Nordhessischer Thrawn

#TexasText/Jamal Tuschic Auch Blandine und Cole verbindet eine Folie à deux. Blandine hält Cole für einen unsterblichen nordhessischen Hochländer. Das in Lubbock, Texas, geborene Karategenie …

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„Mitth’raw‘nuruodo, besser bekannt als Thrawn, war ein Großadmiral des Galaktischen Imperiums, der als taktisches Genie galt.“ Quelle

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„Je mehr Not sittliche Antriebe abstumpft, umso sicherer wird der versunkene Mensch sich neue Götzen schaffen. Denn etwas muss er haben, wovor er knien kann.“ Jacob Burckhardt

Erlesenes Outdoor-Outfit

Die Kasseler Historikerin Blandine von Hainbach nahm den von Jason Chen im 21. Jahrhundert geprägten Begriff Gorpcore vorweg. Gorp ist ein Acronym für good old raisins and peanuts (Quelle). Blandines idiomatisches Äquivalent zu alten Rosinen und Erdnüssen lautete agrafe et bonbon à la liqueur. Die Ritterin erfand das Forest-Force-Prominieren und installierte die Spielfigur eines Forêts et Prairies - Flâneur sportif. Saumpfade erklärte sie zu Boulevards, Prärien zu Promenaden. Während das Fußvolk modisch hinterherhinkte, engagierte sich Blandine in exklusivster Vêtements fonctionnels.

Caledonian Antisyzygy

In seinem Essay „Über Nationalismus“ interessiert George Orwell der „keltische Nationalismus“ im Spektrum zwischen walisischen, irischen und schottischen Spielarten wenig. Der Essayist konzentriert sich auf die gemeinsame „anti-englische Stoßrichtung“.

George Orwell, „Über Nationalismus“, aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn, dtv, 61 Seiten, 8,-

Orwell assoziiert den „Glauben an eine vergangene und zukünftige Größe der keltischen Völker“ mit Rassismus. Gegenüber Autonomiewünschen zeigt er sich reserviert.

In

John Burnsides Memoir „Über Liebe und Magie - I Put a Spell on You“, aus dem Englischen von Bernhard Robben, Penguin Verlag, 279 Seiten, 20,-

bemerkt Blandine von Hainbach die separatistische Note des schottischen Schriftstellers, der, ausgehend von dem Wort thrawn, einen oppositionellen Ton anschlägt. Burnside beruft sich auf keltische Nationalist:innen*. Da, wo der Konformitätsdruck einen individuellen Ausdruck zulässt, etabliere sich, so der Autor, ein Thrawn-Regime. Burnside ergänzt die geläufigen Konnotationen von thrawn mit „verdreht, krumm, verzerrt“. Das „Durchgedrehte“ hört er in galizischen Gesängen und im Blues der Bretagne. Er nennt es „rechtschaffende Wildheit“ und erkennt darin einen „typisch keltischen Wesenszug, um den sich das schottischste aller geistigen … Unterfangen rankt, die sogenannte kaledonische Antisyzygy“.

Zweifellos repräsentiert Blandine den nordhessischen Thrawn. Das entspricht ihrer Art, einerseits Weltgeltung zu beanspruchen, und andererseits den Anspruch mit Widerstand zu synchronisieren. Im Handlungsaugenblick ist Blandine zweiunddreißig. Sie trägt ein kanadisches Outdoor-Outfit von Arc‘teryx, vormals Rock Solid. Der Namenswechsel wurde gerade erst vollzogen.

Blandine liebt es, mit dem Kasseler Glückspilz und Karategenie Cole von Pechstein im Habichtswald in einem Mix aus Exerzieren und Exerzitium die Méthode Naturelle zu praktizieren.

Regenwasser in einem Kalksteinrelief … Blandine behauptet, der Astronaut Alan Shepard habe auf dem Mond geweint. Ich sehe das von Bill Anders auf der Apollo-8-Mission am 24. Dezember 1968 aufgenommene Foto. Guten Tag, mein Name ist Nikolaus Graf Speer zu Schauenburg. Betrachten Sie mich als allwissend. Seit zehn Jahren unterrichtet mich Cole von Pechstein in meinem Haus. Ich bin Coles reichster und intelligentester Privatschüler. Stets beglücke ich ihn mit einer schottisch-japanischen High-Tea-Zeremonie im Anschluss an das Training.

„Wir machten uns auf den Weg, den Mond zu erforschen, und das Wichtigste war, dass wir die Erde entdeckt haben.“ Bill Anders

Shepard kam als Kommandant von Apollo 14 später zu einer Aussicht auf die Verletzlichkeit und Einsamkeit unseres Planeten. Ob der Astronaut beim Anblick der winzigen Erde in den Weiten des Alls tatsächlich weinte?

Manche Leute machen es nicht unter la folie à deux. Manche Leute tun nur so, als würden sie es nicht darunter machen. In meiner Jugend nannten Poet:innen* der Straße solche Kandidaten Hirn... Ich erinnere an den halbirren Benno Montana, der in einer aufgelassenen Zeltfabrik neben dem Hallenbad Ost seine Künstlerkarriere als menschlicher Wachhund begann. Benno gelang es, in der Obhut von Margarete Meinhard seinen Obsessionen einen vollständigen Rahmen zu geben. Die bis zu dieser Liaison unverdächtige Margarete hielt Benno gewissermaßen artgerecht. Sie fand Erfüllung in ihrer Rolle als Frauchen eines Künstlerköters. Im Weiteren ließ sie sich nichts nachsagen.

Die Zeltfabrikhallen protzten mit Hall.

Wer nach dem Abitur nicht sofort nach Berlin gegangen war, verblieb als Hängengebliebene(r) und von der Welt Abgesprengte(r) in Kassel. Folglich gab es das Phänomen der neunzehnjährigen Greise. Nun hatten die Aufgegebenen ihren Spielplatz gefunden. Doch bevor da zum ersten Mal so etwas Ähnliches wie Kunst & Kultur stattfand, zeigte sich die Notwendigkeit einer langen Beratungsphase, in der ununterbrochen gekifft wurde. Die Versager:innen* hatten alles: Altbauwohnungen mit Flügeltüren, die so gut wie nichts kosteten, Ausmusterungsbescheide, zahlende Eltern, Rauschgifte in rauen Mengen, Autos und Sex. Doch waren sie Gezeichnete; gebrandmarkt von buchstäblicher Zurückgebliebenheit.

Labyrinthe der Lust

Blandine und Cole verbindet zweifelsfrei eine Folie à deux. Blandine hält Cole für einen unsterblichen nordhessischen Hochländer. Das in Lubbock, Texas, geborene Karategenie …

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

Interessiert an Literatur, Theater und Kino

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