Ob es zu der Entstehung eine verbriefte Geschichte gäbe? Nein, schmunzelt die Pressechefin des Hanser Verlags. Aber vielleicht hänge es ja mit dem Debüt seiner Tochter Theresia zusammen? Doch auch wer den Literaturbetrieb kennt, kann den Namen Thalmayr nicht mit einer Jungautorin namens Theresia in Verbindung bringen.
– Doch, Moment! Fast jeder Autor lässt sich inzwischen mit einem Portrait darstellen, nur Thalmayr nicht. Google sei Dank: Hinter Andreas Thalmayr verbirgt sich ein Schriftsteller, den fast alle kennen und dessen Tochter mit „Blaupause“ wirklich ihr Debüt hinlegte. Es geht um keinen geringeren als Hans Magnus Enzensberger. Sein Hausverlag sei und bleibe natürlich Suhrkamp, aber es bestünde ein freundschaftliches Verhältnis und seine verspielten Sachen mache er gerne mal bei Hanser, gibt die Dame von Hanser einem noch mit auf den Weg.
Briefe als ratschlaggebende Projektionsfläche
Der 1929 in Kaufbeuren geborene ist ein gestandener Schriftsteller; man muss durch seinen Wikipedia-Eintrag scrollen, für seine Preise gibt es ein eigenes Unterkapitel. Er veröffentlichte unzählige Prosawerke, Gedichtbände und Jugendbücher. 1963, er war gerade 34, gewann er den Georg-Büchner-Preis. Er ist also jemand, der jungen Leuten wirklich was berichten kann über seine Zeit als Schriftsteller und wie er überhaupt dazu wurde. Wenn da nicht ein Problem über die Grenzen der Generationen wäre. Öffentlich gegebene Ratschläge können mehr Schläge als Rat sein, beliebt Altkanzler Schröder zu sagen.
Daher stellt sich die Frage: wie den wohlgemeinten Rat an junge schreibende Aspiranten verpacken? Zwischen Motivation und Realismus pendeln? Enzensberger wäre nicht Jahrzehnte im schreibenden Gewerbe, wenn er nicht auch dafür einen dramaturgisch gangbaren Weg gefunden hätte.
Er findet ihn in der Erschaffung eines fiktiven Gegenübers, zwanzig Jahre jünger, dessen erster Roman ist bereits veröffentlicht. In 26 monothematischen Briefen gibt es einen mit allerlei Backgroundwissen versehenen Crashkurs durch den hiesigen Literaturbetrieb. Von Verlagswahl, Copyright bis hin zu Literaturagenten, lässt Enzensberger alle Unwägbarkeiten durchleuchten. Der Erfahrene macht seine Ratschläge generativ. Und, neben allen Ratschlägen, entsteht eine Beziehungsgeschichte.
Da beherrscht jemand seinen Beruf.
Schreiben für ewige Anfänger Andreas Thalmayr, 112 S., 16,00 €
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