Auch Männer können Sheroes sein

#MeToo In „Sheroes – neue Held*innen braucht das Land“ fordert Jagoda Marinić eine Radikalisierung der deutschen Frauenbewegung.

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„Wir sollten alle Feminist*innen sein.“ Mit dieser Forderung kam Jagoda Marinić am Vorabend des Weltfrauentags in einem Gespräch mit Robert Habeck zur Sache. Sie machte dem Politiker unmissverständlich klar, warum er in einer zuarbeitenden Funktion mit ihr das Podium im Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei teilte: „Wir haben die Kraft.“

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In „Sheroes – neue Held*innen braucht das Land“ verlangt Marinić eine Radikalisierung der deutschen Frauenbewegung. Die Forderung bekräftigte Marinić auf der Kesselhausbühne. In den Vereinigten Staaten habe #MeToo zweihundert High Potentials von der Macht getrennt. In Deutschland zwei.

Neue Held*innen braucht das Land“, S. Fischer Verlag, 12,-

„Wer ist unser Harvey Weinstein?“ fragte Marinić.

Wie kann es sein, dass wir nur Dieter Wedel und Gebhard Henke nach Hause schicken konnten?

„Wir verschlafen gerade eine ganz wichtige Debatte.“

In dieser Debatte stünden völlig neue Begegnungsformate zwischen Männer und Frauen „und (einem gendergerechten) wem auch immer“ zur Aushandlung bereit.

„Die Emanzipation der Frauen ist auch eine Befreiung der Männer von ihren Rollen.“

„Der Mann des 21. Jahrhunderts mag zwar verwirrt sein, aber er kann seine Chancen noch wittern.“

Marinić fand den deutschen Feminismus lange nicht überzeugend.

„Ich habe mich zwanzig Jahre geweigert, über Frauenthemen zu schreiben.“

Habeck gab den Sidekick und machte gute Miene, während Marinić ihre Position ausbaute. Dem deutschen Feminismus müsse mehr Wucht zukommen. Immer noch würden viele Männer den privilegierten Status quo kampflos erreichen. Vorbilder findet die Autorin vor allem in Amerika. Ihr größtes US-Idol ist Michelle Obama. Zugleich verehrt Marinić Angela Merkel so wie die Sheroes im Schatten: wie zum Beispiel ihre Mutter, die das harte Brot der Migration nicht zahnlos machte.

Marinić genoss es sichtlich, mit dem Wind der Geschlechter zu segeln, und Habeck generös zu verdonnern. Habeck versuchte, die Autorin im Spektrum zwischen Quote, familienfreundliche Arbeitszeiten und Gattensplitting politisch zu nageln. Marinić sagte es ihm direkt ins Gesicht: „Du weißt doch selbst, dass du mit der alten Masche nicht mehr gewinnen kannst.“

Habeck nahm Zuflucht zu einem halben Lächeln. Der größte Vorteil, ein grüner Mann zu sein, erschöpft sich zurzeit darin, drei Jahre früher als in der CSU die neuen Marschbefehle entgegennehmen zu können. Ich freue mich auf den ersten Feministen mit CSU-Parteibuch.

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

Interessiert an Literatur, Theater und Kino

Jamal Tuschick

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