Der gebildete Eros - Frei nach Wanda von Sacher-Masoch

#TexasText/Jamal Tuschick „Sobald ihr natürlich sein wollt, werdet ihr gemein.“ Leopold von Sacher-Masoch

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Der gebildete Eros

Almost all genetic variants have their origins in evolutionary events long before our journey starts. And this is where epigenetics begins. If you understand that, you can rebuild yourself massively.

“There are no limits. There are plateaus, but you must not stay there, you must go beyond them. If it kills you, it kills you. A man must constantly exceed his level.” Bruce Lee

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„Wenn die Glocken zum Gottesdienst geläutet haben, ist er in einen offenen Kastenwagen mit hohen roten Rädern eingestiegen; denn als Patron stand ihm allein das Recht zu, auf dem Kirchhof bis vor den Eingang in die Kirche anzufahren; das durfte nicht versäumt werden.“ Theodor Storm, „Zur Chronik von Grieshuus“

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„Sobald ihr natürlich sein wollt, werdet ihr gemein.“ Leopold von Sacher-Masoch

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„Die Liebe kennt keine Tugend, kein Verdienst, sie liebt und vergibt alles, weil sie muss.“ L. v. S.-M.

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„Mir ist … klar, dass wir nichts über die Menschen wissen, die uns am nächsten stehen.“ Anne Serre

Verspielte Grausamkeit

Der eher untüchtige, seinem Wesen nach feuilletonistische L. liebt den Casinoton im Habsburger Empire Stil. Er pendelt zwischen halluzinierten Passagen, stupidem Schreibfleiß und erotischen Schmetterbällen. Süffiger Schmiss. Bellizistische Bonmots. Eine martialische Manier, und jede Menge Zinnsoldaten; jedes Regiment, ein aus dem Silbersee der endlosen Kindheit geborgener Schatz.

„Unter den Sachen, die mein Mann von seinem Vater mitgebracht, befanden sich einige Kisten, die seine Armeen enthielten. Die beiden Brüder hatten als Knaben leidenschaftlich Soldaten gespielt; die Freude an diesem Spiel wuchs mit ihnen groß.“

Aurora sortiert mit dem Vater ihrer Kinder die Komponenten von Spielzeugbataillonen. Das ist eine Beschäftigung, auf die dann auch sie den größten Ernst verwendet.

„Am Auferstehungstage … (wurde) gleich nach Tisch mit dem strategischen Aufmarsch … begonnen … Die Möbel boten die Terrainschwierigkeiten, die überwunden oder ausgenutzt werden mussten.“

Mit echten Soldaten spielt L. Billard. Aurora begleitet ihn ins Billardlokal (vor der nächsten Kaserne). Die Offiziere in Leopolds Dunstkreis überbieten sich darin, das Spiel der Frau zu verbessern. Sie charmieren die allenfalls beinah Bürgerliche und zupfen an den Schicklichkeitssäumen. Der Billardtisch lädt zu Schlangenbewegungen ein.

In der Kaserne und darüber hinaus kursieren Einlassungen zur leiblichen Vorzüglichkeit der Frau von S.-M. Aurora bekommt davon Wind und reguliert ihre Verhältnisse, indem sie nicht mehr mitspielt. Ihr Pragmatismus besitzt die Effizienz eines Gleitmittels aus dem Themenkreis der Dissimulation. Stets findet Aurora quicke Lösungen für konstante, wenn nicht konstitutive Miseren. Manche Klemmen kneifen sie soeben. Die Engen camoufliert sie mit supernormalem Vokabular.

Anspruchsvoller Schnorrer

Es gibt eine prekäre Höhe, auf der sich die Gatten treffen. Beide besitzen einen ausgeprägten Sinn für Valeurs; „für preziöse Dinge … den richtigen Klang, die passende Schattierung, die bezeichnende Nuance“. In „Ein Teufel im Paradies“ charakterisiert Henry Miller so den Astrologen, Okkultisten und anspruchsvollen Schnorrer Conrad Moricand. Leicht auftreiben lässt sich eine einschlägige Besprechung mit dem auf Moricand gemünzten Titel „Der Parasit“. Siehe: DER SPIEGEL 11/1957, Quelle

Gestern besuchten Arizona Coogan und ich im Jüdischen Museum die Ausstellung Paris Magnétique. Wir bemerkten eine Skizze von Amedeo Modigliani (vermutlich aus dem Jahr 1917), die Moricand als vielversprechenden jungen Mann zeigt. Miller schreibt über den hochmütig Gescheiterten: „Ich sah das verzogene Kind, den Faulpelz, der nie in seinem Leben einen Handschlag ehrlicher Arbeit getan hatte, den Habenichts, der zu stolz war, offen zu betteln“.

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Geschrieben von

Jamal Tuschick

Interessiert an Literatur, Theater und Kino

Jamal Tuschick

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