"Schrecken ohne einen Funken Menschlichkeit"

Thatcher-Nachruf Der Sänger Morrissey reagiert auf "Daily Beast" in einem offenen Brief auf Maggie Thatchers Tod. Eine Übersetzung

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"Man erinnert sich an Thatcher nur als "Eiserne Lady", weil jede ihrer Eigenschaften negativ behaftet war – sei es ihr andauernder Starrsinn oder ihr Unwille, anderen auch nur zuzuhören.

Alles, was sie tat, war negativ aufgeladen: Sie zerstörte das britische produzierende Gewerbe, sie hasste die Bergleute, sie hasste Kunst, sie hasste die irischen Unabhängigkeitskämpfer und ließ sie sterben, sie hasste die Armen Englands und tat nichts, um ihnen zu helfen, sie hasste Greenpeace und Umweltschützer, sie war die einzige unter den europäischen Staatschefs, die sich dem Verbot des Elfenbeinhandels entgegen stellte, sie besaß weder Scharfsinn noch Wärme und selbst ihr eigenes Kabinett kickte sie. Sie gab den Befehl, die Belgrano in die Luft zu jagen, obwohl sich das Schiff außerhalb der Malvina-Sperrzone befand und in entgegengesetzte Richtung unterwegs war. Nachdem die jungen Argentinier an Bord den entsetzlichsten und ungerechtesten aller Tode gestorben waren, hob sie für die englische Presse symbolisch den Daumen.

Eisern? Nein. Barbarisch? Ja. Sie hasste Feministinnen, obwohl es gerade deren Vorstößen zu verdanken war, dass die Briten es sich überhaupt erlaubten, eine weibliche Premierministerin zu haben. Aber gerade wegen Thatcher wird es wohl in der britischen Politik nie wieder eine Frau an der Macht geben – anstatt diese Tür für Frauen aufzustoßen, hat sie sie geschlossen.

Thatcher dürfte höchstens von Sentimentalisten, die nicht unter ihr zu leiden hatten, in guter Erinnerungen behalten werden. Währenddessen hat der Großteil der englischen Arbeiterschaft sie längst vergessen – und in Argentinien wird man ihren Tod feiern. Eines steht jedenfalls unumstößlich fest: Thatcher war ein Schrecken ohne einen Funken Menschlichkeit.

Morrissey."

Der Original-Text auf The Daily Beast.

Die Übersetzung wurde indirekt angeregt durch Popkontext und ist eine Fingerübung

Übersetzung: Jan Jasper Kosok
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Geschrieben von

Jan Jasper Kosok

Online-Chef

Jan Jasper Kosok studierte Wirtschaftswissenschaften in Berlin, verdingte sich im Nachtleben und gründete 2007 mit Teresa Bücker das Blog Knicken // Plakative Platzierungen, welches sich mit Musik und Popkultur beschäftigte. 2009 kam er zum Freitag, um beim Aufbau des Webauftrittes zu helfen. Seit 2011 ist er verantwortlicher Redakteur für Online und Community und hat seitdem mehrere Relaunches begleitet. Er beschäftigt sich mit den sozialen Auswirkungen von zu hohem Internetkonsum und fürchtet sich davor, nicht verhindern zu können, ein alter weißer Mann zu werden.

Jan Jasper Kosok

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