor sieben Jahren Schall & Wahn veröffentlichte, mit elegischen Balladen wie Im Zweifel für den Zweifel, ging ich davon aus, Tocotronic würden als elder statesmen der deutschen Indie-Rock-Szene altern. Dann veröffentlichten sie Ende dieses Jahres Hey Du: Wo Schall & Wahn melancholisch klang, war Hey Du frisch und angriffslustig. Ich freue mich auf das Album Die Unendlichkeit, das am 26. Januar 2018 erscheint.

Sharon Van Etten: „The End of the World“

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Für die Amazon-Serie The Man in the High Castle, die in den Sechzigerjahren spielt (und die ich selbst nicht gesehen habe), hat Danger Mouse einen Soundtrack produziert, auf dem unter anderem die Shins und Karen O Lieder aus der damaligen Zeit covern. Sängerin Sharon Van Etten singt den Klassiker The End of the World neu ein – und er passt ganz wunderbar zur Stimme der New Yorker Sängerin.

Das Paradies: „Du, die anderen und ich“

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Irgendwas hatte der Song Du, die anderen und ich an sich, das mich sofort in seinen Bann zog: vielleicht die klare, durchdringende Stimme des Sängers, die mich an Klotz + Dabeler erinnerte? Die tollen Slides auf der Gitarre, die an Clickclickdecker denken ließen? Die Textzeilen, die so seit Peter Licht niemand mehr geschrieben hat: „Denn Du hast Golden Goals geschossen / Die anderen hatten sieben Welthits am Stück / Und ich hab die Titanic gebaut / Und war mich sicher, dass sie hält“? Wahrscheinlich war es all das zusammen.

Bilderbuch: „Bungalow“

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Auch ein sehr seltenes Pop-Phänomen: wenn eine Band, der bereits ein Über-Hit gelang (wie Bilderbuch 2013 Maschin), vier Jahre später einen noch viel größeren Hit nachlegt. Auf Bilderbuchs Magic Life befindet sich wohl zu viel Füllmaterial, um zu den ganz großen Alben aus 2017 zu zählen, aber Bungalow ist wahrscheinlich der beste Song dieses Jahres. Wahnsinns-Gitarrenriff und Nonsense-Textzeilen wie „Ich brauch Power für mein Akku“ – seinen Ansatz, Texte zu schreiben, erklärte Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst Anfang des Jahres bei TTT übrigens so: „Wie kann man schaffen, dass die deutsche, die harte Sprache, die mit den Konsonanten (...), dass man der Sprache eine gewisse Swaginess gibt, einen gewissen Groove.“

The War on Drugs: „Up All Night“

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Eigentlich alles keine Stilmittel, mit denen heute noch jemand tolle Musik macht: ausufernde Gitarren-Soli, viel Hall, ein Sound, der manchmal an Bryan Adams erinnert. Aber irgendwie schafften The War on Drugs es, aus diesen Zutaten etwas zu mischen, das ich dieses Jahr sehr, sehr gerne gehört habe.

Arcade Fire: „Everything Now“

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Manchmal hat man den Eindruck, Arcade Fire wollten ihre Fans auf die Probe stellen: Sie veröffentlichten vor ihrem Album eine Single, die für mich immer nach einer Mischung aus Abbas Dancing Queen und Can’t Take My Eyes off You von Frankie Valli klang, angereichert um den für Arcade Fire so typischen Pathos, Panflöten und Chorgesänge. Aber was soll ich sagen: Das irritierte vielleicht während der ersten drei Durchgänge, bis Everything Now zu einem Ohrwurm wurde – wie alle anderen Arcade-Fire-Songs auch.

Cigarettes after Sex: „Apocalypse“

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K, Sweet und Sunsetz: Es gab viele tolle Songs auf dem neuen Cigarettes-after-Sex-Album. Verschleppter, verschlafener Indie-Rock, der einen einlullt, betört, traumwandeln lässt. Welcher der vielen guten Songs der beste ist? Schwer zu sagen. Aber den tollsten Reim, den hatte Apocalypse: „Your lips, my lips / Apocalypse“.

HAIM: „Want You Back“

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Was ich an Haim, der gemeinsamen Band dreier Schwestern, schon bei ihrem Debüt Days Are Gone am meisten mochte, war, dass das Songwriting immer vom Rhythmus her gedacht war: Alle drei Haim-Schwestern – Este, Danielle und Alana – spielen Schlagzeug (wenn auch nicht in ihrer Band), und das hört man. AufWant You Back, dem Opener des dieses Jahr erschienenen Albums Something to Tell You, ist das immer noch so. Etwas poppiger klingt die Band vielleicht, ansonsten spielt sie immer noch wunderbaren Indie-R’n’B.

The XX: „I Dare You“

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The XX lieferten mit ihrem im Januar veröffentlichten Album I See You das erste Entzücken in der Musikpresse aus. Es handelte sich tatsächlich um ein tolles Album, dessen offensichtlichster Hit die Vorab-Single On Hold war, aus der man die Einflüsse von Bandmitglied Jamie XX und dessen 2o15 veröffentlichten Soloalbum deutlich heraushörte. Mir gefiel I Dare You besser, das viel zurückgenommener instrumentiert, dadurch aber noch eindrücklicher ist.

Alex the Astronaut: „Already Home“

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Already Home erschien strenggenommen bereits im vergangenen Jahr, doch Sängerin Alex Lynn, die hinter Alex the Astronaut steckt, veröffentlichte ihn auf ihrer dieses Jahr erschienenen EP To Whom it May Concern. „And I hope, you’ll be already home“, singt sie – in einem Lied, das selbst wie ein Zuhause klingt: warm und vertraut.

Wolf Alice: „Beautifully Unconventional“

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Wolf Alice wurden dieses Jahr wohl vor allem dadurch einem größeren Publikum bekannt, dass ihr Song Silk im Trailer zu T2 Trainspotting lief – der stammt allerdings von ihrem Debüt My Love Is Cool aus dem Jahr 2015. Dieses Jahr erschien ihr Album Visions Of A Life, darauf Beautifully Unconventional, eine Indie-Rock-Hymne, die mit der Tür ins Haus fällt, über Bassläufe tänzelt und im Refrain kein Halten mehr kennt. Sehr schön.

Dan Auerbach: „Shine on Me“

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Dan Auerbach, Sänger der Black Keys, veröffentlichte dieses Jahr sein zweites Soloalbum Waiting on a Song, darauf der Hit Shine on me. Ich habe es nicht herausgehört, aber wenn man einmal weiß, wer darauf Gitarre spielt, meint man, ihn sofort zu erkennen: Es ist Mark Knopfler von den Dire Straits.

Mogli: „Road Holes“

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Staubtrockene Beats, Gitarren, die den Weg ebnen und verträumter Gesang – Road Holes ist ein Song wie ein Roadtrip. Moglis Album Wanderer erschien im Mai dieses Jahres, Road Holes zählt laut Spotify zu den Liedern, die ich 2017 am häufigsten gehört habe.

Teleman: „Bone China Face“

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Dass das Teleman-Album Brilliant Sanity im vergangenen Jahr so wenig Beachtung fand (ich habe eben noch mal nachgeschaut: kaum eine Nennung in den Jahresbestenlisten!), kann ich mir nicht erklären: Für mich war es eines der besten Alben aus 2016. Dieses Jahr veröffentlichten Teleman die EP Fünf, darauf der Song Bone China Face, der mit seiner markanten Bassmelodie und dem Stakkato-Schlagzeug zunächst so klingt, wie man Teleman kannte, etwa ab der Hälfte aber ziemlich experimentell wird. Ein Platz zumindest in dieser Liste ist der Band damit sicher.

Jeff Tweedy: „Laminated Cat“

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„Falls gerade noch jemand auf der Suche nach Musik ist, die den Sommer über leise auf dem Balkon laufen kann“, schrieb Max Fellmann im Juni in der Süddeutschen Zeitung, „dann hier, bitte“, und schlug Jeff Tweedys Album Together At Last vor. Der Wilco-Sänger singt dabei Songs seiner Band ein – solo, begleitet zumeist nur von seiner Gitarre. So wie das Lied Laminated Cat. „Summer comes / And gravity undoes you / You’re happy because / Of the lovely way the sunshine bends / Hiding in the deep end / Weeding out your weekends“: Das war tatsächlich der perfekte Soundtrack für Sommernachmittage auf dem Balkon.

St. Vincent: „New York“

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„New York isn’t New York / Without you, love.“ Mit dieser Zeile beginnt Annie Clark alias St. Vincent den Song New York, der vom Ende einer Beziehung in New York erzählt – zumindest dachte ich das, als ich den Song die ersten Male hörte. In einer Folge des Podcasts „Song Exploder“ erzählte Clark jedoch, dass diese erste Songzeile entstand, als sie zurück nach New York kam, und einem Freund, der aus der Stadt gezogen war, eine Nachricht schrieb: „New York isn’t New York without you.“ In dem Lied verarbeitet sie außerdem den Tod von David Bowie.

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Geschrieben von

Jakob Rondthaler

Online-Redakteur, Blogger

Jakob Rondthaler

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