./resolveuid/72d3ff9b0fa114a96561417ffbd99e31Die Deutsche Bahn will ein bisschen transparenter werden: Von September an möchte der Konzern seine Verspätungsstatistik monatlich im Internet veröffentlichen. „Wir wollen uns messen lassen an unserer tatsächlichen Leistung – offen, ehrlich und transparent“, sagte Bahnchef Rüdiger Grube am vergangenen Donnerstag. Die Bahn steht seit Jahren wegen ihrer Informationspolitik in der Kritik. So hatten etwa der Fahrgastverband Pro Bahn und Stiftung Warentest moniert, dass das Unternehmen ihre Angaben zu Verspätungen schönen könne, solange es die Rohdaten nicht herausrücke.
Im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“ möchte sich die Bahn allerdings noch nicht so ganz öffnen. Anfang Juli berichtete der Spiegel, dass bereits seit zwei Jahren bahnintern bekannt gewesen sei, dass die Kosten die vereinbarte Höchstgrenze von 4,5 Milliarden Euro wohl überschreiten werden. S21-Gegner beklagen nun auch fehlende Transparenz beim Stresstest. Parkschützer-Sprecher Matthias von Herrmann fragte öffentlich, „ob die Bahn nicht massiv trickst“. So lange das Unternehmen nicht alle Daten veröffentlicht, die dem Ergebnis des Stresstests zugrundeliegen, lässt sich diese Frage allerdings nicht beantworten.
./resolveuid/c1e17a3099d3c16a210993ca897c7f66Fragdenstaat.de will Bürgern erleichtern, ihre Rechte durchzusetzen, die ihnen das aktuelle Informationsfreiheitsgesetz (IFG) garantiert. Wer einen Antrag nach IFG an eine Bundesbehörde stellen will, kann dies seit Montag auf der Webseite tun – dort gibt es eine Übersicht über Klauseln und Artikel sowie Hilfe bei Formulierungen. Die Anfrage wird über fragdenstaat.de versandt, die Antwort wiederum auf dem Portal veröffentlicht. „So können Mehrfachanfragen vermieden werden“, sagt Sprecherin Lynn Gogolin. Das erspare auch den Behörden Arbeit – „und schafft natürlich Transparenz“. Der freie Zugang zu Informationen sei eine „absolute Voraussetzung für unsere Demokratie“, so Gogolin. Bürgerinnen und Bürger müssten schnell und möglichst einfach an Antworten kommen. Dafür sei nun die Webseite da.
Hinter dem Projekt stehen unter anderem die Vereine „Open Data Network“ und „Mehr Demokratie“, sowie jeweils die deutsche Vertretung der „Open Knowledge Foundation“ und „Transparency International“. Als Vorbild diente den Machern das britische Portal whatdotheyknow.com. Die Webseite wird inzwischen immerhin für fast 15 Prozent aller Anfragen an Regierungsbehörden in London benutzt.
./resolveuid/ab41faa30404a8f3ae1e83aa25d7056cAuf police.uk können Bewohner von England und Wales sich die Kriminalitätskarte ihres Wohnorts anzeigen lassen: die Straftaten, die in der Nachbarschaft begangen wurden – unterteilt in verschiedene Kategorien. Den Dienst betreibt die britische Regierung seit Anfang des Jahres. „Wir wollen, dass die Leute sehen können, welche Straftaten in ihren Straßen verübt werden,“ sagt Innenministerin Theresa May. Auf der Seite heißt es: „Um die Privatsphäre zu schützen, werden individuelle Adressen nicht zielgenau angezeigt.“ Tatsächlich lassen sich Einträge auf der Webseite nicht ganz exakt lokalisieren. Doch einen Eindruck, wie es in einem bestimmten Viertel zugehen muss, bekommt man schon. Seit dem Start fürchten Anwohner deshalb, dass die Seite ihr Viertel als „gefährlich“ stigmatisieren könnte – was den Wert der Eigenheime natürlich sinken ließe.
Mit dem Blaulichtkurier gibt es ein ähnliches Angebot auch für Berlin. Die Basis des vom Boulevardblatt Berliner Kurier betriebenen Portals sind allerdings nicht die Polizeistatistiken, sondern Pressemeldungen der Behörde: Die Tatorte werden auf einer Straßenkarte eingetragen und verschiedenen Straftatbeständen zugeordnet.
./resolveuid/5d3ffe28247b8fc57247b44d639fc166Mit „Apps für Deutschland“ wollen Vertreter aus Politik und Open-Data-Bewegung den Rückstand Deutschlands auf dem Gebiet der Datentransparenz verkleinern. Der Wettbewerb startet im November und prämiert Smartphone-Applikationen, kurz: Apps, die auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Daten entstanden sind. Dafür will die Bundesregierung unter anderem Daten aus den Bereichen Umwelt, Verkehr, Wetter, Bildung oder Gesundheit bereitstellen. Die Aktion soll verdeutlichen, welchen Nutzen allgemein zugängliche Daten für Bürger haben. Zugleich soll sie auch „öffentliche Stellen ermuntern, Daten zur Weiterverarbeitung und -verwendung bereitzustellen“, heißt es auf apps4deutschland.de. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist Schirmherr der Veranstaltung
und will im März 2012 die Gewinner auf der Computermesse Cebit auszeichnen. Der Wettbewerb ist Teil des Regierungsprogramms „Open Government“, das im Jahr 2013 zu einer zentralen Open-Data-Plattform führen soll. Darauf sollen die Verwaltungen des Bundes, der Länder und Kommunen dann ihre Datenbestände den Bürgern in offenen Dateiformaten zur Weiterverarbeitung zugänglich machen. Das erklärte Ziel: Auf Basis der Daten sollen neue Geschäftsmodelle entwickelt werden.
./resolveuid/4c52c26b77b8e0e2cedcc1d66faf571eSeit Mai wird die Bevölkerung Deutschlands im Rahmen des „Zensus 2011“ erfasst. Ein Drittel aller Einwohner bekommt einen Fragebogen zugeschickt, der Großteil der Informationen stammt allerdings aus den Melderegistern der Kommunen oder der Bundesagentur für Arbeit. Die Befragung ist laut Bundesamt für Statistik „sehr weit fortgeschritten“. In etlichen Gemeinden sei sie sogar schon abgeschlossen. Ein Aufstand wie in den achtziger Jahren ist ausgeblieben. Im November sollen die ersten Ergebnisse vorliegen, ab Mai 2013, also zwei Jahre nach dem Beginn der Befragung, die vollständige Auswertung. Dann sollen auch „sämtliche Grundlagen“ der Auswertung im Internet veröffentlicht werden – aufbereitete Tabellen ebenso wie deren Basisdaten in maschinenlesbarer Form, etwa im Excel-Format. Weitere Einzeldaten können angefragt werden – müssten dann aber anonymisiert werden. Für die Zugänglichkeit statistischer Informationen in Deutschland sollte der Zensus jedenfalls einen Meilenstein bedeuten. Schon ein kurzer Vergleich von destatis.de des Statistischen Bundesamtes mit dem US-Pendant census.gov zeigt nämlich: Was die Präsentation angeht, haben die deutschen Statistiker noch viel Luft nach oben.
./resolveuid/ce0ddbf1452b0282899cfaab667dffeaBangalore gilt unter Aktivisten als Symbol dafür, dass bloße Transparenz nicht zwingend allen nutzt, sondern unter Umständen auch nur die ohnehin Priviligierten stärkt. Die Grundbücher der südindischen Stadt wurden digital erfasst und sind seither leichter zugänglich.
Schon 2007 fanden Forscher des „National Institute of Advanced Studies“ in Bangalore allerdings heraus, dass vor allem Menschen mit mittlerem und hohem Einkommen sowie Unternehmen von der Möglichkeit Gebrauch machten, diese Daten einzusehen – und sie nutzten, um das Land der Armen in Besitz zu nehmen. Großgrundbesitzer verwendeten die Daten nämlich als Grundlage, um ihre Anwälte auf „Landjagd“ zu schicken.
So halfen ihnen die Daten etwa, Chancen für lukrative Geschäfte zu erkennen, die Besitzansprüche weniger wohlhabender Landnutzer anzufechten, lückenhafte Grundbucheinträge vor Gericht zu bringen und lohnende „Ziele“ für Bestechung auszumachen. Der Sozialinformatiker Michael Gurstein schreibt: Während die Offenlegung der Daten den Armen nichts nutzte, konnten Bessergestellte sie in einem „ungleichen Wettkampf um Grundbesitz“ einsetzen.
./resolveuid/9b4241d5d6ba32d88b72f3961a7b80c6Der britische Guardian arbeitete 2009 einen Spesenskandal mit Hilfe eines Experiments auf: Die Zeitung stellte 458.832 Seiten Spesenabrechnungen von Parlamentsabgeordneten auf ihre Webseite – und forderte ihre Leser auf, die Dokumente zu untersuchen. Wer auf mps-expenses.guardian.co.uk surft, bekommt von einem Zufallsgenerator eine Abrechnung angezeigt, die er dann bewerten soll: Lohnt es sich, weiter zu recherchieren? Oder ist die Seite uninteressant? Wenn ein Besucher den „Investigate this!“-Button klickt, prüfen die Redakteure des Guardian die Abrechnung. Bis heute haben sich etwa 30.000 Netznutzer an dem Projekt beteiligt und rund 225.000 Seiten bewertet. Das Ergebnis der Zusammenarbeit: Die Journalisten entdeckten zahlreiche überhöhte Spesenabrechnungen und Erstattungen privater Ausgaben. Mehrere Abgeordnete und selbst einige Minister traten im Zusammenhang mit dem Spesenskandal zurück, unter anderem 2009 der Unterhaussprecher Michael Martin, Innenministerin Jacqui Smith und Arbeitsminister Tony McNulty (alle Labour). Noch im Mai 2011 befand ein Gericht das konservative Oberhausmitglied Lord Hanningfield in sechs Fällen der „falschen Rechnungslegung“ für schuldig.
./resolveuid/99298bd857a4b90a2e705de80d32cd9eDie Europäische Union stritt in den vergangenen Jahren mit Deutschland um die Transparenz von Agrarsubventionen, die immerhin den größten Posten im EU-Haushalt ausmachen: Obwohl in anderen Mitgliedsstaaten längst üblich, weigerte sich Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner offenzulegen, welche Bauern und Unternehmen Subventionen aus den Töpfen der EU empfangen. Erst im Sommer 2009 veröffentlichte die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung dann entsprechende Informationen auf agrar-fischerei-zahlungen.de. Dort konnten Nutzer eine Weile lang einsehen, welche Landwirte welchen Betrag im vergangenen Jahr erhalten hatten. Das Ergebnis: Zu den größten Empfängern gehören nicht etwa kleine Bauern, sondern Großbetriebe der Agrarindustrie, etwa Zuckerunternehmen. Im November 2010 gab der Europäische Gerichtshof in Luxemburg dann aber zwei Landwirten aus Hessen Recht, die gegen die Offenlegung ihrer Daten geklagt hatten. Das Gericht urteilte, die Veröffentlichung der personenbezogenen Daten sei unverhältnismäßig. Unmittelbar danach sperrte das Landwirtschaftsministerium den Zugriff auf zahlreiche Daten. Infos zu „juristischen Personen“ lassen sich aber weiterhin einsehen.
./resolveuid/ab038ca44eed00865dfb1677b338ff06Der Sportartikelhersteller Nike hat angekündigt, einige im Unternehmen vorhandene Datenbestände offenzulegen. Im Mai dieses Jahres schrieb der Konzern über nikebetterworld.com/openinnovation eine Stelle aus – auf der Suche nach jemandem, der die Veröffentlichung der Daten betreut, die Netz-Community einbindet und deren Ideen ins Unternehmen zurückführt.
Nike bezeichnet diesen Prozess als „Open Innovation“. Der Konzern will also nicht nur Daten veröffentlichen, sondern ruft auch dazu auf, sie zu nutzen. „Wir glauben, dass Daten und Technologie der Schlüssel dazu sind, neue Innovationen freizusetzen,“ heißt es auf der Webseite. Künftig sollen sich also nicht nur interne Entwickler sondern auch Programmierer und die Community an Innovationsprozessen beteiligen können. Um welche Daten es sich genau handelt, weiß bisher allerdings nicht einmal die deutsche Pressesprecherin auf Anhieb. Sicher ist lediglich: Das Ganze steht unter dem Begriff „Nachhaltigkeit“ und soll auch dazu dienen, das Image zu verbessern. Immerhin: Einige Blogger werten den Vorstoß zumindest als Schritt in die richtige Richtung.
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