Im Hahniversum

Beamte Peter Hahne schreibt einen hitzigen "Standpunkt" und will doch nur zündeln

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Büroalltag in einer westdeutschen Kreisverwaltung.
Büroalltag in einer westdeutschen Kreisverwaltung.

Foto: Topical Press Agency/Getty Images

Manchmal frage ich mich, ob man jeden Standpunkt auch so nennen sollte. Ist offensichtlicher Schwachsinn ein Standpunkt? Sind Stammtischparolen ein Standpunkt? Was Peter Hahne da in seinem „Standpunkt“ mit dem Titel "Der Hitze-Bonus für Beamte ist ungerecht" in der Bild am Sonntag verlautbarte, ist kurz gefasst und weit meinend: schlecht.

Die Beamten des Außenministerium hätten seit 148 Jahren das erste Mal hitzefrei. Und alle anderen – Hahne zählt theatralisch Berufsgruppen auf – müssten ja dennoch hart schaffen. Und dann, einem könnten die Augen nicht stärker tränen, schlussfolgert er: „Beamte, Arbeit … den (Vor-) Urteilen sind jetzt keine Grenzen gesetzt."

Richtig. Denn vor allem Hahnes (Vor-) Urteile scheinen grenzenlos zu sein.

Sorry, ganz ehrlich, fast unter uns: Kann so ein "Standpunkt" ernst gemeint sein? Ist es im BamS-Büro – oder vielleicht doch eher im abbezahlten Berliner Altbau – ein wenig zu heiß? Wie kann man einen so zündelnden Unsinn zusammenfabulieren, der der Gesamtheit der Beamtinnen und Beamten Arbeitsferne unterstellt?

Müsste man die Mitarbeiterfürsorge nicht loben und die, die solche Arbeitserleichterungen nicht bieten, geißeln? Wieso muss es ausgerechnet ein Diss gegen die Ministerien sein? Natürlich, es ist einfach: Um auf unterstem Level kollektive Akklamation zu generieren.

Hahne fasst den Text kurz und spart sich – ganz professionell – das schmutzigste Bonmot für den Schluss auf: „Die volksferne Parallelgesellschaft unserer Regierung hat jedes Maß verloren.“ Ah, also bitte. Kurz vor Feierabend strandet Hahne selbst im Bereich der parallelen Ansichten. Die Formulierung klingt, nein stinkt, nach einer ganz bestimmten politischen Ecke. (Den (Vor-) Urteilen sind jetzt keine Grenzen gesetzt.)

Das arbeitnehmerorientierte Handeln der Ministerien bei den aktuell klimatisch herrschenden Bedingungen entspringt also einer „volksfernen Parallelgesellschaft“? Sollten das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstättenverordnung, die Technische Regeln für Arbeitsstätten A3.5 "Raumtemperatur" nur für Nicht-Beamte gelten? Also nur für alle anderen, vermeintlich integeren, moralisch schützenswerteren Berufsgruppen? Selten so einen Schwachsinn durchdacht.

"Die Beamten" gibt es nicht, so wie es auch "die redlichen anderen Arbeitnehmer" nicht gibt. Verallgemeinerungen sind nie gut. Und, nähmen wir bei 36 Grad im Büro einmal an, an dem Bashing wäre etwas dran: Wollen Sie wirklich Beamter sein? Ich nicht. Niemals. Neid kann man nur für etwas empfinden, was man selber begehrt. Vielleicht träumte Hahne mal von einer Karriere als Regierungsrat? Klänge ja auch ganz schnittig – und dann gleich Hitzefrei!

Vielleicht steht es aber auch um Hahnes potentielle Beamtenkarriere nicht gut, weil das mit dem Grundgesetz bei ihm nicht so ganz präsent ist? Artikel 3, Absatz 1: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Ich weiß nicht, in welcher Parallelgesellschaft Hahne weilt, aber mir sind auch in den von ihm erwähnten Berufszweigen klimabedingte Arbeitserleichterungen bekannt. Und das schon seit Jahrzehnten. Der frühere Berufsfeuerwehrmann Martin Meyer-Pyritz schrieb in seinem Buch "Der Feuerwehrmann" (RMP-Verlag, 1998) nicht unepisch über die Arbeitserleichterungen in einem Rekordsommer der neunziger Jahre. Aber das blenden wir besser aus. Denn wo bliebe das typenreine Bashing, wenn man die Realität abbilden würde?

Die finale Frage aber bleibt: Wann hatte Peter Hahne eigentlich das letzte mal Kernarbeitszeit?

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