Eben erst hat Google im Verbund mit acht europäischen Verlagen seine digitale Nachrichteninitiative gestartet, nun launcht das soziale Netzwerk Facebook einen Dienst namens Instant Articles, mit dem es seinerseits dem alterwürdigen Journalismus unter die Arme greifen möchte. Wie es sich gehört, sind auch hier zum Start bekannte Namen dabei: In Deutschland sind es diesmal der Spiegel und die Bild, international unter anderem die New York Times und der Guardian. So stellt Facebook sicher, dass der Leser sich gut aufgehoben fühlt und der Rest der Branche das gute Stück auf jeden Fall und am besten sofort haben möchte – es wollen ja schließlich alle vorne mit dabei sein.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Mit Instant Articles lassen sich Inhalte von Webseiten einfach, schnell und direkt in das soziale Netzwerk einspeisen und dort für den Leser blitzschnell und aufgehübscht darstellen. Kein Warten, kein in die Welt geworfen werden, nur um dann auf dem hässlichen, nicht für das jeweilige Endgerät optimiertem Portal einer x-beliebigen Publikation zu landen, sondern: Alles, sofort, hier.
Die Firma aus Menlo Park, Kalifornien, nimmt den Verlagen damit das ab, was diese seit Jahren nicht wirklich hinbekommen: Otto Normalsurfer die eigenen Inhalte so zu präsentieren, wie er sie gerne lesen würde – ohne viel Bling, Bling –, und wo er sie gerne lesen würde. Nämlich genau dort, wo er sich eh schon tummelt: in den sozialen Netzwerken.
Für den Leser ist das super, für Facebook sowieso. Und für die Verlage? Die F.A.Z. etwa sieht allen Anlass, hysterisch zu reagieren. Spielt man so schlussendlich nicht einem der größten Konkurrenten des hiesigen Qualitätsjournalismus in die Hände? Verliert man nicht vollständig die Kontrolle über Inhalte und Leser, wenn Artikel nur noch auf Facebook existieren? Und was, wenn Facebook sich entscheidet, den Laden selbst zu schmeißen?
Nüchtern betrachtet ist Facebook kein Konkurrent. Wenn Mark Zuckerberg wollte, hätte er sich längst ein darbendes Medienhaus leisten können. Will er aber nicht. Denn während Verlage mit Inhalten dealen, lebt das System Facebook von Kommunikation, herunter gebrochen auf die kleinsten Teile: Likes, Kommentare, Bilder und Verweildauer. Die Kalifornier betreiben eine Plattform und sind daran interessiert, dass diese floriert und der Kommunikationsfluss nicht abreißt. Genau das soll Instant Articles leisten: Der Leser bleibt im Biotop, die Verlage liefern den Treibstoff.
Dass jeder Artikel auch auf dem Portal des jeweiligen Mediums liegt, versteht sich dabei von selbst. Texte werden vielmehr syndiziert, denn speziell für Facebook produziert. Und Werbeeinnahmen gibt es durch Instant Articles natürlich auch, so dass sich selbst der letzte Vertriebler entspannt zurücklehnen dürfte. Alles gut also? Bedingt.
Denn natürlich sind Instant Articles ein weiterer Schritt hin zu einem proprietären, geschlossenen Netz, an dem Facebook mit einer Konsequenz arbeitet, die fatal an AOL-Zeiten erinnert. Ein weiterer Walled Garden also, in dem man es sich zwar wahnsinnig gemütlich machen kann, jedoch weder weiß, was man verpasst, noch was der Gärtner in Zukunft mit einem vorhat. Aber das war für Abonnenten einer beliebigen Kreiszeitung vor 30 Jahren vermutlich auch nicht viel anders. Just in dem Moment, in dem die Rollen neu verteilt werden, sollten diese Geschichten allen Beteiligten noch einmal zu denken geben.
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